Breckerfeld. Der EN-Kreis reagiert auf Motorrad-Unfälle in der Priorei in Breckerfeld und will die Strecke sperren. So denkt ein Motorradfahrer darüber.

Sie standen am späten Sonntagnachmittag mal wieder an der Bushaltestelle Drehe und am Abzweig zum Klärwerk und beobachteten andere dabei, wie sie die Strecke unter die zwei Räder nahmen – Motorradfahrer an der Prioreier Straße in Breckerfeld. Seit die Priorei für Motorräder freigegeben wurde, wiederholen sich an sonnigen Wochenenden die Szenen. Auch die traurigen. Auf die Unfälle auf dem Abschnitt will der Kreis nun reagierenmit einem Fahrverbot ab Freitagnachmittag, an Samstagen und Sonntagen. Unsere Redaktion hat mit einem Fahrer (25) gesprochen, der die Strecke regelmäßig fährt und sich gern so in die Kurven legt, dass seine Knie den Boden berühren. Voraussetzung für seine offenen und ehrlichen Antworten ist die Wahrung seiner Anonymität.

Warum Prioreier Straße – was macht den Reiz der Strecke aus?

Sie hat einen Top-Belag, der Asphalt ist noch wie neu. Die Straße ist breit, an vielen Stellen gut einsehbar. Hinzu kommen die Kurven, die die Strecke attraktiv machen. Letztlich hält sich der Verkehr in Grenzen, und es sind auf dem Abschnitt nur wenige Lastwagen unterwegs.

Der letzte schwere Motorrad-Unfall an der Prioreier Straße ereignete sich am 8. September. Der Fahrer wurde lebensgefährlich verletzt.
Der letzte schwere Motorrad-Unfall an der Prioreier Straße ereignete sich am 8. September. Der Fahrer wurde lebensgefährlich verletzt. © Alex Talash | Alex Talash

Wie oft sind Sie auf der Strecke unterwegs?

Pro Saison? Ich würde sagen bis zu 20-mal. Dabei zähle ich zu jenen, die ab und an auch zwei- oder dreimal hintereinander rauf- und wieder runterfahren.

Wann sind Sie denn unterwegs?

Ich wohne fast um die Ecke. Am liebsten sogar unter der Woche. An den Wochenenden ist es doch ziemlich voll.

Erster schwerer Unfall der Saison 2023: Am 1. Mai stürzt ein Motorradfahrer und wird unter einem Audi eingeklemmt. Er schwebt in Lebensgefahr ud muss von der Feuerwehr befreit werden.
Erster schwerer Unfall der Saison 2023: Am 1. Mai stürzt ein Motorradfahrer und wird unter einem Audi eingeklemmt. Er schwebt in Lebensgefahr ud muss von der Feuerwehr befreit werden. © Alex Talash | Alex Talash

Wie zügig sind Sie denn in der Priorei unterwegs?

Na ja – mit 50 km/h fahre ich da bestimmt nicht. Aber formal gibt es ja auch gar kein Tempolimit.

Werden Sie sich denn an eine Sperrung halten?

Ganz ehrlich? Nein. Wenn die Polizei mich erwischt, dann bin ich bereit, die 20 Euro zu zahlen. Für mich ist das dann eine Art Weggebühr. Das mag bei Jüngeren anders sein. Aber mir macht das Verwarngeld nichts aus.

Gleich mehrfach in diesem Jahr mussten in der Priorei in Breckerfeld schwer verletzte Motorradfahrer mit Rettungshubschraubern in Kliniken geflogen werden.
Gleich mehrfach in diesem Jahr mussten in der Priorei in Breckerfeld schwer verletzte Motorradfahrer mit Rettungshubschraubern in Kliniken geflogen werden. © Alex Talash | Alex Talash

Haben Sie denn Verständnis für die Maßnahme?

Ich sehe den Hintergrund, der zur Sperrung geführt hat. Aber ich würde es für sinnvoller erachten, den Abschnitt zunächst nur in eine Richtung zu sperren. So etwas kenne ich von anderen klassischen Motorradstrecken im Sauerland. So will man das Hin- und Herfahren unterbinden, was ja vor allem die Anwohner ärgert. Und: Schärfere Kontrollen würden an dieser Stelle viele Motorradfahrer abschrecken. Die aber habe ich bislang nicht wahrgenommen.

Verstehen Sie denn, dass Anwohner sauer sind?

Ja. Ich wohne selbst an einer vielbefahrenen Straße. Und wenn da einer mit seiner frisierten Maschine den Hahn voll aufdreht, finde ich das auch nicht toll. Ich selbst fahre eine straßenzugelassene Maschine, habe daran nichts verändert, alles ist legal. Letztlich ist die Priorei eine Straße, die ich damit befahren darf. Aber ich kenne insbesondere viele jüngere Motorradfahrer, die es einfach übertreiben. Hinzu kommen Autofahrer, die sich genau so wenig an Regeln halten und ihre Autos tunen.

Mit Plakaten hatten Anwohner auf die Lärmbelästigung durch Motorräder an der Prioreier Straße in Breckerfeld aufmerksam gemacht.
Mit Plakaten hatten Anwohner auf die Lärmbelästigung durch Motorräder an der Prioreier Straße in Breckerfeld aufmerksam gemacht. © WP | Jens Stubbe

Wie beurteilen Sie denn den Schutz für Motorradfahrer an der Strecke?

Nicht gut. Es fehlt ein Unterfahrschutz, der verhindert, dass man bei einem Unfall unter der Leitplanke hindurch rutscht. Das ist lebensgefährlich.

Sind die Unfälle an der Priorei Thema in der Szene?

Ja. Jeder Unfall für sich betrachtet ist erschreckend. In der Regel – das gilt auch für viele andere Strecken – sind es hier Fahrfehler, die dazu führen. Jeder Motorradfahrer muss sich selbst damit auseinandersetzen, ob er nur zügiger unterwegs sein will oder ob er bis an die Grenzen geht. Besonders jüngere Fahrer überschätzen sich.

Zwischen dem Abzweig Ennepetalsperre und der Ortschaft Holthausen fährt man an mehreren Kreuzen vorbei, die an tödliche Motorrad-Unfälle in den letzten Jahren erinnern. Sind Sie da auch unterwegs?

Ja. Erst Priorei hoch, dann durch das Tal der Ennepe zurück. Das ist eine schöne Strecke für Motorradfahrer.

Die Sie wie beurteilen?

Der obere Bereich der L699 ist aus meiner Sicht gefährlicher als die Priorei. Die Straße ist zum Teil enger, unübersichtlicher. An das Tempolimit weiter unten halten sich viele nicht.