Hagen. Bevor das Seepark-Projekt in die Detailplanung geht, hatten die Bürger das Wort: Hier ein Überblick über deren Sorgen, Ideen und Anregungen.
Das angedachte Seepark-Projekt in Hagen beschränkt sich – vom Umbau des Strandhauses mal abgesehen – bislang lediglich auf eine Ansammlung von Planskizzen. Doch allein schon diese groben Entwürfe inspirieren bereits zu erhöhter Kreativität und bewegen die Menschen. Zumindest in den Saal des Rathauses, um im Rahmen einer Bürgerinformationsveranstaltung sich auf den aktuellen Stand der Dinge bringen zu lassen und eigene Anregungen vorzubringen. Etwa 100 Bürger, bei weitem nicht alle aus Hengstey, nutzten am Montagabend die Chance, sich mit den Planern der Stadtverwaltung und Experten eines begleitenden Planungsbüros auszutauschen.
Das Spektrum des Inputs war entsprechend breit: Die einen freuten sich bereits auf die Vielfalt der Freizeitmöglichkeiten, die nächsten brachten eine lange Liste an Ideen, Bedenken und Anregungen mit, die bei der Gestaltung auf jeden Fall berücksichtigt werden sollten, und nicht bloß die Anwohner befürchteten, dass die verkehrliche Anbindung nicht ausreicht und es an Parkplätzen und Zuwegungen mangelt.
Mix aus Ökologie und Freizeit
Unter der Moderation der Stadtplanerin und Landschaftsarchitektin Christina Schlottbom konnten sich die versammelten Bürger in drei kleinen Arbeitskreisen zu den Themenfeldern Freizeitnutzung, Ökologie und Mobilität einbringen. Dabei fiel frappierend auf, dass sich vorzugsweise Vertreter der 50+-Generation (Best Ager) auf den Weg gemacht hatten und die U30-Bürger, die letztlich am längsten von der neuen Angebotswelt profitieren werden, an einer Hand abgezählt werden konnten.
Baudezernent Henning Keune betonte ausdrücklich, dass die Informationsveranstaltung nicht etwa eine Reaktion auf die jüngste Debatte sei, dass an der Juryentscheidung weder Frauen noch Migranten noch jüngere Personen beteiligt seien. „Diesen Termin hatten wir schon viel länger im Blick“, so der Technische Beigeordnete, der zugleich daran erinnerte, dass letztlich auch drei Landschaftsarchitektinnen in der Jury säßen. Zudem hätte ja nicht dieser Kreis, sondern der Rat der Stadt das letzte Wort. Festzuhalten bleibt: Weder die Hagener Jugend noch Vertreter der Migranten fühlten sich berufen – trotz der artikulierten Verärgerung – sich bei diesem öffentlichen Bürgerforum einzubringen.
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Die Anwesenden brachten hingegen meist konkrete Vorschläge mit, was auf den vier angedachten Aktionsflächen, die über Fußwege und den separierten Ruhrtalradweg als Verbindungsachse über Naturflächen hinweg miteinander verknüpft werden, an Angeboten nicht fehlen dürfe. Das Spektrum reichte von ausreichenden Spielflächen über E-Bike-Solar-Ladestationen, Mülleimer, Rollstuhlfahrer-Spielplätze, Barfußpfad, Kneippbecken, Picknickplätze, WC mit Wickeltisch und Waschmöglichkeit bis hin zu Minigolf.
Vorfahrt für die Natur
Nächste wichtige Botschaft: Der Seepark solle keineswegs dafür sorgen, dass die bestehende Ufernatur gefährdet oder gar verdrängt wird. Entsprechend sieht die Rahmenplanung ohnehin schon vor, dass zwischen den angedachten Freizeitfenstern die Lebensräume bewahrt und Landschaftsentwicklung auch weiterhin ermöglicht wird. Im ökologischen Bewusstsein der Menschen ist durchaus verankert, dass der Hengsteysee auch Brut- und Überwinterungsrevier für viele Brutvögel ist. Entsprechend erwarten die Menschen eine nachhaltige Bepflanzung mit heimischen Gewächsen, die eine stabile Klimaresilienz mitbringen.
Aber auch Enteninseln im See stehen auf der Wunschliste – allein schon, damit die Bootsstege nicht ausschließlich als Notdurft-Rampen der Feder-Fauna missbraucht werden. Mit einer umfassenden Altlastensanierung soll deshalb auch nur an jenen Stellen in den Bodengrund eingegriffen werden, wo dies aufgrund eine späteren intensiven Nutzung tatsächlich geboten ist.
Wasser als Teil des Seeprojektes
Ganz oben auf der Wunschliste vieler Bürger steht aber auch die Wassersportnutzung des Hengsteysees. Nicht nur Diskutant Werner Hense mochte die Hinweise von Henning Keune und seinem für Stadtentwicklung verantwortlichen Fachbereichsleiter Christoph Diepes nicht akzeptieren, dass es allein um die Betrachtung des Ufers gehe und der See außen vor bleibe und ohnehin nicht für eine Freizeitnutzung gedacht sei. „Der See wurde einst als Freizeitrevier konzipiert“, widersprach auch Peter Lollert, „er war früher eine wichtige Ruderstrecke.“ Prompt machte ein Plakat aus dem Vorkriegsjahren die Runde, auf dem auf die 2. Hengsteysee-Regatta am 15. Juni 1930 mit anschließender Siegesfeier im Strandhotel verwiesen wurde. Hier wurde auch in den Arbeitskreisen die Forderung laut, dass die Stadt sich einerseits beim Ruhrverband um ein Ausbaggern des Gewässers, aber auch ein eigenes Mähboot bemühen solle, um den Bewuchs einzudämmen.
Als größte Sorge nicht bloß der Hengsteyer entpuppte sich jedoch die ungeklärte Verkehrssituation: Ein Mangel an Parkplätzen, Chaos im Örtchen in den Sommerwochen, keine zumutbare Fahrradverbindung in die Innenstadt und eine Wehrbrücke, die zur Disposition steht, lassen viele Bürger Schlimmes befürchten. Zumindest im letzten Punkt konnte der Baudezernent zarte Entwarnung geben: „Wir sind da dran, allerdings sind Amprion und RWE hier keine einfachen Partner“, machte Keune deutlich, dass die Ruhr-Querung zwischen Hengstey und Herdecke ab Ende 2024 von den Unternehmen nicht mehr benötigt werde. Er signalisierte aber auch seine Bereitschaft, gemeinsam mit den Nachbarn über einen zweckmäßigen Neubau nachdenken und eventuell eine funktionale Brücke auf den alten Widerlagern errichten zu wollen.