Basel/Hagen. Die Staatsanwaltschaft wollte das Gymnasium in Hagen einziehen. Das Geld für den Kaufpreis sollte aus Straftaten stammen. Jetzt kommt es anders.
Das ehemalige Internat Garenfeld sowie das dazu gehörende 18.500 Quadratmeter große Grundstück werden im Eigentum des jungen Erwerbers (23) verbleiben. Die Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts hat am Mittwochvormittag den ursprünglich gestellten Einziehungs-Antrag der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Der Strafverfolgungsbehörde war es trotz zahlreicher Verdachts- und Anknüpfungspunkte nicht gelungen, den Nachweis zu führen, dass der entrichtete Kaufpreis in Höhe von 915.000 Euro aus rechtswidrigen Taten stammt.
Für das Landgericht sei es eine Premiere gewesen, betonte Vorsitzender Richter Andreas Behrens, „das erste selbstständige Einziehungsverfahren“. Seit 2017 gebe es die juristische Möglichkeit, Erträge aus kriminellen Taten auch außerhalb eines Strafverfahrens abzuschöpfen. In dieser ungewöhnlichen Konstellation verhandele das Gericht eben nicht mit einem Angeklagten, sondern einem sogenannten Einziehungsbeteiligten. Richter Behrens: „Es geht um ein Vermögen, das eingezogen werden kann oder eben nicht."
Von Geldwäsche ausgegangen
Die Staatsanwaltschaft war im Garenfelder Fall von Geldwäsche ausgegangen. Der Internatskäufer, zum Zeitpunkt des Immobilien-Erwerbs im Februar 2021 gerade mal 20 Jahre jung, sei nur formal vorgeschoben worden. Hinter dem Deal steckte offensichtlich sein Vater (52), der bei allen Kaufverhandlungen unter falschem Namen auftrat und inzwischen, nach einem Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung, in Polen lebt. Bei der Kaufabwicklung war als Berater auch ein Rechtsanwalt (79) aus Herdecke dabei, der erst kürzlich zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden ist.
Der mittlerweile 23-jährige Einziehungsbeteiligte wohnt in der Schweiz und betreibt in der Nähe von Basel einen Teppichhandel, mit Pelz- und Schmuck-Ankauf. Aber: „Selbst wenn im Umfeld des Einziehungsbeteiligten Straftaten begangen wurden“, so Staatsanwalt Axel Nölle aus der Abteilung für organisierte Kriminalität, „und es gibt viele Punkte, die das glauben lassen“, so könnte man das dem Einziehungsbeteiligten nicht persönlich anlasten.
Geld stammt aus Villa-Verkauf
Der bezahlte Kaufpreis für das Garenfelder Internat sei nachweisbar aus einem anderen, legalen Hausverkauf finanziert worden, befand die Große Wirtschaftsstrafkammer: 2011 hatte der Schwager (40) des jungen Immobilien-Erwerbers ein ehemaliges Zechengebäude mit 3500 Quadratmetern Grundstück in Dortmund-Menglinghausen (Baujahr 1960) zum Schnäppchenpreis für 85.000 Euro erworben und mit Hilfe von Mitgliedern der Großfamilie zu einer Luxus-Villa mit 600 Quadratmetern Wohnfläche ausgebaut. Beim Weiterverkauf im September 2020 waren für das Objekt 1,2 Millionen Euro erzielt worden.
Der Verkaufserlös wurde, ohne dafür Steuern abzuführen, zunächst unter einem Bett aufbewahrt, die Scheine befanden sich bündelweise in einer Sporttasche. Von diesem Geld hätte er seinem Schwager dann 970.000 Euro leihweise zur Verfügung gestellt, damit dieser davon das ehemalige Privatgymnasium kaufen konnte.
20 Wohneinheiten könnte Stadt genehmigen
Was aus dem ehemaligen Internat Garenfeld jetzt wird, ist offen: Ursprünglich sollten die alten Klassenzimmer zu 40 Luxuswohnungen umgebaut werden, in die nahe Verwandte aus der Großfamilie einziehen sollten. So war es zumindest geplant. Doch allenfalls 15 bis 20 Wohneinheiten könnte die Stadt dort genehmigen. Was die Planungen zudem schwierig macht: In das Gebäude soll inzwischen Regen eingedrungen sein. Vor Gericht war von einem größeren Wasserschaden die Rede.