Hagen. Zweieinhalb Jahre nach Fertigstellung der Lennetalbrücke auf der A45 in Hagen ist die dritte Fahrspur noch immer nicht freigegeben.

Auf die Freigabe des dritten Fahrstreifens auf der Lennetalbrücke müssen Autofahrer noch viele Monate warten. Dabei ist die Fahrbahn längst fertiggestellt und könnte eigentlich sofort freigegeben werden. Darf sie aber nicht.

Weder die Autobahn Westfalen GmbH noch die Bezirksregierung Arnsberg – diese beiden Behörden sind zuständig für das Verfahren – wagen eine Prognose, wann denn die Brücke vollständig ihrem eigentlichen Zweck überantwortet werden kann. Ungenutzt liegt ein großer Teil der Brücke, die die riesige Summe von 179 Millionen Euro gekostet hat, brach.

Zweieinhalb Jahre ist es jetzt her, dass die neue Lennetalbrücke auf der A45 in Hagen feierlich eröffnet wurde. Doch noch immer ist der rechte Fahrstreifen auf der fast einen Kilometer langen Brücke in Richtung Dortmund nicht für den Verkehr freigegeben worden. Schwarz, eben und makellos asphaltiert wirkt er auf Autofahrer wie eine Einladung, doch bitte endlich darüber hinwegzufahren. Doch eine durchgezogene Linie verhindert, dass Verkehrsteilnehmer den rechten Fahrstreifen und damit die ganze Breite der Fahrbahn nutzen können.

Das langwierige Planfeststellungsverfahren

Der Grund für den vollständig zu Ende gebauten, aber dennoch gähnend leeren, gesperrten Fahrstreifen: Die Autobahn Westfalen GmbH bzw. der zunächst zuständige Landesbetrieb Straßen betrieben acht Jahre lang den dreispurigen Ausbau der Lennetalbrücke in Richtung Dortmund, obwohl eines der behördlichen Genehmigungsverfahren noch gar nicht abgeschlossen ist.

Da sie massive Schäden aufwies, durfte die alte Lennetalbrücke im Jahr 2013 schnell und relativ unbürokratisch abgerissen werden. Mit dem geplanten sechsspurigen Ausbau der A45 zwischen Hagener und Westhofener Kreuz hatte das Brückenprojekt zunächst nichts zu tun.

Um die Autobahn in Fahrtrichtung Dortmund dreispurig auszubauen, ist ein Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben – eine der umständlichsten und langwierigsten bürokratischen Prozeduren überhaupt. Lärm- und Abgasemissionen, Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen – alles muss geprüft werden. Es geht aber auch um Grundstücksangelegenheiten, Landwirtschaft und Verkehrssicherheit.

Einwendungen, Gutachten, Deckblätter

Die verantwortlichen staatlichen Institutionen befinden sich seit Jahren mitten in diesem behördlichen Prozess. Träger des Verfahrens ist die Bezirksregierung Arnsberg, Antragsteller die Autobahn GmbH im Dienste der Bundesrepublik. Vor zwei Jahren waren die Planunterlagen öffentlich ausgelegt worden, um Bürgern, Behörden und Verbänden die Gelegenheit zu „Anregungen und Einwendungen“ zu geben.

Auf Grundlage dieser Einwendungen würden die Planunterlagen derzeit überarbeitet, teilte Susanne Schlenga von der Autobahn GmbH auf Anfrage mit: „Dazu müssen unter anderem die naturschutzfachlichen Gutachten angepasst werden. Hierzu war es nötig, neue Kartierungen zu beauftragen. Diese Überarbeitung dauert bis Februar 2024, da der Kartierzyklus von einem Jahr eingehalten werden muss.“ Auf dieser Grundlage könnten dann naturschutzfachliche Einwendungen beantwortet oder ausgeräumt werden.

Weitere so genannte Deckblätter (dabei handelt es sich nach Auskunft von Susanne Schlenga um Ergänzungen auf Grundlage der Einwendungen) zu Lärmfragen oder Abstimmungen mit den Trägern Öffentlicher Belange (TÖB) würden parallel erstellt: „Die Autobahn Westfalen liefert alle Unterlagen an die Bezirksregierung, die dann den weiteren Fortgang des Verfahrens steuert.“

Tatsächlich warte man auf die Zusendung der Unterlagen, bestätigt Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung: „Erst danach kann das Verfahren fortgesetzt werden.“

Was geschieht, wenn Planfeststellung scheitert?

Vom letztendlichen Ausgang der Planfeststellung wird es abhängen, ob die A45 zwischen dem Hagener und dem Westhofener Kreuz überhaupt dreispurig sein und der rechte Fahrstreifen der Lennetalbrücke jemals für den Verkehr freigegeben werden darf. Wäre die dritte Fahrspur wegen der fehlenden Genehmigung beim Neubau der Lennetalbrücke nicht mit errichtet worden, müsste man die Brücke nach der Beschlussfassung erneut umbauen, wenn nicht gar abreißen, so Söbbeler: „Deshalb hat es Sinn gemacht, die Brücke von Anfang an auch in Richtung Dortmund dreispurig zu planen.“

Aber was geschieht, wenn die Planfeststellung scheitert und der dreispurige Ausbau der A45 in Richtung Dortmund nicht genehmigt wird? Muss dann der rechte Fahrstreifen für immer gesperrt bleiben? Wird die Lennetalbrücke dann irgendwann zu einem Menetekel für misslungene Kalkulation und verfehlten Straßenbau?

Das sind Fragen, über deren Konsequenzen am liebsten niemand nachdenken mag. Vorerst heißt es also: abwarten, bis das Planfeststellungsverfahren überhaupt seinen Abschluss findet.