Hagen. Im Schwurgericht Hagen werden die Häuser der Spielhallen-Familie versteigert, die durch Steuerhinterziehung für Aufsehen sorgte.
Mit manipulierten Geldspielgeräten hat Sami Söylemez (46) einen gerichtlich festgestellten Steuerschaden gut 20 Millionen Euro angerichtet. Die bunten Luxus-Sportwagen seiner Großfamilie sind längst versteigert, der Verurteilte selbst wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Am Freitag kamen nun auch die drei Reihenwohnhäuser aus Westerbauer, die ihm und einem Bruder gehören, unter den Hammer.
Mehrere Gläubiger, zuoberst die Volksbank Südwestfalen, die Stadtkasse Hagen und das Finanzamt wollen von dem einstigen Multimillionär und seinen Angehörigen noch Geld sehen. Deshalb standen die Immobilien mit Grundstücken und Garagen im Amtsgericht zur Zwangsversteigerung an.
Medieninteresse groß
Das Interesse an dem Termin, den man wegen des zu erwartenden Andrangs extra in den Schwurgerichtssaal in Hagen verlegt hatte, war von Seiten der Medien allerdings größer, als von den noch verbliebenen Hausbewohnern selbst: Von der betroffenen Großfamilie war niemand erschienen. Aus reiner Vorsichtsmaßnahme saßen aber vier Wachtmeister mit im Saal.
Neben neugierigen Guckern gab es bei dieser Versteigerung nur einen einzigen Kaufinteressenten und Bieter: Thomas Eusterwiemann (47) aus Sassenberg (bei Warendorf), der nach 30-minütiger Wartezeit für 500.000 Euro den Zuschlag für „das Gesamtpaket aus drei Reihenhäusern mit Grundstücken und Garagen“ (Verkehrswert: 890.000 Euro) erhielt.
Der „Immobilienverwerter“, wie er sich selber nennt, reist im Umkreis von 100 Kilometern von Amtsgericht zu Amtsgericht und ersteigert Gebäude, „um damit Geld zu verdienen“. Daraus macht er gar keinen Hehl und weist Vermutungen, dass er womöglich nur ein Strohmann der legendären Spielhallen-Familie sein könnte, brüskiert von sich. Das Objekt kenne er nur aus dem Internet. Von der kriminellen Vorgeschichte höre er jetzt zum ersten Mal.
Spektakuläre Razzia im September 2018
Die Bilder der spektakulären Razzia im September 2018 waren bundesweit zu sehen gewesen: Unvergessen der goldene Mercedes am Abschlepphaken. Elitepolizisten, die mit Maschinenpistolen einen Geldtransporter absichern. Und dann die riesigen Geldkisten, die aus den Reihenhäusern der Spielhallenbetreiber-Familie geschleppt werden: Allein fast fünf Millionen Euro in Münzen.
Sami Söylemez als Kopf des Casinokonzerns hatte sich innerhalb weniger Jahre ein millionenschweres Familien-Imperium von 16 Spielhallen in ganz NRW aufgebaut. Mal waren die beiden Brüder, mal die Schwester, mal der Schwager daran beteiligt.
Zum Großfamilien-Vermögen zählten neben mehreren Luxus-Limousinen (ein Ferrari für 230.000 Euro, ein Lamborghini für 328.000 und drei Mercedes der Kompakt-Klasse) auch Häuser und Grundstücke in Hagen, Gevelsberg und Langenfeld.
In die Türkei abgesetzt
Im Dezember 2019 wurde Hauptinitiator Sami Söylemez wegen Steuer-Hinterziehung in Höhe von knapp 20 Millionen Euro zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Daraufhin hat er sich in die Türkei abgesetzt. Dem Finanzamt schuldet er bis heute 1,75 Millionen Euro. Durch den Versteigerungserlös der drei Reihenhäuser sollte die Schadenssumme gemindert werden.
Der neue Reihenhaus-Besitzer Eusterwiemann hat sich mit den Häusern auch noch ein Problem ersteigert: In allen drei Objekten (jeweils 158, 209 und 181 Quadratmeter) wohnen die in Deutschland verbliebenen Angehörigen der Großfamilie: und zwar als Mieter, mit sehr geringen Mieten von etwa 500 Euro pro Haus, die sie noch nicht mal voll zahlen - denn sie machen schon jetzt Mietminderungen für defekte Warmwasser-Boiler geltend.
Kündigungen kann der neue Hausherr aber nicht aussprechen, denn Kauf bricht nicht Miete. Er wird sich mit den Mitgliedern der Großfamilie in den nächsten Jahren wohl arrangieren müssen.