Hagen. Bislang hat der Osthaus-Bund die Miete für das denkmalgeschützte Bruchsteinhaus in Hagen bezahlt. Warum jetzt die Stadt die Kosten tragen soll.

Die aus derbem Bruchstein gemauerten Häuser mit ihren Mansardendächern versprühen einen ganz besonderen Charme. Besonders in der Dunkelheit, wenn die Fenster beleuchtet sind, wirkt die Walddorf-Siedlung auf Emst heimelig und entführt in eine andere Zeit. Eines der Häuser aus dem aus insgesamt elf Objekten bestehenden Ensemble wird nicht als Wohnhaus genutzt, sondern kann nach Absprache besichtigt werden.

Das Haus Nr. 17 in der Walddorfstraße in Hagen-Emst ist das einzige Haus, das sich noch im Originalzustand befindet.
Das Haus Nr. 17 in der Walddorfstraße in Hagen-Emst ist das einzige Haus, das sich noch im Originalzustand befindet. © WP

Doch jetzt sollen die Karten rund um das Riemerschmid-Haus in der Walddorfstraße 17 neu gemischt werden. Es geht darum, wer künftig die Miete für das Objekt – ein Beispiel par excellence für das Leben der Arbeiterkultur um 1910 – trägt.

8500 Euro Miete pro Jahr

Bislang hat der Osthaus-Bund die ca. 8500 Euro Miete pro Jahr für die Stadt Hagen übernommen, in Zukunft soll, so ein Vorschlag der Fraktionen CDU, Bündnis 90/Die Grünen, Hagen Aktiv und der Ratsgruppe FDP, der jüngst im Kulturausschuss gestellt wurde, die Stadt Hagen die Kosten wieder selbst tragen.

Wolfgang Röspel (CDU) regte an, den Antrag zu erweitern: „Es sollte auch die Möglichkeit geprüft werden, ob die Stadt das Objekt, das ja nicht bewohnt ist, kaufen kann“, so Röspel. Sein Vorschlag wurde von den Ausschussmitgliedern einstimmig mitgetragen.

Eine echte Arbeitersiedlung

Zum Hintergrund: Der Architekt Richard Riemerschmid (1868 – 1957) entwarf 1906 die erste deutsche Gartenstadt in Dresden-Hellerau. Die Walddorf-Siedlung in Hagen, die er auf Betreiben des Kunstmäzens Karl Ernst Osthaus als Arbeitersiedlung für die Beschäftigten der Textilfabrik Elbers errichtete, nimmt zahlreiche Merkmale der Gartenstadt Hellerau auf.

Ursprünglich 87 Reihenhäuser geplant

Der ursprüngliche Bebauungsplan umfasste 87 Reihenhäuser mit dazugehörigen Gärten und Gemeinschaftseinrichtungen. Durch den Ersten Weltkrieg und die wirtschaftliche Not wurde nur die erste Reihe mit elf Häusern realisiert.

Riemerschmid legte bei den 50 Quadratmeter kleinen Wohnungen Wert auf einen funktionalen Grundriss und fortschrittliche hygienische Verhältnisse, indem er – für die damalige Zeit im Mietwohnungsbau nicht selbstverständlich – jeder Wohnung ein eignes Bad zuordnete. Charakteristisch für die Mini-Häuser sind die große Wohnküche und der Selbstversorgungsgarten mit Stall.

Denkmalschutz

Das Haus Nr. 17, als Riemerschmid-Haus bezeichnet, ist mit der ursprünglichen Wandgestaltung sowie Möbeln von Richard Riemerschmid ausgestattet. Die Reihenhaussiedlung Walddorfstraße (und somit auch das Haus Nr. 17) steht seit 1992 unter Denkmalschutz.

Die Sparkasse Hagen hatte in den 1990er-Jahren die Renovierung des Objektes bezahlt und die Miete für fünf Jahre übernommen, dann trug das Osthaus-Museum (also im Grunde die Stadt Hagen) die Mietkosten, seit 2010 haben die Mitglieder des Karl-Ernst-Osthaus-Bundes der Stadt die Finanzierung abgenommen.

Die Walddorf-Siedlung mit den Arbeiterhäuschen in Hagen-Emst versprüht einen besonderen Charme.
Die Walddorf-Siedlung mit den Arbeiterhäuschen in Hagen-Emst versprüht einen besonderen Charme. © Michael Kleinrensing

Und jetzt? Der Osthaus-Bund und die Henry-van-de-Velde-Gesellschaft streben eine Fusion an. „Beide gemeinnützigen Vereine sind bislang eigenständig, aber gerade in den letzten Jahren haben wir eng zusammen gearbeitet, was für eine Fusion spricht“, erklärt Rouven Lotz, Geschäftsführer der 1959 gegründeten Henry-van-de-Velde-Gesellschaft, der 50 Mitglieder angehören.

Verein fühlt sich überfordert

„Die Übernahme der Mietkosten war immer nur temporär vorgesehen. Unser kleiner Verein ist damit überfordert“, resümiert Eva Pieper-Rapp-Frick, Vorsitzende des Mitte der 1920er-Jahre gegründeten Karl-Ernst-Osthaus-Bundes, der etwa 350 Mitglieder zählt. Die Vorsitzende hofft, dass sich eine Lösung finden wird, „es handelt sich schließlich um das einzige Haus, das noch im Original besteht, es wurde nie renoviert“.

Die Stadt will nun zeitnah Kontakt zum Eigentümer des Arbeiterhäuschens aufnehmen. „Das Haus ist im Privatbesitz eines Hageners“, bestätigt Stadtsprecher Michael Kaub auf Nachfrage unserer Zeitung.

Das Osthaus-Museum lädt zu öffentlichen Führungen durch das Riemerschmid-Haus ein. Außerdem bieten der Osthaus-Bund und die Henry-van-de-Velde-Gesellschaft gegen eine Spende private Führungen an. Kontaktaufnahme unter Tel: 02331- 207-2740.