Selten war die Kirmes in Hagen-Haspe so überschaubar: Kommentator Martin Weiske schaut auf die Perspektiven des Volksfestes.
Eines hat das diesjährige Kirmes-Wochenende gnadenlos aufgezeigt: Es reicht nicht mehr aus, filigran an irgendwelchen Stellschrauben Feinjustierung zu betreiben oder einen sanften Häutungsprozess einzufädeln – das Hasper Brauchtum braucht einen klaren Schnitt und eine vollkommene Neuausrichtung, wenn das Volksfest bewahrt werden soll. „Wenn ein Gaul totgeritten ist, dann muss man irgendwann auch einmal absteigen.“ Dieser Satz wurde – von Funktionsträgern, Symbolfiguren und Besuchern – am Wochenende gleichermaßen immer wieder bemüht, allerdings stets hinter vorgehaltener Hand.
Eine Kirmes mit ein paar Fahrgeschäften, Tinnef-Buden und ausgeprägter Fett-Zucker-Pappbrot-Kulinarik hat kaum eine Zukunft. Zumal die Preise eines Kirmesabends inzwischen Dimensionen erreicht haben, für die sich locker ein Billigflug nach Malle zum Ballermann ergattern lässt. Zudem deckt sich an vielen Stellen das spezielle Warenangebot augenscheinlich nur sehr begrenzt mit dem Konsumbedarf der Besucher. Wer hängt sich heute noch als Liebesbeweis ein „Schnuckiputz“-Lebkuchenherz um den Hals?
Brauchtum mit Niveau-Problemen
Das Publikum ist anders. Je später der Abend, desto mehr Möchtegern-Halbstarke und Poser erobern den Festplatz, die einen Wolkenschieber vermutlich eher für das Mitglied einer himmlischen Schlepperbande halten. Auf engstem Raum begegnet man viel zu häufig Gestalten, bei denen man körperliche Nähe nicht unbedingt als Bereicherung des persönlichen Lebensumfeldes empfindet. Wahrheiten, die weder die Festplatz-Illumination noch das Höhenfeuerwerk vom Premierenabend überstrahlen können. Hier hat die Brauchtumskultur ein ganz erhebliches Niveau-Problem.
Der Hasper Heimat- und Brauchtum-Verein steht im Vorstand vor einem Generationenwechsel. Dieser muss genutzt werden, um nicht bloß neue Köpfe zu präsentieren, sondern vor allem konzeptionell die Idee der Brauchtumspflege auf völlig neue Füße zu stellen. Dass es weiterhin ein Publikum für gehaltvolle Volksfest-Angebote gibt, haben die „Hasper Lichter“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die gehaltvolle Kulinarik garniert mit zeitgemäßer Kultur führte seinerzeit auch die Pohlbürger von den Höhen am Kreisel wieder zusammen. Und genau die sind es, die letztlich seit Generationen das geprägt haben, was heute noch ihre Heimat ist: Haspe.