Elsey. Ein Ehepaar aus Elsey findet immer wieder Flecken auf Wintergarten und Fenstersims. Sie vermuten: Die Flecken stammen aus Flugzeug-Toiletten:
Der Himmel über Elsey ist an diesem Tag so klar, dass Angelika und Franz-Peter Brandes von ihrem Wintergarten aus die Flugzeuge in luftiger Höhe fliegen sehen. Argwöhnisch betrachten sie dieses Schauspiel, seit ihnen braune Sprenkel auf dem frisch geputzten Fensterglas aufgefallen sind. Diese Sprenkel kämen immer wieder, manchmal über Nacht, berichtet Angelika Brandes. Und sie und ihr Mann glauben, die Flugzeuge könnten etwas damit zutun haben.
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Wintergarten schwer zu reinigen
Mit ihrem Gatten lebt sie seit vier Jahrzehnten auf einer Anhöhe in Elsey, über ihnen erstreckt sich die Flugschneise zum Flughafen Dortmund. Das Haus liegt idyllisch, vom Wintergarten aus bietet sich ein Panorama-Blick vom Glockenturm der Elseyer Kirche bis ins Lennetal. Diesen klaren Blick durch das Fensterglas zu bekommen, ist aufwendig, der Wintergarten am Hang nur schwer von außen zu reinigen. Umso mehr ärgern Angelika Brandes die braunen Flecken, die immer wieder auf dem Glas landen. „Einmal wurden die Fenster gereinigt, und am nächsten Morgen war wieder alles voll.“
Fensterputzer hat Verdacht
Die Hinterlassenschaft von Vögeln? Dafür seien die Flecken zu braun. Pollen? Dafür kämen die Flecken zu regelmäßig über das ganze Jahr. Abwurf von Bäumen? Die sind nicht in direkter Nähe. Doch was ist das, was sich da immer wieder auf dem Glas breit macht und auch auf Fenstersims, Wäsche und dem schneeweißen Auto des Paares zu sehen ist? Ein Fensterputzer habe mal zu ihr gesagt, diese braunen Sprenkel kämen bestimmt von den Flugzeugen über ihren Köpfen. Genauer gesagt: von deren Abwässern. Bestärkt werden sie von einem Fall aus Baden-Württemberg. Dort beklagt eine Dame ebenfalls unschöne Tropfen auf Fenster und Gartenmöbel, berichten die Badischen Neuen Nachrichten im Sommer 2022. Demnach wohnt sie im Bereich der Flugschneise Richtung Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden und behauptet, die hässlichen Flecken seien Fäkalspuren von Flugzeugtoiletten.
Wo kommen diese Flecken her?
Diese Antwort erscheint dem Ehepaar Brandes auch für ihre Erfahrungen naheliegend. Schließlich beobachten sie die seltsamen Sprenkel schon lange, allerdings nicht während der Pandemie, als kaum Flieger am Himmel waren. „Manchmal fliegen die Flugzeuge extrem tief, da sitzen wir im Garten und können den Passagieren fast zuwinken“, sagt Brandes. Ihr gehe es nicht um Schuld, Schadenersatz oder Entschädigung. Aber sie legen Wert auf Sauberkeit im eigenen Haus – und wollen endlich wissen, wo diese Flecken herkommen. „Ich putze viel, aber langsam habe ich die Faxen dicke. Wir wollen, dass es aufhört.“
Sie steht in ihrem Wintergarten, blickt auf den klaren blauen Himmel. Ein Flugzeug zieht durch das Sichtfeld, trotz knapp drei Kilometern Höhe (zirka 9.000 Fuß laut Flugradar-App) sind die Farben von Wizz Air gut zu erkennen. Der Airbus ist in Dortmund gestartet und auf dem Weg nach Bukarest. Leeren Flieger wie dieser ihre Tanks im Flug, um Kosten und Gewicht zu sparen?
Airline weist Verdacht zurück
„Das ist ein großer Mythos und strengstens verboten“, betont Valeria Bragarenco, Sprecherin von Wizz Air, auf Anfrage. Ihre Flugzeuge leeren Abwasser und Fäkalien-Tanks im Flug nicht, ebenso wie die Flugzeuge anderer Airlines. „Flugzeuge haben einen ausreichenden Abwassertank, um eine Reise von mehr als 16 Stunden zu überstehen“, so Bragarenco weiter. „Die Tanks werden am Flughafen in Abwasserentsorgungsanlagen entleert.“
Ähnliche Töne vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Man habe in der Vergangenheit bereits Anfragen in diese Richtung gehabt, sagt Sprecherin Kerstin Weber. Doch es gebe hier feste Abläufe und Flughäfen seien verpflichtet, entsprechendes Personal für die Reinigung der Flugzeuge zur Verfügung zu stellen. Zudem würden leere Toiletten-Tanks im Flug kaum Kosten einsparen. „Der Effekt wäre so minimal, dass es nicht ins Gewicht fällt. Dann lieber ein paar Koffer weniger mitnehmen.“
Ablassen von Kerosin
Wenn überhaupt, werde im Flug nur Kerosin abgelassen – und auch das nur in äußersten Notsituationen, sagt Weber. Zum Beispiel, wenn ein Passagier kurz nach dem Start einen Herzinfarkt bekommt oder es Probleme mit der Flugtechnik gibt. Hier könne ein leerer Tank die Landung sicherer machen, weil der Flieger leichter wird und schneller zum Flughafen zurückkommt. Bei einem technischen Defekt verringert sich so auch die Explosionsgefahr bei der Landung. Direkt im Bereich der Flughäfen lasse der Flieger aber selbst dann nicht Kerosin ab, sondern werde von der Flugsicherung in sichere Gebiete und Höhen geschickt. Nach Ablassen zerstäube der Treibstoff in der Atmosphäre und lande nicht am Boden.
So bleibt die Herkunft der braunen Flecken für Angelika Brandes und Ehemann Franz-Peter weiter unklar. Gleiches galt übrigens für den Fall aus Baden-Württemberg.
Eine Anfrage zu diesem Thema an die Fluggesellschaft Eurowings, die ebenfalls den Flughafen Dortmund ansteuert, blieb bis gestern unbeantwortet. Der Flughafen Dortmund verwies auf Anfrage zu dem Thema an die Airlines.
Ablassen von Stoffen verboten
Die deutsche Luftverkehrs-Ordnung verbietet in Paragraf 13 das Abwerfen oder Ablassen von Gegenständen oder sonstigen Stoffen von Gegenständen. Die örtlich zuständige Luftfahrtbehörde des Landes könne Ausnahmen von dem Verbot zulassen, wenn eine Gefahr für Personen oder Sachen nicht besteht.
Das Abwerf- und Ablassverbot im Flugverkehr gelte nicht für Ballast in Form von Wasser oder feinem Sand, Treibstoffe, Schleppseile, Schleppbanner und ähnliche Gegenstände, sofern sie an Stellen abgeworfen oder abgelassen werden, an denen keine Gefahr für Personen oder Sachen besteht.