Hagen. Der Fall des AfD-Politikers Andreas Geitz, der 2020 beim Sturm auf den Reichstag dabei war, schlägt Wellen. Das sind die Reaktionen.

Diese beiden Vorwürfe wiegen schwer: Lüge und Auflehnung gegen die demokratische Grundordnung. Sie richten sich gegen ein Mitglied des Rates der Stadt Hagen, gegen Andreas Geitz, Mitglied der AfD, der einst sogar für den Bundestag kandidiert hatte. Geitz war beim sogenannten Sturm auf den Reichstag am 29. August 2020 dabei. Bei einem Protest der Querdenker-Szene, bei dem Absperrungen am Parlamentsgebäude überschritten wurden. Was Fotos belegen, hatte der Politiker im Gespräch mit unserer Zeitung zunächst bestritten.

Lüge und Auflehnung gegen die demokratische Grundordnung – das sind die wesentlichen Vorwürfe, die die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU jetzt gegen den AfD-Mann, der außerdem Mitglied der Bezirksvertretung in Haspe ist, erheben. Die Genossen gehen dabei sogar so weit, dass sie den Rücktritt des Ratsmitglieds von all seinen politischen Ämtern fordern.

Angriff auf demokratische Grundordnung

„Der ,Sturm auf den Reichstag’ stellt einen Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung dar“, sagt der SPD-Parteivorsitzende Tino Schisanowski, der seit der letzten Bundestagswahl für die Sozialdemokraten im Bundestag sitzt. „Dass sich mit Andreas Geitz ein auf der Basis dieser Grundordnung gewähltes Mitglied des Stadtrates daran mutmaßlich beteiligt haben soll, ist absolut erschreckend.“ Es zeige aber auch einmal mehr das wahre Gesicht der AfD.

Gleichzeitig unterstreicht der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Rudel: „Unsere Geschichte und unser Anstand verbietet uns jedwede Zusammenarbeit mit der AfD. Durch dieses Foto sehen wir uns in unserer Haltung und unserem Demokratieverständnis absolut bestätigt.“

SPD fordert Geitz zum Rücktritt auf

Die SPD fordert Geitz auf, Konsequenzen zu ziehen: „Wir fordern Herrn Geitz aber auf, sein Ratsmandat unverzüglich niederzulegen. Wer sich augenscheinlich gegen unsere Demokratie stellt, der hat im Rat, in den Ausschüssen und Aufsichtsräten unserer Stadt nichts zu suchen. Zudem hat Herr Geitz die Öffentlichkeit belogen.“ Geitz hatte auf Anfrage unserer Zeitung zunächst behauptet, vom „Sturm auf den Reichstag“ erst im Nachhinein erfahren zu haben. Fotos, die das Gegenteil belegen, hat die Redaktion erst nach der Anfrage erhalten.

Auch Bündnis 90/Die Grünen beurteilen den Fall ähnlich: „Sollte Herr Geitz an dem ,Sturm auf den Reichstag’ teilgenommen haben, hat er endgültig den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen und sich sogar aktiv und aggressiv dagegen gestellt“, sagt Fraktionsgeschäftsführerin Hannah Rosenbaum.

Geitz-Aussagen wenig glaubwürdig

„In Anbetracht des vorliegenden Bildmaterials halten wir die Aussage von Herrn Geitz, daran nicht teilgenommen zu haben, für wenig glaubwürdig“, so Hannah Rosenbaum, die gleichzeitig unterstreicht, dass die AfD nicht ohne Grund als rechtsextremistischer Verdachtsfall unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehe. „Jede Zusammenarbeit mit der AfD war und ist für uns undenkbar.

Auch die CDU hebt hervor, dass die vorliegenden Bilder das Gegenteil dessen belegten, was Geitz öffentlich erklärt habe. „Um diese Stufen vor dem Reichstag zu erreichen, musste er die polizeilichen Absperrungen bereits überwunden oder passiert haben“, so Fraktionsgeschäftsführer Alexander M. Böhm: „Also war seine Behauptung eine eklatante Lüge.“

Keine Zusammenarbeit mit der AfD

Gleichzeitig betont Böhm, dass ein Mensch so lange als unschuldig gelte, bis seine Schuld bewiesen ist. „Wir waren weder Zeugen, noch stehen uns ausreichend hilfreiches Bild- oder Filmmaterial zur Verfügung, um die Rolle von Herrn Geitz am Sturm auf den Reichstag angemessen bewerten zu können“, so Böhm weiter.

Ob Geitz von einem Ermittlungsverfahren betroffen sei (Anmerkung der Redaktion: Er selbst verneint das), wisse man nicht. Die CDU unterstreicht: „Erst wenn ein Urteil vorliegt, stellt sich die Frage nach weiteren Konsequenzen im Rat.“ Für Partei und Fraktion ändere sich nichts, es gebe auch weiterhin keine Zusammenarbeit mit der AfD.

Reichstagssturm: Geitz spricht von einem „Happening“

Geitz und die AfD wiederum hatten zuletzt einen Rücktritt ausgeschlossen. Seine Aussagen rechtfertigte der Politiker wie folgt: „Ich bin gefragt worden, ob ich bei einem ,Sturm’ auf den Reichstag dabei gewesen sei. Das war kein Sturm, das war ein Schlendern. Das war ja schon fast ein Happening. Ich war höchstens 30 Sekunden auf dieser Treppe inklusive hoch und runtergehen.“ Er habe lediglich von seinem Demonstrationsrecht Gebrauch gemacht.