Hagen. Anila ist schwerstbehindert, kann kaum laufen und sprechen. „Sie ist unsere Prinzessin“, sagen Mutter und Geschwister. Ihre rührende Geschichte:

Anila drückt Archie fest an ihre Brust. Die Siebenjährige knuddelt den Plüschbären, der daraufhin bunt aufleuchtet. Und aus seinem Bauch erklingt ein Lied. „Alles mit Licht und Musik macht Anila Spaß“, lächelt Tanja Frerichmann und streicht ihrer Tochter über den Kopf. „Anila lebt in ihrer eigenen Welt. Ich glaube, sie ist glücklich und mit dem zufrieden, was sie hat.“

Anila ist schwerstbehindert

Anila ist schwerstbehindert. „Meine Tochter ist sieben, aber sie ist auf dem geistigen Entwicklungsstand eines einjährigen Kindes. Sie ist geistig und körperlich stark eingeschränkt“, sagt ihre Mutter ohne Umschweife. Tanja Frerichmann redet nicht um den heißen Brei herum, „und das erwarte ich auch von Ärzten und Betreuern“, sagt sie mit fester Stimme.

Anila Frerichmann (7) mit ihrer Mutter Tanja Frerichmann. Die Familie hält zusammen.
Anila Frerichmann (7) mit ihrer Mutter Tanja Frerichmann. Die Familie hält zusammen. © WP | Michael Kleinrensing

Die 45-Jährige hat sieben Kinder, Anila ist das zweitjüngste Kind und besucht die Förderschule in Volmarstein. „Anila nimmt an keinem normalen Unterricht teil. Wie auch? Sie ,snoozelt‘ in der Schule, schläft dort auch viel, weil sie nachts zu Hause nicht schlafen kann, kuschelt mit den beiden Therapiehunden, sie kommt einfach runter“, beschreibt die alleinerziehende Mutter den Schulalltag ihrer Tochter. „Ohne Beate würde nichts laufen. Sie ist Anilas Schulbegleiterin; meine Tochter braucht eine Eins-zu-Eins-Betreuung. Gut, dass es Beate gibt“, sagt Tanja Frerichmann dankbar.

Pflegebett mit gepolsterten Schutzwänden

Anila wird unruhig, dreht sich in ihrem Pflegebett mit gepolsterten Schutzwänden hin und her. „Sie kann ja nicht sagen, was sie möchte. Ich kann es nur erahnen“, sagt Tanja Frerichmann. Es ist Mittagszeit, gleich gibt‘s Essen. Wenn es Anila gut geht, sitzt sie mit ihrer Mutter und einem Teil ihrer Geschwister in ihrem Therapiestuhl am Tisch und wird gefüttert.

Anila Frerichmann hat Epilepsie. Sie lebt in ihrer eigenen Welt.
Anila Frerichmann hat Epilepsie. Sie lebt in ihrer eigenen Welt. © Hagen | Michael Kleinrensing

„Knödel mit Rotkohl und Bratwurst mag sie besonders gern, und morgens Nutella“, lächelt die 45-Jährige. Und wenn es der Kleinen nicht gut geht? Dann muss sie über eine Sonde ernährt und mit Medikamenten versorgt werden. Die epileptischen Anfälle seien das Schlimmste in Anilas und in ihrem Leben, sagt Tanja Frerichmann, „meist hat Anila einen Anfalltag pro Woche. Der Tag ist durch fünf bis sechs schwere Anfälle geprägt“.

Dass bei jedem Krampfanfall Gehirnzellen absterben können, weiß ihre Mutter. Auch, dass Anila keine lange Lebenserwartung hat. „Wir sind dankbar für jeden Tag mit ihr, sie ist unsere Prinzessin“, sagt Tanja Frerichmann. Sie gibt ihrer Tochter einen Kuss auf die Wange, „der Name Anila stammt übrigens aus dem Indianischen und bedeutet, Kind des Windes‘.“

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Eine therapieresistente Form der Epilepsie

Rückblick: Vor sieben Jahren wurde das Mädchen „normal und gesund“ geboren. Mit drei Monaten dann der erste schwere Fieberkrampf; es sollte nicht der einzige bleiben. Nach zahlreichen Untersuchungen stellte sich heraus, dass Anila das Dravet-Syndrom hat. Es handelt sich um einen seltenen Gen-Defekt, der einhergeht mit einer therapieresistenten Form der Epilepsie.

Anila mit Plüschbär Archie. Die Siebenjährige reagiert auf Licht und Musik.
Anila mit Plüschbär Archie. Die Siebenjährige reagiert auf Licht und Musik. © WP | Michael Kleinrensing

Anilas Sauerstoffsättigung wird nachts mithilfe eines Puls-Oximeters überwacht, direkt neben ihrem Krankenbett steht ein Sauerstoffgerät. Da das Immunsystem der Siebenjährigen extrem geschwächt ist, hatte sie bereits 17 Lungenentzündungen und diverse andere Erkrankungen, „wir sind Dauergäste im Allgemeinen Krankenhaus“, sagt Tanja Frerichmann traurig, „doch wir halten als Familie zusammen. Besonders mein 17-jähriger Sohn kümmert sich rührend um seine kleine Schwester; er ist unheimlich fürsorglich und in ihre Betreuung richtig reingewachsen“.

Man muss um alles kämpfen

Tanja Frerichmann ist gelernte Legasthenie-Therapeutin; kann als Alleinerziehende und Mutter eines mehrfach behinderten Kindes ihren Beruf aber nicht mehr ausüben. „Man droht zu vereinsamen“, sagt sie und fügt an: „Gut, dass es das Team vom Familienunterstützenden Dienst gibt“. Die Ehrenamtlichen des FUD der Caritas Hagen helfen ihr zum Beispiel, wenn es um die Antragstellung für Spezial-Hilfsmittel für Anila geht. „Man muss um alles kämpfen - um einen Rollstuhl, um einen Duschstuhl, um ein Pflegebett. Die ehrenamtlichen Helfer haben sich zum Glück auch darum gekümmert, dass ich ein behindertengerechtes Auto bekomme. Und wir tauschen uns auch einfach mal aus“, sagt Tanja Frerichmann mit ein wenig Erleichterung in der Stimme.

Anila hat sich in ihrem Bett beruhigt, ist mit Bär Archie im Arm eingeschlafen. „Heiligabend feiern wir bei meinem älteren Sohn, er wohnt gleich um die Ecke“, sagt Tanja Frerichmann, „natürlich mit Anila, unserer Prinzessin“.

Infos zur WP-Weihnachtsaktion

Die WP-Stadtredaktion Hagen sammelt in diesem Jahr im Rahmen ihrer Weihnachtsaktion Geld für Familien in Hagen, die ein Kind mit Behinderung haben. Wir wollen dabei helfen, dass den Eltern und Geschwisterkindern ein wenig Zeit zum Durchatmen ermöglicht wird, damit sie neue Energie tanken können. Und dass die Familien mit ihrem beeinträchtigten Kind Ausflüge unternehmen oder sich gemeinsam mal einen Kurztrip erlauben können.

Näheres zum Spendenkonto

Wer die beliebte Benefiz-Aktion unterstützen möchte, hier die Infos zu unserem eingerichteten Spendenkonto. Empfänger: WP-Weihnachtsaktion, Verwendungszweck: Familienunterstützender Dienst, Spendenkonto: DE 71 4505 0001 0100 1800 00. Wichtig: Spender, die eine Quittung erhalten möchten, müssen unbedingt­ ihre Adresse und das Stichwort „WP-Weihnachtsaktion“ auf dem Überweisungsträger vermerken.