Hagen. Tunay Aytas ist bereits seit 13 Jahren in Hagen mit seinem Eiswagen unterwegs. Warum er diesen Job so liebt.

Unter den Tönen, die viele mit ihrer Kindheit verbinden, ist dies vermutlich einer der am liebsten gehörten. Das laute etwas krächzende Schrillen der Klingel von einem Eiswagen. Rrrrrrrrrrrrrrrrr! Und überhaupt: Der Eiswagen selbst ist doch ein Symbol. Für unbeschwerte Sommertage, den kleinen Genuss zwischendurch. Im Hörnchen oder Becher, mit Streuseln oder ohne – entscheide dich. Jetzt, da der Sommer wohl doch noch mal Lust auf Hagen hat, sind wir eingestiegen in so ein Symbol der kleinen Sommer-Freiheit. Auf dem Beifahrersitz von Tunay Aytas.

Eisverkäufer Tunay Aytas ist mit seinem Eiswagen in Hagen unterwegs. Antonie Flieder begleitet ihn.
Eisverkäufer Tunay Aytas ist mit seinem Eiswagen in Hagen unterwegs. Antonie Flieder begleitet ihn. © WP | Jens Stubbe

Sonnenschein, Kinderstimmen und ein Wagen voller Eis – nach den langen Regentagen kann Eiswagenfahrer Tunay Aytas endlich wieder losfahren. Mit gerade einmal 19 Grad ist es an diesem Tag, an dem wir die Rundfahrt machen, eigentlich noch fast etwas zu kalt. Aber den Kindern, die an den Eiswagen herantreten, ist das egal, nur bei Erwachsenen läuft der Verkauf noch nicht so gut.

Ein hauch von Sommer

Als erstes geht es zum Käthe-Kollwitz-Berufskolleg. Eine kleine Gruppe von Schülern steht schon vor dem Gebäude, aber noch reagiert keiner auf das schrille Klingeln des Eiswagens. Tunay Aytas überlegt, zur nächsten Schule zu fahren. Aber dann kommen nach und nach einzelne Schüler für eine Kugel Eis vorbei. Langsam bildet sich eine kleine Schlange. Blauer Engel, Vanille, Schokolade – Tunay Aytas zieht seine Eiszange durch die cremige Masse. Ein Hauch von Sommer.

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Seit Corona verkauft Tunay Aytas nicht mehr so viel Eis wie zuvor. „Es ist alles teurer geworden“, erklärt er, warum auch er die Preise anheben musste. Klar, wir alle erinnern uns doch gut, dass eine Kugel Eis mal 50 Cent gekostet hat. Jetzt kostet sie mehr als einen Euro. Mit dem Klimperrest aus der Hosentasche kriegt man es oft nicht mehr bezahlt. Auch Tunay Aytas erinnert sich noch an vergangene Zeiten: „Früher war es besser, da gab es eine Kugel für 60 Pfennig“. Er bedauert die nötige Preissteigerung: „Darum können die Kinder nicht so viel Eis kaufen“. Fast alle Kinder, die in dieser Stunde vorbeikommen, kaufen deshalb auch nur eine Kugel Eis. Weniger ist mehr.

Das Wetter macht ihm zu schaffen

Aber auch das Wetter der letzten Wochen macht Tunay Aytas zu schaffen: „Dieses Jahr ist total schlecht“, gibt er zu. Trotzdem ist er froh, in dem Eiswagen unterwegs sein zu können. „Wenn es regnet, gehe ich nach Hause, aber die Eisdiele muss immer aufbleiben“, erklärt er. Außerdem kann er seinen Platz einfach wechseln, wenn gerade nicht so viel los ist. Daher möchte er seinen Job auch nicht missen: „Ich habe Spaß, sehr viel Spaß“, berichtet er.

 Auf dem Foto sind die Schüler Vandeoli (17), Eileen (17) und Franka (17) (von links nach rechts) von dem Käthe-Kollwitz- Berufskolleg zu sehen. Sie genehmigen sich ein Eis.
Auf dem Foto sind die Schüler Vandeoli (17), Eileen (17) und Franka (17) (von links nach rechts) von dem Käthe-Kollwitz- Berufskolleg zu sehen. Sie genehmigen sich ein Eis. © WP | Antonia Flieder

Vor dem Berufskolleg löst sich die Schlange wieder auf, die Jugendlichen müssen wieder in den Unterricht. Und Tunay Aytas hat es auf einmal sehr eilig: „Muss schnell weiter gehen“. Denn auch das Albrecht-Dürer-Gymnasium hat gerade Pause. Auf dem Weg kauft er noch Bananen ein. Später wird er damit den Eisbecher „Banansplit“ kreieren. Mit frischen Früchten schmeckt es immer besser.

Er spielt mit dem Eis

Auch am Gymnasium kommen einige Kinder angelaufen. Besonders die Jüngeren können es kaum erwarten, ihr Eis zu bekommen. Und die Auswahl der Sorten ist natürlich immer eine wichtige Angelegenheit. Die meisten entscheiden sich letztlich für klassische Sorten wie Erdbeere oder Schokolade. Aber auch so exotische Sorten wie „Regenbogen“ werden von den Mutigeren gerne genommen. Mit den Kindern, seiner Hauptkundschaft, kann Tunay Aytas gut umgehen. Er spielt mit dem Eis, lässt es fast fallen und reicht es dann dem leicht erschrockenen Kind vor dem Wagen.

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Kein Wunder: Er fährt schon seit 2010 mit dem Eiswagen herum. Da lernt man schon so ein paar kleine Tricks. Tunay Aytas ist eigentlich fast durch Zufall zu seinem Beruf gekommen. In Zeiten der Arbeitslosigkeit hat er einen Freund mit Eisladen gefragt. „Dann bin ich erstmal mit seinem Eiswagen gefahren“, erzählt er. Mittlerweile ist er Inhaber der „Domanici Eismanufaktur“, einem kleinen Betrieb mit drei Mitarbeitern. Alle kommen sie aus unterschiedlichen Ländern: Syrien, Türkei und Afghanistan. „Wir machen das Eis selber und verkaufen es“, erklärt er. Verkauft wird das Eis nicht nur aus dem Wagen heraus, sondern auch an Eisdielen. Eine eigene Eisdiele besitzt er jedoch nicht: „Eiswagenfahren ist schöner für mich, da kannst du Pause machen, wann du willst“, beschreibt er, warum er seinen Job im Eiswagen besonders gerne macht.

Die Kinder sind glücklich

Am Gymnasium kommt kurz vor Pausenende noch ein Kind angelaufen. Das erste Eis ist bereits aufgegessen und für die nächste Unterrichtsstunde wird noch eine Stärkung gebraucht. Das Kind geht glücklich mit seiner zweiten Kugel Eis wieder zur Schule zurück.

Dann endet die Pause und Tunay Aytas fährt weiter. Zunächst zu einem KFZ-Geschäft und zu einer Hobby-Werkstatt. Hier kauft nur eine Person ein Eis. Keine große Ausbeute, aber viel mehr hat Tunay Aytas auch nicht erwartet. Es sind kurze Stopps. „Eine halbe Stunde ist frei, keine Schule, keine Fabrik, dann suche ich immer. Einmal da, einmal da“, erzählt er. Die Pause nutzt er, um Eis an einzelne Stammkunden zu liefern. Später will er noch zu einer Fabrik fahren, abends geht es zu Spielplätzen und Wohnsiedlungen in Haspe und Volmarstein. Hin und wieder wird er auch in eine bestimmte Straße bestellt, wo besonders viele Kinder auf eine leckere Erfrischung warten.