Hohenlimburg. OB und Wirtschaftsförderungschef sollen Fragen zu einem Papier beantworten, dass in Hagen und Hohenlimburg für Spaltung gesorgt hat.
Was als „Positionspapier“ herausgegeben worden war, entwickelte sich jüngst zu politischem Sprengstoff. Der Beirat der Hagener Wirtschaftsentwicklung, ein von der breiten Öffentlichkeit eher weniger gekanntes Gremium, blickte in besagtem Papier mit Sorge auf die Entwicklungen in der Hagener Innenstadt und riet auch mit Blick auf das längst verabschiedete, zwölf Millionen Euro umfassende Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK) in Hohenlimburg, „dass die Politik die Priorisierung im Rahmen des nun zugunsten der Innenstadt revidiert.“ Zweieinhalb Wochen später ist weder der Ärger verraucht noch konnten Irritationen beseitigt werden. Die SPD fordert politische Aufklärung. Und hinterfragt die Rolle des Beirates und seine Auftraggeber deutlich.
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In der Sitzung des Hauptausschusses der Stadt Hagen will die SPD rund um Fraktionschef Claus Rudel (Foto links) von Oberbürgermeister Erik O. Schulz und Wirtschaftsentwicklungschef Christopher Schmitt wissen, ob und wann der Beirat gebeten wurde, die Geschäftsführung bzw. den Aufsichtsrat zum Thema „zeitliche Verschiebung des INSEK von Hohenlimburg nach Hagen“ zu beraten. Außerdem wollen die Genossen wissen, ob Geschäftsführung oder Aufsichtsrat dem Beirat Vorgaben gemacht haben, die ihn zu einer öffentlichen Äußerung zum Thema INSEK legitimiert hätten.
Kaufhof-Schließung ein Warnsignal
Die Kaufhof-Schließung sei ein Warnsignal, man müsse sich dem Strukturwandel stellen und Akzente setzen, erklärte der Beirat in seinem Papier. „Nicht nur der immer stärker werdende Online-Handel macht der Innenstadt zu schaffen, auch Faktoren wie die Corona-Folgen, die Energiekrise, die Konsumflaute und die noch immer spürbaren Auswirkungen des Hochwassers erfordern ein engagiertes Handeln.“
Die Innenstadt, so der Beirat weiter, müsse nun sofort in den Fokus der Stadtentwicklung genommen werden. Das mit Städtebauförderungsmitteln ausgestattete INSEK biete dafür einen guten Rahmen. „Allerdings sind die Kapazitäten hierfür bis auf Weiteres in Hohenlimburg gebunden. Für die politische Entscheidung, das INSEK Hohenlimburg dem INSEK Innenstadt vorzuziehen, gab es seinerzeit gute Gründe. Aber wir haben jetzt eine Lage, in der das Hauptzentrum Innenstadt auch das Hauptaugenmerk der Stadtentwicklung benötigt“, so der Beirat. Und dann folgte der eingangs zitierte Satz mit dem Rat, die Priorisierung zu „revidieren“.
SPD hat viele Fragen
Oberbürgermeister Erik O. Schulz hatte Ende März auf Anfrage erklärt: „Die Verwaltung wird sich mit dem Vorschlag aus dem Kreise der im Beirat vertretenden Institutionen auseinandersetzen insbesondere, was die Zeitschiene betrifft und ob der gemachte Vorschlag umsetzbar ist.“ Auch von ihm will die SPD diese Aussage nun konkretisiert haben. Es erscheine der SPD-Fraktion „zwingend geboten, die Rolle des Beirates entsprechend der neuen Satzung der Hagen Wirtschaftsentwicklung GmbH noch einmal einzuordnen und die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat aufzufordern, die in der Satzung unter klar definierten Vorgaben auch zu kontrollieren und einzuhalten.
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Demnach habe der Beirat die Aufgabe, den Aufsichtsrat zu bestimmten „jeweils im Einzelfall konkret zu benennenden Aufgabenstellungen“ zu beraten. Außerdem „nach Maßgabe der Vorgaben von Aufsichtsrat und Geschäftsführung den Dialog und den Austausch zwischen Vertretern der örtlichen Wirtschaft und der Gesellschaft und deren Organen zu fördern.“
„Umwidmung“ sei kein Thema
Auf Anfrage der Redaktion erklärte Wirtschaftsförderungschef Christopher Schmitt (Foto rechts) Ende März zunächst: „Nach meinem Verständnis geht es dem Beirat darum, das INSEK Innenstadt zu beschleunigen. Dafür können verschiedene Möglichkeiten betrachtet werden, wie ein Umsteuern personeller Kapazitäten oder die Beauftragung Dritter. Eine Festlegung auf eine Umwidmung von Fördermitteln ist ihr ebenso wenig zu entnehmen wie die auf einen Abbruch des INSEK Hohenlimburg.“ Aktuell angesprochen auf die Fragen der SPD sagt er: „Die Sitzungen des Aufsichtsrats und des Beirats sind nicht öffentlich. Angaben zu etwaigen Vorgaben, Verläufen und Ergebnissen von Beratungen in den Sitzungen können daher nicht gemacht werden.“ Der Beirat habe überdies nichts „veröffentlicht“, sondern sich „mit seiner Anregung direkt und ausschließlich an die politischen Verantwortungsträger gewandt“, so Schmitt.
Beirat bleibt bei Haltung
Erstmals äußert sich nun auch der Beiratsvorsitzende Martin Schulte (Foto Mitte), seines Zeichens Vorstand der Sparkasse an Volme und Ruhr. Ende März war er für die Redaktion nicht zu erreichen gewesen und andere Mitglieder des hochrangig besetzten Gremiums verwiesen nur auf den Vorsitzenden. Martin Schulte nun: „Als ein aus Vertretern bedeutender Hagener Institutionen zusammengesetztes Gremium entspricht es den Aufgaben und dem Selbstverständnis des Beirats, zu wichtigen Fragen des Wirtschaftsstandortes mit den Vertretern der Kommunalpolitik in einen Dialog zu treten.“
Das Insolvenzverfahren rund um die Rathaus-Galerie unterstreiche den Handlungsbedarf, Maßnahmen für die Innenstadt einzuleiten. „Die vom Beirat angeregte Diskussion über eine Beschleunigung der Innenstadtentwicklung bzw. einen Start für das INSEK Innenstadt sollte jetzt geführt werden, und zwar sachlich und zielstrebig. Ich bin zuversichtlich, dass sich alle Beteiligten des Themas mit der gebotenen Lösungsorientierung annehmen werden“, so Martin Schulte.