Berchum. Eine lange Geschichte geht zu Ende: Die Sterbekasse Berchum soll aufgelöst werden. Sie wurde einst gegründet, um Beerdigungskosten zu decken.
Sie gehört zu den ältesten Vereinen in Hohenlimburg und Umgebung: die Sterbekasse Berchum und Umgebung. Irgendwann in den 1880er Jahren wurde sie gegründet, das genaue Jahr kennt niemand so genau.
Und bald ist ja auch Schluss mit der langen Historie: Auf einer außerordentlichen Jahreshauptversammlung haben die Mitglieder am Dienstag beschlossen, dass die Sterbekasse und ihre Bestände auf die VNV (Vereinigte Nachbarschaften Versicherungen) aus Bochum übertragen werden. „Das heißt nichts anderes, als dass unsere Sterbekasse aufhört zu existieren und in der VNV aufgeht“, erläutert Vorsitzender Hans-Martin Meffert (66), ehedem Privatkundenberater bei der Volksbank Hohenlimburg.
Der Grund für den bevorstehenden Beschluss ist ökonomischer Natur: Auf der einen Seite sind die Kosten für Verwaltung, insbesondere EDV-Lizenzen und Wartung, Kontenführung etc. enorm gestiegen, doch andererseits kann eine Sterbekasse am Markt kaum noch Gewinne erwirtschaften. Denn was einer Sterbekasse erlaubt ist, vor allem wo und wie viel Geld sie anlegen darf, ist heutzutage stark reglementiert. „Wir dürfen quasi nicht mehr in Aktien investieren“, berichtet Meffert. Auch Fremd- oder Währungsanleihen sind nicht gestattet.
Kaum Erträge in Niedrig-Zinsphase
Außerdem dürfen höchstens 15 Prozent des Vermögens der Gesamtgemeinschaft Gewinn bringend in Anlagen eines Emittenten angelegt werden. „Unter diesen Umständen können wir kaum noch Gewinne erwirtschaften.“ Von der zurückliegenden Niedrig-Zinsphase wurde die kleine Berchumer Sterbekasse besonders hart getroffen.
Deshalb will die Sterbekasse, der noch 440 Versicherte angehören und die über ein Bruttovermögen von rund 300.000 Euro verfügt, nun mit der größeren, leistungsstärkeren Sterbekasse aus Bochum fusionieren. Helmut Vogel, Vorstandsvorsitzender der VNV, nahm an der Versammlung teil und stand den Mitgliedern zur Klärung offener Fragen zur Verfügung. Die Versicherungsdaten der Berchumer werden im Laufe des bevorstehenden Verfahrens an die VNV übertragen.
Die Sterbekasse Berchum ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Gegründet wurde sie im 19. Jahrhundert, weil Beerdigungen schon damals waren, was sie bis heute sind: teuer. Damit die Leute sich eine würdige Bestattung leisten konnten, taten sie sich vielerorts zusammen und gründeten Sterbekassen. Starb ein Angehöriger, übernahm die Sterbekasse die Kosten. „Im Grunde sind Sterbekassen nichts anderes als Lebensversicherer, die im Todesfall das Sterbegeld an die Erben oder den Bestatter auszahlen“, erklärt Meffert.
Rückgang der Mitgliederzahlen
Doch neben der immer stärkeren Reglementierung der Sterbekassen durch die Versicherungsaufsicht in Arnsberg, die beispielsweise alle fünf Jahre ein versicherungsmathematisches Gutachten verlangt, macht den Berchumern auch der Mitgliederschwund zu schaffen.
Während es früher nicht unüblich war, dass schon Neugeborene in die Sterbekassen aufgenommen wurden und dort bis an ihr Lebensende blieben, sind heute kaum noch junge Leute zum Beitritt zu bewegen. Dabei gilt: Je länger man Mitglied ist, desto höher fallen die Versicherungssumme und der Gewinnanteil aus – auch wenn sich darüber in erster Linie die Hinterbliebenen freuen dürfen.
Komplizierter Übertragungsprozess
Die grundsätzliche Bereitschaft zum Übertrag an die VNV haben die Mitglieder der Sterbekasse Berchum bereits auf einer zurückliegenden, ordentlichen Jahreshauptversammlung getroffen. Den am Dienstag von 14 anwesenden Mitgliedern bestätigten Zusammenschluss mit der VNV muss die Aufsichtsbehörde in Arnsberg genehmigen. Sobald das geschehen ist, kann eine weitere außerordentliche Versammlung einberufen werden, die den Übertragungsvertrag endgültig beschließt. Kann der Zeitplan eingehalten werden, würde die Sterbekasse Berchum rückwirkend zum 1. Januar 2023 in der VNV aufgehen.
„Im Sinne unseres Dorfes ist das natürlich eine traurige Entwicklung, wir Berchumer geben etwas auf“, sagt Meffert. Aber mit Blick auf die Sorgfaltspflicht, die ihm und seinen beiden Vorstandskollegen obliege, und angesichts der Tatsache, dass sich kaum noch Erträge erwirtschaften ließen, die Kosten aber davonliefen, sei er froh, bald einer größeren, stärkeren Vereinigung anzugehören.