Bathey. Bittere Nachricht für die 530 Mitarbeiter der Papierfabrik in Bathey. 130 von ihnen sollen ihren Hut nehmen. Der Druck auf die Branche ist groß.
Wenn die Menschen in Hagen über Kabel Premium Pulp & Paper sprechen, dann sagen sie immer noch „Stora“. Manche sogar noch „Feldmühle“. Meinen tun sie alle das Gleiche. Ein Traditionsunternehmen in Hagen seit 1896, das rund 530 Beschäftigten Arbeit gibt. Tausende Familienmitglieder hängen daran. Sie alle trifft die Nachricht, dass 130 Arbeitsplätze am Standort Hagen abgebaut werden müssen, mit voller Wucht. Am Donnerstagnachmittag wurde das den Mitarbeitern bei einer Betriebsversammlung mitgeteilt.
Markus Schwinn, seit Februar neuer Geschäftsführer bei Kabel Premium Pulp & Paper (KPPP/ehemals StoraEnso) trat Anfang August in dieser Zeitung noch vernehmbaren Gerüchten entgegen, dem Hagener Papier-Hersteller mit seinen 550 Mitarbeitern drohe die Insolvenz. Und weiter: „Sowohl von Gesellschafter- als auch von Managementseite wird alles unternommen, um die Papierfabrik in Kabel langfristig wirtschaftlich erfolgreich fortzuführen – auch wenn der Markt schrumpft und unbequeme Entscheidungen zu treffen wären.“
Zwei Wettbewerber vor Schließung
Diese unbequeme Entscheidung ist nun offiziell. 130 Leute müssen gehen. Leider, so der Geschäftsführer, müsse dauerhaft eine Schrumpfung des Marktes von 30 Prozent unterstellt werden. „Auch wenn zwei Wettbewerber dabei sind, ihre deutschen Standorte zu schließen (Anm.: gemeint seien laut Schwinn UPM in Plattling und Sappi in Stockstadt), so besteht weiterhin ein Überangebot an Produktionskapazitäten für grafische Papiere. Den daraus entstehenden Veränderungen des Marktes müssen wir uns zügig anpassen.“
Neben vielen „Struktur- und Prozessoptimierungen“, sei auch ein deutlicher Personalabbau Bestandteil des Restrukturierungsprogramms. Markus Schwinn: „Um rund 400 Arbeitsplätze zu sichern, musste die unternehmerische Entscheidung getroffen werden, circa 130 Arbeitsplätze abzubauen. Dies bedeutet nicht zwangsläufig im gleichen Umfang der Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen. Wir werden mit der Arbeitnehmervertretung jeden Arbeitsplatz und jeden Mitarbeitenden genau anschauen, ob zum Beispiel in absehbarer Zeit ein Eintritt in das Rentensystem ansteht und deshalb eine Kündigung vermieden werden kann.“
Betriebsrat äußert sich Freitag
Am Donnerstagnachmittag wendete sich Schwinn an die Belegschaft im Rahmen einer Betriebsversammlung. „Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat und Gewerkschaft sollen in den nächsten Tagen aufgenommen werden.“ Der Betriebsrat erklärt auf Anfrage der Redaktion, dass die Zahl von 130 abzubauenden Stellen in der Betriebsversammlung nicht genannt worden sei. Mehr könne man zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen, da Verhandlungen laufen würden.
Was „Prozessoptimierungen“ für die hochtechnologischen und nicht gerade kostengünstigen Maschinen des Unternehmens bedeuten, das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch völlig unklar.
Die Papierindustrie steht zurzeit europaweit erheblich unter Druck: Die Nachfrage nach grafischen Papieren etwa für Zeitschriften, Bücher oder Prospekte ist um etwa 40 Prozent eingebrochen, während parallel Rohstoffmangel und explodierende Energiepreise sowie die anhaltenden Ungewissheiten durch den Ukraine-Krieg die Branche drücken und vielerorts zu existenziellen Problemen führen. Zumal die erheblichen Papierpreisverteuerungen dazu führen, dass viele Kunden wiederum ihre Print-Produkte einstellen und auf digitale Kanäle umstellen.
Dampfeinspeisung aus Biomassekraftwerk
Markus Schwinn bereits Anfang August: „Natürlich zählen auch wir zu den energieintensiven Unternehmen und sind stark von den Energiekosten für Strom und Gas beeinflusst. Umso wichtiger ist es, die Energieeffizienz (Stromverbrauch, Dampferzeugung) durch Produktionseffektivität und Energieeffizienz weiter voranzutreiben“, sieht Schwinn angesichts der bisherigen Strategie sein Unternehmen auf einem guten Weg. „Neben unserem hocheffizienten Kraft-Wärme-Gaskraftwerk, nutzen wir bereits heute die Dampfeinspeisung aus einem Biomassekraftwerk, einem Joint Venture mit der BVA/Enervie AG.“
Nach wie vor sei KPPP Vorreiter in NRW, was den konzeptionellen Fortschritt zur Ausnutzung der Geothermie anbelange: „Dennoch ist ein Geothermieprojekt noch mit enormen wirtschaftlichen Risiken verbunden. Eine Bohrung bis in 4,1 km Tiefe vorzunehmen, hat nichts mit der mittlerweile zur Routine gewordenen Ausnutzung von Erdwärme im Wohnungsbau zu tun“, so Schwinn.
Die Papierfabrik wurde 1896 gegründet. Seit 1959 war sie Teil des Feldmühle-Konzerns. Seit 1990 dann zum schwedischen Stora-Konzern (1998 Fusion mit Enso) 2016 übernahmen fünf internationale Papierexperten die Fabrik, die fortan Kabel Premium Pulp & Paper hieß. Dabei konnten alle Arbeitsplätze erhalten werden.