Hagen-Mitte. Raubüberfall auf einen Kiosk in Hagen: Der mit einem Messer bewaffnete Täter sieht sich jedoch einem Ehepaar gegenüber, das sich energisch wehrt.
Auf dem Video sind die aufgeregten Schreie von Evangelia Loi (61) zu hören. Immer lauter wird ihre Stimme. Sie ist gerade dabei, einen Räuber in die Flucht zu schlagen, der sie mit einem Messer bedroht und „Kasse auf“ ruft. Dann sucht er plötzlich, wie von der Tarantel gestochen, das Weite.
Evangelia Loi und ihr Mann Vaios Lois (70) sind ehrliche, hart arbeitende Leute. Vor allem aber sind sie mutig. Gemeinsam haben sie am Donnerstagabend den Räuber, der den Kiosk ihres Sohnes in der Arndtstraße in Hagen ausrauben wollte, verjagt. Sie mit einer Flasche Haselnuss-Sirup, er mit Pfefferspray. „Ich bin sehr stolz auf meine Eltern“, sagt Athanasios Lois.
Räuber steht plötzlich hinter der Theke
Es war ungefähr 19.10 Uhr, die Dunkelheit bereits hereingebrochen, als ein schwarz maskierter Mann den Kiosk betrat. Evangelia Loi stand hinter dem Verkaufstresen, ihr Mann saß, für den Räuber nicht zu sehen, auf einem Stuhl in der Ecke. Der Fremde bestellte polnische Zigaretten, doch als Evangelia Loi die Packung aus dem Regal nahm, kam er plötzlich um die Theke herum – mit einem Messer in der Hand.
Jetzt ging alles ganz schnell: Zuerst bedrohte der Räuber Vaios Lois und hielt ihm das Messer in die Seite. Doch der Rentner, der 1978 aus Griechenland nach Hagen ausgewandert war, rührte sich nicht vom Fleck und versperrte dem Täter den Weg zur Kasse. „Angst? Nein, ich hatte keine Angst, ich hatte ja meine dicke Jacke an“, berichtet Lois.
Griff nach der Sirupflasche
Der Räuber schubste ihn so fest zur Seite, dass er gegen die Auslagen flog. Dann näherte sich der Gauner der Frau und schrie: „Kasse auf, Kasse auf.“ Doch wie ihr Mann, so stellte sich nun Evangelia Loi dem Bewaffneten entgegen. Sie weigerte sich energisch, die Tageseinnahmen herauszurücken und griff stattdessen nach dem erstbesten Gegenstand, um sich zu wehren: einer Flasche Haselnuss-Sirup, die sie dem Gangster über den Kopf zu ziehen drohte.
Die Angst- und Wutschreie der Frau nahmen währenddessen an Intensität zu. Auch ihr Mann berappelte sich nun wieder und schnappte sich das Fläschchen mit Pfefferspray, das – für den Fall der Fälle – stets auf dem Tresen steht. Als der Räuber das bemerkte, bekam er es mit der Angst zu tun, hielt sich einen Arm vor die Augen und rannte aus dem Kiosk. „Dabei weiß ich nicht mal, wie man so eine Sprühflasche richtig bedient“, sagt Vaios Loi verschmitzt.
Der erste Überfall in fünf Jahren
Die Eheleute verfolgten den Täter noch bis zur Tür, ihre Schreie waren bis in die Nachbarschaft zu hören, wo ihr Sohn und seine Frau gerade die beiden Kinder zu Bett brachten. „Ich habe meine Schwiegermutter schreien hören und bin zum Fenster geeilt, da habe ich den Mann noch weglaufen sehen“, berichtet Sofia Kaipi.
Die Kriminalpolizei, die kurz darauf zur Stelle war, hat die Ermittlungen aufgenommen, der Kiosk wurde während der Spurensicherung geschlossen. Doch noch am späten Donnerstagabend öffnete Athanasios Lois wieder und verkaufte Süßigkeiten, Bier und Zigaretten: „Ich habe das Geschäft 2018 eröffnet, dies war der erste Überfall in fünf Jahren. Wir haben immer bis 22 Uhr geöffnet.“
Eltern springen öfter in Kiosk ein
Seine Eltern würden öfter als Aushilfe einspringen und ihn unterstützen, berichtet Lois: „Wir haben auch einen Alarmknopf, aber mein Vater hat in der Aufregung des Überfalls nicht daran gedacht, ihn zu betätigen.“
Er sitze öfter auf seinem Stuhl in der Ecke, während seine Mutter die Kunden bediene. Der Räuber habe wahrscheinlich draußen gelauert und auf einem günstigen Moment gewartet, in dem sich keine anderen Kunden im Geschäft befanden.
Und Evangelia Loi? Seine Mutter sei eine mutige Frau, sie werde sicherlich kein Trauma davontragen, ist Athanasios Lois sicher. Am Freitagmorgen ging sie schon wieder ihrem Beruf in der Mensa einer Schule nach – als hätte sie nicht am Abend zuvor einem bewaffneten Räuber gegenüber gestanden.
Der Räuber konnte als etwa 1,70 Meter groß, etwa 25 Jahre alt und schlank beschrieben werden. Er trug schwarze Kleidung, Handschuhe, einen schwarzen Mundschutz sowie eine grüne Kappe und darüber eine Kapuze auf dem Kopf. Die Kriminalpolizei ermittelt nun wegen des versuchten Raubes und bittet Zeugen, die Hinweise geben können, sich unter 02331/986 2066 zu melden.