Boele. Es ist ein bemerkenswertes Interview, dass die Loßröcke der Redaktion vor ihrem Sommerfest geben. Es geht um gewaltige Veränderungen.

Von Freitag bis Sonntag (4. bis 6. August) findet wieder das große Sommerfest der Loßröcke auf der Loßrockwiese an der Malmkestraße statt. Der traditionsreiche Brauchtumverein erlebt bedeutende Veränderungen und setzt sich stark mit gesellschaftlichen Entwicklungen auseinander. Ein Gespräch mit Präsident Thomas Sieker und Vorstandsmitglied Bastian Thimm.

Erstmals gibt es einen Familientag. Das ist neu. Warum ist es wichtig, das so hervorzuheben?

Thomas Sieker: Wir erleben einen Wandel. Mal ganz platt gesagt: Vor vielleicht 15 Jahren haben die, die mit anpacken, noch extra freigenommen. Und auch die, die nur zum Feiern gekommen sind, haben sich Urlaub genommen. Montags, manchmal noch dienstags. Es war normal, dass man die Kinder abgab bei den Großeltern und dann zum Sommerfest ging. Das hat sich total verändert. Die Arbeitszeiten und die Familien und die Männer haben sich verändert. Das sieht man an den Jüngeren, die in den Vorstand nachgerückt sind. Verein und Familie, das wird miteinander vereinbart. Viele können die Kinder nicht mehr abgeben.

Bastian Thimm: Und sie wollen es auch nicht. Ich gehöre zu diesen jüngeren Vätern. Wir wollen die Kinder dabeihaben, sie in das Vereinsleben integrieren. Zu den klassischen Dienstagsrunden werden jetzt auch die Kinder mitgebracht. Das funktioniert auch und macht Spaß. Aber es sorgt innerhalb eines so traditionsreichen Vereins natürlich auch für sehr unterschiedliche Meinungen.

Sommerfest-Aufbau ist Teamarbeit. Aktuell wird an der Loßrockhalle noch viel gearbeitet.
Sommerfest-Aufbau ist Teamarbeit. Aktuell wird an der Loßrockhalle noch viel gearbeitet. © WP | Michael Kleinrensing

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Wie ist das gemeint?

Thomas Sieker: Die Pandemie hat dem Vereinsleben insgesamt ja schon nicht gut getan. Bis heute gibt es bei den älteren Mitgliedern teilweise noch Zurückhaltung, was den persönlichen Kontakt betrifft. Zum anderen haben diese verdienten Mitglieder die Tradition der gemeinsamen Nachmittage und Abende eben so erlernt, dass die Männer unter sich waren. Da prallen dann schon mal Ansichten aufeinander. Aber wir kommen immer wieder zusammen. Man muss als Verein auch anerkennen, dass der Mann sich verändert hat.
Bastian Thimm: Dem ganzen Verein ist sehr klar, wie wichtig die Kinder sind. Genau deswegen wird der Sommerfest-Sonntag auch der Familientag sein. Mit besonderen Angeboten für Kinder und Familien und mit gesenkten Preisen für Softgetränke (außer Cola), um auch den Familien einen Sommerfesttag ermöglichen zu können, bei denen die Geldbörse nun mal nicht so voll ist.

Müsste man nicht auch so weit gehen, die Loßröcke – was die Mitgliedschaft angeht - für Frauen zu öffnen? Traditionell ist dies ein Männerverein.

Thomas Sieker: Weil wir in alle Richtungen denken, haben wir auch darüber diskutiert. Wir wissen ja, was die Stunde geschlagen hat und dass alle Vereine in der Zukunft Probleme kriegen werden, Mitglieder zu gewinnen. Es gibt viele Gleichstellungsinitativen, das kriegen wir doch mit. Ich muss aber auch sagen, dass die Diskussionen in den Versammlungen unter Männern meist einfacher sind, aber auch der Ton mal etwas rauer ist, was einfach mit Mädels nicht so wäre. Und auch das genießen die Jungs gerne mal.
Bastian Thimm: Ohne unsere Frauen würde vieles doch gar nicht funktionieren und da sind wir auch stolz drauf. Das Sommerfest ist doch das beste Beispiel. Sie helfen wie verrückt und unterstützen den Verein. Und sie halten vielen Männern in der Karnevalszeit den Rücken frei, um uns ein aktives Mitarbeiten zu ermöglichen. Viele dieser Frauen sagen neben diesen Festen und Aktionen aber auch: bleibt mal schön unter euch. Auch hier verändert sich die Zeit und wir werden darüber diskutieren müssen, wie man damit umgehen kann.

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Sie bleiben dabei und richten das Sommerfest wieder von Freitag bis Sonntag statt wie jahrzehntelang von Samstag bis Montag aus.

Bastian Thimm: Ja, auch wenn einige Mitglieder bei der Abstimmung dagegen waren, das Alleinstellungsmerkmal „Sommerfest auf einem Montag“ abzuschaffen. Und das letzte Jahr gibt uns Recht, der Freitag mit Tauziehen war ein voller Erfolg.

Wie groß ist der Verein aktuell in seinem 75. Jahr?

Thomas Sieker: Wir haben 104 Mitglieder.

Klingt wenig für die Anzahl an Menschen, die bei den traditionellen Veranstaltungen bewegt wird?

Thomas Sieker: Die Loßröcke waren nie viel größer. Den Kern im Verein bildete immer ein kleiner eingeschworener Haufen. Die Anzahl der Leute, die sich mit ihnen verbunden fühlen, ist natürlich um ein Vielfaches höher. Das sehen wir ja bei unseren Veranstaltungen wie dem Martinszug, dem Karnevalszug oder dem Osterfeuer zuletzt, wo der Zuspruch irre hoch war. Das wird, bei allem Wandel, auch weiter eine unserer wichtigsten Aufgaben bleiben. Nach Boele und in die Gemeinschaft hineinzuwirken.

Das Sommerfest-Programm der Loßröcke im Überblick

Das Sommerfest beginnt am Freitag um 17 Uhr. Um 19 Uhr findet das Tauziehen der befreundeten Vereine statt. Um 20.30 Uhr gibt es Live-Musik im Festzelt mit den „Substitutes“

Am Samstag beginnt ab 16 Uhr das traditionsreiche Ochsenbraten vom Spieß nach alter Boeler Art. Ab 20.30 Uhr wieder Live-Musik im Zelt mit „Socialclub“.

Sonntag ist Familientag mit reduzierten Preisen.. Zunächst Früschoppen ab 11.30 Uhr mit der Feuerwehrkapelle Ennepetal. Um 14.30 Uhr Kaffe und Kuchen, ab 15 Uhr Besuch der Freiwiliigen Feuerwehr-Boele, des THW und der Polizei. Ab 18 Uhr Ziehung der Tombola.

Traditionell gibt es beim Sommerfest der Boeler Loßröcke Ochsenbraten nach Boeler Art.
Traditionell gibt es beim Sommerfest der Boeler Loßröcke Ochsenbraten nach Boeler Art. © Michael Kleinrensing