Hagen. Der Hagener Unternehmerrat drückt bei der Neugestaltung der Hagener Fußgängerzone aufs Tempo – und bringt die Idee eines Bürgerfonds ins Spiel.

Die von der Stadtspitze in der ersten Adventswoche angekündigte Investitionsoffensive in der Hagener Innenstadt, die der darbenden Fußgängerzone zumindest in homöopathischen Dosen eine wenig Modernität verleihen soll, trifft bislang auf skeptische Resonanz. Während ein Teil der Ratsfraktionen das Thema in der nächsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses vertiefend erörtern möchte und bereits Fragenkataloge an die Rathausverwaltung formuliert hat, zeigt sich der Hagener Unternehmerrat, dem inzwischen etwa 90 führende lokale Wirtschaftsvertreter angehören, von den aktuellen Ankündigungen des Oberbürgermeisters überwiegend enttäuscht. Vor allem hält Unternehmerrats-Sprecher Winfried Bahn die in den Raum gestellte Summe von 30 Millionen Euro für eine zeitgemäße Pflasterung der Einkaufsmeile für utopisch und ein „inszeniertes Totschlagargument“. Er bringt stattdessen die Idee ein, über einen Bürgerfonds die Hagener dazu zu bewegen, sich für ein zeitgemäßes Gesicht ihrer City einzubringen.

Regionales Oberzentrum bewahren

Vor dem Hintergrund der Rathaus-Galerie-Insolvenz und der Kaufhof-Schließung hatte Verwaltungschef Erik O. Schulz im Frühjahr dieses Jahres angekündigt, die Innenstadtentwicklung mit Nachdruck vorantreiben zu wollen, damit Hagen seinem Ruf als regionales Oberzentrum weiter gerecht werde. Dass hier dringlich agiert werden müsse, sei auch Teil des ISEK- und Hagen-Horizonte-Prozesses. Konkrete Antworten, was dies nun in der Umsetzung bedeute, hatte zuletzt der Unternehmerrat beim OB angemahnt.

Oberbürgermeister Erik O. Schulz sieht durchaus den dringenden Bedarf, das Thema Fußgängerzone anzupacken.
Oberbürgermeister Erik O. Schulz sieht durchaus den dringenden Bedarf, das Thema Fußgängerzone anzupacken. © WP | Michael Kleinrensing

Die Stadtspitze verwies zuletzt auf 1,2 Millionen Euro aus dem Landesförderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Oberzentren“, die jetzt zur Verfügung stünden. Davon kann die Hälfte (580.000 Euro) für die Anmietung leerstehender Ladenlokale eingesetzt werden, um Kreativen, Start-ups und Zwischennutzer bezahlbare Entfaltungsmöglichkeiten zu eröffnen. Eine weitere Viertelmillion ist für Gutachten zur Neuausrichtung von Großimmobilien wie Galerien und Kaufhäusern gedacht sowie 150.000 Euro zur Finanzierung eines Zentren- und Citymanagements.

Bleiben gerade noch 200.000 Euro an reinen Investitionsmitteln für echte Gestaltungsmaßnahmen wie Begrünungen, Sitz- und Spielecken oder auch Lichtkunst. „Über einen Zeitraum von vier Jahren – also von 2024 bis 2027 – eine äußerst überschaubare Summe“, zeigt sich Unternehmerratssprecher Bahn wenig euphorisch. „Natürlich macht ein solches Aktionsprogramm nichts kaputt. Aber ich sehe die Gefahr, dass Teile des lokalen Einzelhandels angesichts der Zeiträume von Planungsvorlauf und Umsetzung den Wandel in der Hagener Innenstadt nicht mehr erleben werden.

City als gesellschaftliches Zentrum

Der OB möchte derweil diese punktuellen Maßnahmen nutzen, „um eine durchgreifende Erneuerungskonzeption für die Fußgängerzone und angrenzende Bereiche vorzubereiten und dabei innovative Gestaltungsmaßnahmen und deren Akzeptanz bei Besuchern, Gewerbetreibenden und Besuchern zu testen“. Zudem verweist er darauf, dass der Wirtschaftsbetrieb Hagen auch schon in der Vergangenheit durch die Sanierung von Baumscheiben, die Reparatur von schadhaften Pflasterstellen, die Platzierung von Flower-Towern sowie die Sanierung des Spielplatzes im Volkspark wichtige Akzente gesetzt habe.

Parallel verfolge die Stadt das langfristige Ziel, durch die Erarbeitung eines Gastronomiekonzeptes und umfassende Gestaltungsideen umfassende Städtebauförderungsmittel nach Hagen zu lotsen. In den Augen des Oberbürgermeisters geht es um die übergreifende Frage: „Wie muss eine Innenstadt der Zukunft aussehen, die als wirtschaftliches und gesellschaftliches Zentrum den Ansprüchen des Klimawandels, der Mobilitätswende und der sozialen Integration gerecht wird?“

Winfried Bahn, Sprecher des Hagener Unternehmerrats, fordert bei der Stadt ein kreativeres Vorgehen ein, um beim Thema Fußgängerzone endlich ins Handeln zu kommen.
Winfried Bahn, Sprecher des Hagener Unternehmerrats, fordert bei der Stadt ein kreativeres Vorgehen ein, um beim Thema Fußgängerzone endlich ins Handeln zu kommen. © WP | Michael Kleinrensing

Der Hagener Unternehmerrat drückt angesichts des fortschreitenden Niveauverlustes in Hagens Mitte aufs Tempo: „Um die Neugestaltung der Innenstadt voranzutreiben, reicht es nicht, sich auf Fördergelder aus Düsseldorf oder Berlin zu verlassen“, fordert Sprecher Winfried Bahn kreativere Ideen ein: „Ein Bürgerfonds wäre beispielsweise eine Möglichkeit, um die längst überfällige Sanierung der Pflasterflächen in der Fußgängerzone zu realisieren“, möchte er nicht bloß engagierte Hagener, sondern auch Unternehmer, Vereine, Banken oder auch Akteure aus Politik und Handel zu Paten sowie Mitfinanziers machen. Frei nach dem Motto „Bürger warten nicht, sondern handeln“.

Zweifel an Pflaster-Kosten

Zugleich bezweifelt der Unternehmerrat die These der Stadt, dass eine Sanierung des Fußgängerzonen-Pflasters tatsächlich 30 Millionen Euro verschlingen würde. „Bei der Fläche zwischen Commerzbank und Johanniskirchplatz handelt es sich um 15.000 Quadratmeter, bis zum Theater kommen noch einmal 2000 Quadratmeter für die Gehwege hinzu. Bei einem Quadratmeterpreis von 200 Euro kommen da gerade einmal 3,4 Millionen Euro zusammen“, rechnet Bahn vor.

Zudem erinnert er beispielhaft an die schicke Pflasterung der Gevelsberger Fußgängerzone. Diese kostete vor 14 Jahren auf einer Fläche von 14.200 Quadratmetern 3,5 Millionen Euro brutto. „Selbst vor dem Hintergrund der jüngsten Kostenexplosionen sind 30 Millionen Euro völlig utopisch“, könnte sich der Unternehmerrat auch vorstellen, die Neugestaltung der Fußgängerzone in Etappen anzugehen.

Die Stadt Hagen ließ eine Anfrage der Stadtredaktion zur Plausibilität der 30-Millionen-Euro-Kalkulation bislang unbeantwortet.