Boelerheide. Die Biologische Station bringt in Hagen einen neuen Turmfalkenkasten an. Warum die Vögel trotz gutem Bestand Unterstützung brauchen.
Eine Gruppe Kinder beobachtet staunend vom Fenster des angrenzenden Kindergartens aus, wie Dachdeckermeister Michael Dersch und sein Mitarbeiter Salih Aydogan mit dem Kran hoch hinausfahren, um ganz oben an der Paul-Gerhardt-Kirche in der Overbergstraße einen Turmfalkenkasten zu montieren. Er soll den Hagener Turmfalken einen sicheren Platz zum Nisten geben. Angebracht wird er bewusst auf der Nordseite des Kirchturms, da es die Falken gerne schattig mögen und es den Jungtieren im Sommer sonst schnell zu heiß wird.
Auch Franco Cassese, der stellvertretende Leiter der Biologischen Station Hagen, beobachtet die Aktion freudig vom Boden aus. Der Turmfalke zählt zwar nicht zu den gefährdeten Arten, dennoch sei es wichtig, ihm Schutzräume zu schaffen, erklärt er. „Die Natur ist nicht mehr so unberührt, wie sie mal war“, so Cassese. Die Nistplätze seien umkämpft und „der Turmfalke wird sonst von größeren Vögeln verdrängt.“ Zum Beispiel vom Wanderfalken, der dem Turmfalken gerne die Brutplätze wegschnappt. Daher sei der Kasten an der Paul-Gerhardt-Kirche auch ideal. Für den kleineren Turmfalken ist er immer noch hoch genug, aber zu niedrig für größere Vögel wie den Wanderfalken oder den Uhu.
Turmfalke zwischen Fledermäusen
Es ist nicht das erste Mal, dass die Biologische Station mit der Lydia Kirchengemeinde, zu der die Paul-Gerhardt-Kirche gehört, in Sachen Naturschutz zusammenarbeitet. Rechts und links von dem neu angebrachten Turmfalkenkasten hängen bereits kleinere Fledermauskästen aus einer früheren Maßnahme. Die neuen Nachbarn würden aber keinerlei Probleme darstellen, da sie sich ohnehin aus dem Weg gehen werden. „Die einen sind in der Nacht aktiv, die anderen am Tag. Das passt gut“, sagt Franco Cassese. Optisch unterscheiden sie sich aber vor allem in der Größe. So ein Falke braucht schon etwas mehr Platz für seine Jungtiere. Vor dem Nistkasten aus Holzbeton ist auch noch ein hölzerner Vorbau angebracht, auf dem die Turmfalken sicher landen können.
Ein Kooperationsprojekt
Insgesamt seien viele Kirchen zu so einer Kooperation bereit, erzählt Franco Cassese, aber oft fehlt ihnen das Budget. Auch in diesem Fall wurde der Brutkasten auf andere Weise finanziert: Die Irmgard und Michael Abs Stiftung, mit Sitz in Berlin, übernahm die Kosten. Die Gründer der Stiftung kommen selbst ursprünglich aus dem Ruhrgebiet und seien immer mal wieder auf der Suche nach Projekten in der alten Heimat. Sie waren es, die die Biologische Station kontaktierten. „Wir haben zum ersten Mal zusammengearbeitet, aber ich hoffe auf weitere gemeinsame Projekte in der Zukunft“, so Cassese.
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Viele Turmfalken in Hagen
Aktuell gäbe es einen sehr guten Bestand an Turmfalken in Hagen. „Andere Städte beneiden uns darum.“ Dabei sah das nicht immer so aus. Durch Schutzmaßnahmen gegen Tauben an vielen Gebäuden wurde unabsichtlich auch der Turmfalke vertrieben. Als er im Jahr 2007 zum Vogel des Jahres gewählt wurde, brachte der Naturschutzbund (NABU) mehrere Nistkästen in der Stadt für ihn an und förderte so seine Wiederansiedlung. Heute gibt es laut Franco Cassese mindestens 20 Stück solcher Brutplätze in Hagen.
Die Biologische Station hofft nun, dass sich auch hier bald ein Turmfalke zum Nisten niederlässt. „Das wäre auch für die Kinder aus dem Kindergarten schön“, freut sich Cassese, „dann können sie zum Beispiel die Fütterung der Jungtiere beobachten.“