Hagen. Hinter den Kulissen bleibt kein Stein auf dem anderen in der hagener Papierfabrik von Kabel Premium Pulp & Paper. So sieht es aktuell aus.

Während in der Belegschaft der Papierfabrik Kabel Premium Pulp & Paper (ehemals Stora) nach der Nachricht, dass 130 Mitarbeiter gehen müssen, weiterhin große Unsicherheit herrscht, laufen im Hintergrund die Gespräche über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan auf Hochtouren. Das ist die Lage in dem Unternehmen, dessen Schicksal zuletzt aus Hagen heraus bundesweite Beachtung fand.

Pulp & Paper ist ja nicht allein. Der Papierhersteller UPM beispielsweise will Ende des Jahres wegen sinkender Nachfrage sein Werk im niederbayerischen Plattling dicht machen. 401 Kollegen sind betroffen. Auch dort laufen die Verhandlungen mit dem Betriebsrat.

In Stockstadt am Untermain knallte die Nachricht, dass der südafrikanische Papierhersteller Sappi das Werk abstößt, herein. Dort wird in diesem Zuge nämlich abgeschlossen. Betroffen: 550 Arbeitsplätze. Sozialplan und Interessenausgleich sind schon unterzeichnet.

Eine Branche geht nicht nur am Stock – sie zerbricht unter dem Wandel von Nutzungs- und Lesegewohnheiten und der Digitalisierung.

Gespräche auf Hochtouren

In Bathey ein ähnliches Bild. Leider, so Geschäftsführer Markus Schwinn im September, müsse dauerhaft eine Schrumpfung des Marktes von 30 Prozent unterstellt werden. Es besteht weiterhin ein Überangebot an Produktionskapazitäten für grafische Papiere. „Den daraus entstehenden Veränderungen des Marktes müssen wir uns zügig anpassen.“ Unter anderem müsse eben die Belegschaft kleiner werden.

Knapp drei Monate später sagt derselbe Geschäftsführer auf Anfrage unserer Zeitung: „Wir befinden uns derzeit in der ersten Phase des Interessenausgleichs, der sogenannten Informationsphase. Mit der Anpassung der Produktionskapazität und damit auch der Personalstärke an die neuen Marktbedingungen geht bei uns auch die Einführung eines veränderten Arbeitsorganisationskonzepts einher. Daraus resultieren für die Arbeitnehmervertretung natürlich viele Fragen, die wir seriös, mit der notwendige Tiefe bemüht sind zu beantworten. Dies alles braucht seine Zeit.“

Verzicht auf Wasserstandsmeldungen

Dass man seriös und konstruktiv miteinander spreche, bestätigt auch Frank Werth, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie. „Wir sind in sehr guten Gesprächen. Weitere Wasserstandsmeldungen würden diesem Prozess einfach nicht gut tun“, setzt er auf Vertraulichkeit.

Arbeitnehmervertretung und Geschäftsführung gehen schrittweise jeden Arbeitsplatz und jeden Mitarbeitenden genau durch, um sich anschauen, ob zum Beispiel in absehbarer Zeit ein Eintritt in das Rentensystem ansteht und deshalb eine Kündigung vermieden werden oder wie mit dem jeweiligen Fall umgegangen werden kann.

Mitarbeiter hängen in der Luft

Die Mitarbeiter hängen derzeit trotzdem in der Luft. Eine Urlaubsplanung für das kommende Jahr ist unter diesem Umständen beispielsweise kaum denkbar.

Die Papierindustrie steht zurzeit europaweit erheblich unter Druck: Die Nachfrage nach grafischen Papieren etwa für Zeitschriften, Bücher oder Prospekte ist um etwa 40 Prozent eingebrochen, während parallel Rohstoffmangel und explodierende Energiepreise sowie die anhaltenden Ungewissheiten durch den Ukraine-Krieg die Branche drücken und vielerorts zu existenziellen Problemen führen.

Zumal die erheblichen Papierpreisverteuerungen dazu führen, dass viele Kunden wiederum ihre Print-Produkte ein- und auf digitale Kanäle umstellen.