Hagen-Bathey. Sprechen Betriebsrat und Führung nur per Mediatorin miteinander? Wurden Flächen für den Stellenabbau verkauft? Der Geschäftsführer reagiert.

Nach der für die Belegschaft traurigen Nachricht, dass sich Kabel Pulp & Paper, die Papierfabrik im Lennetal, von 130 seiner 530 Mitarbeiter trennt, dringen Einzelheiten aus der Betriebsversammlung an die Öffentlichkeit, in der der Belegschaft am Donnerstagnachmittag die bittere Botschaft überbracht wurde. Unter anderem heißt es aus Mitarbeiterkreisen, dass Pulp & Paper sich jüngst von einer vier Hektar großen Fläche getrennt habe, um den Stellenabbau oder Abfindungen zu finanzieren und dass der Betriebsrat nur noch über eine Mediatorin mit der Geschäftsführung kommuniziere. Geschäftsführer Markus Schwinn reagiert auf diese und andere Punkte.

Wie berichtet müssen 130 Leute gehen. Leider, so der Geschäftsführer, müsse dauerhaft eine Schrumpfung des Marktes von 30 Prozent unterstellt werden und darauf müsse das Unternehmen mit einer Verschlankung von Produktionsprozessen und Abbau von Personal reagieren. Es sei richtig, so Geschäftsführer Schwinn, dass eine „externe Personalmanagerin“ engagiert worden sei, „da in solch einer Umbruchphase, in welcher wir uns befinden, viele Themenfelder des Personalwesens und des Change Managements abzudecken sind. Der Blick geht meist nur in Richtung der vom Personalabbau betroffenen Mitarbeitenden. Genauso müssen aber auch die Führungskräfte, wie die verbliebenen Mitarbeitenden einen Gesprächspartner finden, der nicht zwangsläufig ihr Linienvorgesetzter sein muss, um ihre Sorgen und Unsicherheiten adressieren zu können.“ Darüber hinaus habe es sich bewährt, Interessengruppen ein Intermediär (Anm.: gemeint ist eine Art Vermittler) zur Verfügung zu stellen, wenn schwierige Themen zu verhandeln sind.“ Eine Anfrage an den Betriebsrat zu diesem und den anderen Themen ist gestellt. Eine Beantwortung steht gegenwärtig noch aus.

Der traditionsreiche Papierhersteller Kabel Premium Pulp & Paper steht unter Druck. 130 Leute müssen nun ihren Hut nehmen.
Der traditionsreiche Papierhersteller Kabel Premium Pulp & Paper steht unter Druck. 130 Leute müssen nun ihren Hut nehmen. © Michael Kleinrensing

Dauerhafter Einbruch erwartet

Schwinn weiter: „Neben der Maschineninfrastruktur wird die Kapazität einer Papierfabrik von der eingesetzten Personalstärke bestimmt. So wie sich unsere Kunden auf ein neues ,Normal’ von minus 30 Prozent einstellen, so müssen wir dies auch tun. Kurzarbeit kann nur als temporäres Instrument genutzt werden, wenn die fehlende Auslastung von vorübergehender Dauer ist. Wir müssen jedoch einen dauerhaften Einbruch unterstellen.“

Durchschnittliche Betriebszugehörigkeit: 22 Jahre

Auf der rationalen Ebene werde der personelle Einschnitt sicher von der überwiegenden Mehrheit verstanden und als unabdingbare Maßnahme akzeptiert, so Schwinn. Auf der emotionalen Ebene werde dies sicher anders aussehen. „Da unsere durchschnittliche Betriebszugehörigkeit 22 Jahre beträgt, die Fluktuation marginal ist, bedeutet für viele Mitarbeitende das Unternehmen mehr als nur der Arbeitgeber. Man ist hier verwurzelt und will sehr häufig auch bis zum Renteneintritt bei uns arbeiten.“

Schwinn reagiert auch auf die Unterstellung, ein Flächenverkauf an die Stadt habe die „Kriegskasse“ füllen sollen. „Für eine finanz- und leistungswirtschaftliche Restrukturierung benötigt jedes Unternehmen liquide Mittel, um möglichst rasch die Transformation vollziehen zu können. So sind unsere Gesellschafter zum Wohle des Unternehmens bereit gewesen, sich vom dem Areal zu trennen, um so einen wichtigen Beitrag zur Neuaufstellung leisten zu können. Das Füllen einer Kriegskasse erscheint mir hier eine unpassende Metapher zu sein.“

Markus Schwinn ist seit Februar 2023 Geschäftsführer bei Kabel Premium Pulp & Paper.
Markus Schwinn ist seit Februar 2023 Geschäftsführer bei Kabel Premium Pulp & Paper. © KPPP

Reizthema Unternehmensberatung

„Ich leide zum Glück nicht unter Allmachtphantasien“, reagiert Schwinn auf die Frage, wie er es beurteile, dass es in der Belegschaft angeblich nicht gut ankomme, dass eine Unternehmensberatung ins Haus geholt worden sei. „Als Alleingeschäftsführer sollte man sich nicht einbilden, ein Unternehmen der Größe alleine neu aufstellen zu können. Man läuft Gefahr, unnötige Ressourcen zu verschwenden und in den kritischen Pfad zu gelangen, wenn man alles glaubt, selbst besser machen zu können. Wenn Ihre Hausapotheke zur Genesung nicht mehr ausreicht, gehen Sie sicher auch zum Arzt. Das ist das Normalste von der Welt. Warum soll also eine beschleunigte Lösungsfindung ein Tabu sein, wenn man zudem noch Kompetenzfelder aufbauen kann?“

Im Fokus: der Sozialplan

Mit Blick auf die beginnenden Sozialplanverhandlungen sagt Schwinn: „Ein Sozialplan steht immer in Verbindung mit einem Interessensausgleich. Er regelt die sozialen Folgen im Zusammenhang mit einer in sich geschlossenen Maßnahme. Es entsteht kein Präjustiz der automatischen Fortschreibung in die Zukunft. Es dürfte nachvollziehbar sein, dass ein Sozialplan, der de facto die materiellen Folgen einer einzigen betriebsbedingten Kündigung im Frühjahr geregelt hat, ganz etwas anderes ist, als wenn man nun rund 100 Kündigungen aussprechen muss.“ Nach WP-Informationen heißt es, der Betriebsrat poche auf einen bestehenden Sozialplan, der noch bis Ende des Jahre laufe. Auch auf diese Frage steht eine Antwort noch aus.