Hagen. Nachdem die CDU-Fraktion sich von wesentlichen Eckpunkten vom Etatentwurf des Kämmerers distanziert hat, herrscht in der Politik Verunsicherung.
Die Haushaltsberatungen in Hagen unterliegen seit Jahren einem stetig gleichen Ritual: Finanzdezernent Christoph Gerbersmann präsentiert mit zerknirschter Miene ein Zahlenwerk für die nächsten zwei Jahre, das traditionell mehr Grausamkeiten als Perspektiven bietet. Im Anschluss betont er die Notwendigkeit von unvermeidlichen Spareinschnitten, grollt in Richtung Bund und Land und letztlich stimmt die Politik – mal abgesehen von wenigen Schönheitskorrekturen – am Ende zumindest mit den Stimmen der Allianz schmollend und mit zunehmender Verzweiflung zu.
Doch bei den Beratungen des Doppelhaushaltes 2024/25 könnte es in diesem Jahr tatsächlich anders laufen: Plötzlich begehrt nicht bloß die Opposition auf, sondern diesmal setzt überraschend die ansonsten kämmerertreue CDU-Ratsfraktion eine ganz andere Tonalität: Sie schreibt dem Ersten Beigeordneten der Stadt Hagen nicht bloß ins Stammbuch, die angekündigte Gewerbesteuererhöhung zurückzunehmen und die Grundsteuererhöhungen weitgehend einzustampfen, sondern fordert zugleich auf Grundlage eines politischen Paradigmenwechsels auf Landesebene mit neuer Beinfreiheit den Etat zu überdenken.
Ob dies bedeutet, dass das bereits geplante Minus von 41,7 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren sogar noch deutlicher ausfällt, bleibt bislang offen. Gerbersmann, der zusammen mit Oberbürgermeister Erik O. Schulz an der bemerkenswerten CDU-Klausur teilnahm, legt vor allem Wert auf die Feststellung, dass er die CDU-Kurskorrekturen keineswegs souffliert habe.
Opposition bittet um Aufklärung
Dennoch bleibt es eine bemerkenswerte CDU-Ansage, die es den Oppositionsfraktionen schwer machen dürfte, mit ihrer erwartbaren Kritik an den Überlegungen der Kämmerei entsprechend wahrgenommen zu werden. „Glaubt man den Ausführungen der Hagener CDU, so scheinen die drastischen Sparmaßnahmen nur fünf Wochen nach deren Verkündung im Stadtrat ohne große Probleme wieder vom Tisch zu sein“, reiben sich selbst die Genossen die Augen, wie „die ansonsten gläubigen Gerbersmann-Jünger“ die Sparvorschläge ihres Parteikollegen vom Tisch fegten.
„Umso mehr möchten wir jetzt gerne vom Stadtkämmerer wissen, wie er die nebulösen Vorschläge der CDU bewertet und welche Auswirkungen sie auf die weiteren Haushaltsberatungen haben werden. Immerhin saßen Herr Gerbersmann und auch OB Schulz bei der CDU-Klausurtagung ja mit am Tisch“, fordert SPD-Fraktionsvorsitzender Claus Rudel Aufklärung ein. Um die Öffentlichkeit nicht noch weiter zu verunsichern, müsse jetzt ganz schnell aus Sicht der Verwaltung deutlich gemacht werden, was gehe und was nicht gehe.
Wunsch: Belastungen so gering wie möglich halten
Konkret möchte die SPD wissen: Welche städtischen Unternehmen sollen denn die Millionenlöcher stopfen und welche Auswirkungen hat das auf Rücklagen und die Investitionsfähigkeit? Wie können mögliche Gesetzesänderungen für das kommunale Finanzwesen, die weder vom Land beschlossen noch in Gesetze gegossen sind, plötzlich schon Auswirkungen auf unsere Haushaltsführung haben? „Natürlich möchten auch wir die Belastungen für die Hagenerinnen und Hagener so gering wie möglich halten. Daher müssen wir vor weiteren Beratungen jetzt ganz konkret vom Kämmerer wissen, ob und wie er diese 180-Grad-Wende zu finanzieren gedenkt und warum er bei der Einbringung des Haushaltes nicht selbst schon entsprechende Vorschläge gemacht hat“, so Rudel.
Berechtigte Fragen, auf die der Finanzdezernent zurzeit auch noch keine abschließenden Antworten liefern kann. Dafür sei das, was in Düsseldorf aktuell diskutiert werde, noch viel zu unkonkret. In einem Antwortschreiben an die SPD-Fraktion verweist Gerbersmann darauf, dass er die Fraktionsspitzen der Hagener Politik im Ältestenrat durchaus über möglicherweise anstehende Änderungen beim Kommunalen Finanzmanagement sowie der Haushaltsverordnung informiert habe. Allerdings werde sich hier der inhaltliche Nebel voraussichtlich erst im April lichten.
Ob dies zu Ostern tatsächlich geschehe und in welchem Umfang sich daraus konkrete Verbesserungen für den Hagener Etat ergeben, lasse sich momentan jedoch nicht absehen. Die Kämmerei spricht hier mit Blick auf die in Aussicht gestellten Änderungen auf Landesebene von „nicht vielen Millionen Euro“. Diese sollten jedoch in den Augen der Verwaltung vorzugsweise zur Senkung des ohnehin neu auflaufenden Defizits genutzt werden. Gerbersmann sichert der Politik zu, dass sein Dezernat die geänderten Rahmenbedingungen der Kommunalen Haushaltsverordnung noch in den Doppelhaushalt 2024/25 einfließen lasse, sobald in Düsseldorf zumindest ein erster Entwurf als Grundlage vorliege.