Hagen. Auf einer Veranstaltung in Hagen erfahren die Bürger Neues über den geplanten Rewe-Supermarkt auf Emst und warum 38 Bäume gefällt werden sollen.
Kein leichtes Unterfangen: Zwei Meinungen treffen bei der Bürgeranhörung in der Aula der Grundschule Boloh aufeinander. Die eine Gruppe – größtenteils Emster Bürger – kann die geplante Eröffnung des großen, zeitgemäßen Supermarktes an der Haßleyer Straße kaum erwarten. Eine andere, kleinere Gruppe – Anwohner, die in direkter Nähe des geplanten Neubaus wohnen – sprechen sich vehement gegen die Realisierung aus.
Wertminderung der Immobilien in der Nähe befürchtet
Sie befürchten eine Wertminderung ihrer Immobilien, die sich nur wenige Meter entfernt von dem geplanten Markt befinden. Außerdem wollen sie ihren freien Blick ins Grüne nicht missen und fürchten eine Belästigung durch mehr Verkehr und Lärm. Dass für das Bauvorhaben 38 gesunde Bäume entlang der Haßleyer Straße gefällt werden müssen, löst allerdings bei allen Anwesenden Entsetzen aus.
Die Stadt Hagen ist an einer einvernehmlichen Lösung mit den Bürgern interessiert, schließlich würden mögliche Klagen das Bauprojekt vielleicht um Jahre ausbremsen.
Früherer Bolzplatz soll bebaut werden
Apropos Jahre: 2015 (also vor acht Jahren) beschloss die Stadt, dass im Stadtteil Emst eine bessere Grundversorgung durch die Erweiterung des bisherigen Rewe/Kaufparks an der Gerhart-Hauptmann-Straße geschaffen werden soll und stellte daher für eine „qualitativ hochwertige Bebauung“ ein städtisches Grundstück zur Verfügung – die große Freifläche gegenüber der neuen Feuerwache an der Haßleyer Straße (dort befand sich vor Jahren ein Bolzplatz).
Ein sehr exponierter Standort
Es gab einen Investorenwettbewerb, den Rewe mit dem beauftragten Architekturbüro Rocho gewann. Ferner holte Rewe das Stadtplanungsbüro Wolters-Partner aus Coesfeld ins Boot, das das Bauvorhaben für Rewe planerisch begleitet. „Wir sprechen hier von einem sehr exponierten Standort, und wir wollen die Eingriffe so verträglich wie möglich gestalten“, versichern Architekt Alexander Rocho und Stadtplaner Carsten Lang (Wolters-Partner) mit einer Stimme.
Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit
„Die Verwaltung hat zu dieser Bürgeranhörung eingeladen, um eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit sicher zu stellen“, unterstrich Dr. Christoph Diepes, Leiter des Fachbereichs Stadtentwicklung, -planung und Bauordnung der Stadt Hagen. Er erinnerte daran, dass für das Bauvorhaben eine Teiländerung des Flächennutzungsplans erforderlich sei und besagtes Grundstück in eine Sonderbaufläche für den Einzelhandel umgewidmet werden müsse.
„Zwischen Rewe und der Stadt Hagen wird ein verbindlicher Durchführungsvertrag geschlossen. Was hier vorgestellt und besprochen wird, ist keine Show, sondern wird Realität“, unterstrich Planer Carsten Lang.
Der Neubau – es wird von einer neunmonatigen Bauzeit ausgegangen – soll sichelförmig mit begrüntem Dach errichtet werden. Architekt Alexander Rocho spricht von einem „Rücken“ und von einer „Verlängerung der Natur auf dem Dach“.
Wie die Begrünung konkret ausfallen soll, stehe derzeit noch nicht genau fest, „auf jeden Fall hat Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert und das Dach eine Holzkonstruktion“, so Rocho.
Drei Meter lange Schallschutzwand soll errichtet werden
Der neue Baukörper wird eine maximal Höhe von 7,50 Meter haben und es wird eine drei Meter lange Schallschutzwand am westlichen Rand des Gebäudekomplexes errichtet, die die Wohnbebauung abgrenzt.
In puncto Lärm versichert Planer Carsten Lang, dass ein durchgeführtes Lärmschutzgutachten Ergebnisse liefere, die besagen, dass tagsüber sowie nachts die erlaubten Werte unterschritten würden. Überprüft wurden u.a. Kundenfahrzeuge- und Anlieferungsbewegungen, außerdem durch Einkaufswagen verursachter Lärm.
Und wie sieht es mit dem künftigen Verkehrsaufkommen an der Karl-Ernst-Osthaus-Straße sowie der Haßleyer Straße aus? Carsten Lang geht von 1000 zusätzlichen Kundenfahrzeugen sowie von neun Güter-/Lieferverkehrfahrzeugen pro Tag aus.
9000 Quadratmeter großes Grundstück
Das von Rewe künftig genutzte Grundstück ist 9000 Quadratmeter groß, es werden 87 Parkplätze sowie ausreichend Fahrradabstellplätze eingerichtet, die Verkaufsfläche des modernen Supermarktes soll 1280 Quadratmeter groß sein, eine Bäckerei mit einem Café-Bereich werden integriert. Außerdem möchte sich in dem Gebäude ein Drogeriemarkt auf 660 Quadratmetern ansiedeln.
38 Bäume sollen gefällt werden
Für die 38 Bäume, die, so Stadtplaner Lang, gefällt werden müssten, um eine Anfahrt für Kunden sowie Lieferfahrzeuge zu ermöglichen, soll eine Ersatzbepflanzung in der näheren Umgebung erfolgen, „jeder Baum wird eins zu eins ersetzt“.
Integrierte Lage ist wichtig
Auf die Frage eines Anwohners, warum der Supermarkt nicht weiter entfernt von der Wohnbebauung (also weiter in Richtung Haßley), geplant würde, antwortet Architekt Rocho: „Gerade die integrierte Lage ist ganz wichtig. Auch der neue Supermarkt soll fußläufig zu erreichen sein, die Nahversorgung sichern und nicht auf die grüne Wiese verfrachtet werden.“
Ein älterer Herr, der sich während der Bürgeranhörung mehrfach lautstark gegen das Bauprojekt aussprach, zeigte sich nach der Veranstaltung „zahmer“: „Ich wohne zwar in der Max-Planck-Straße, bin aber kein Hausbesitzer, sondern nur Mieter. Gerichtlich klagen werde ich gegen die Pläne nicht, aber ich kann meinen Unmut hier ja zum Ausdruck bringen.“
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Die Verwaltung möchte den Bebauungsplan Anfang 2024 öffentlich auslegen, Mitte 2024 soll Planungsrecht bestehen.
Ob von einer Eröffnung des Supermarktes in 2026 ausgegangen werden kann, sei schwer zu sagen, „zu eventuellen Klagen oder Unwägbarkeiten können wir derzeit noch nichts sagen“.
Gespräche über eine Nachnutzung des bisherigen Kaufpark/Rewe-Marktes sowie des Vorplatzes würden mit der entsprechenden Eigentümergemeinschaft geführt, versichert Fachbereichsleiter Dr. Christoph Diepes. Eine Ruine solle auf Emst keinesfalls entstehen.