Hagen. In der Glut eines Erdofens verbrannten die Hände der kleinen Zahra. Zweimal wurde sie operiert in Hagen. Eine Leidensgeschichte.

An der linken Hand war noch etwas mehr von Zahras Fingern übrig geblieben als an der rechten. Am Mittelfinger war das mittlere Glied noch vorhanden, am Daumen sogar das Endglied. „Die Prognose ist auf jeden Fall deutlich besser als sie es ohne Operation wäre“, sagt Dr. Ingo Kuhfuß: „Aber ganz normal wird Zahra ihre Hände natürlich nie mehr gebrauchen können.“

Bei einem grässlichen Unglück in ihrer afghanischen Heimat war Zahra in den Erdofen gefallen, in dem ihre Mutter Brot backte. Damals war sie zwei Jahre alt. In der heißen Glut verbrannten die Finger. Die Haut verkohlte, das Handgewebe versengte.

Aufgrund der unzureichenden medizinischen Versorgung wuchsen die durch die Hitze verkürzten Muskeln, Sehnen und Bänder zusammen. Das Gewebe vernarbte. Zahra konnte die Glieder nicht mehr strecken. Hände und Finger wurden zu formlosen Klumpen.

Zwei Operationen in Hagen

Über das Friedensdorf Oberhausen, eine Organisation, die schwer verletzte und traumatisierte Kinder aus den ärmsten Gegenden dieser Welt zur Behandlung nach Deutschland holt, kam das inzwischen achtjährige Mädchen in die Abteilung für Plastische und Ästhetische Chirurgie am St.-Josefs-Hospital in Hagen.

Mit der rechten, im Dezember operierten Hand kann Zahra wieder greifen.
Mit der rechten, im Dezember operierten Hand kann Zahra wieder greifen. © WP | Michael Kleinrensing

Im Dezember operierte Chefarzt Kuhfuß die rechte, im Januar Oberarzt Dr. Toghrul Mammadli die linke Hand. Die Ärzte lösten die Narben, transplantierten Hautstücke aus den Beinen in die Hände und stabilisierten die Fingerstümpfe mit Drähten.

Zahra kann die Hände wieder öffnen; wo vorher zwei Brocken waren, heben sich nun wieder die Fingerreste vom Handballen ab. Zahra kann greifen. Ein Blatt Papier war der erste Gegenstand, den sie zwischen den Fingern hielt. „Mittlerweile kann sie Gummibärchen essen“, sagt Mammadli: „Das hätte sie vor den Operationen nicht gekonnt.“

Gummibärchen und Physiotherapie

Gummibärchen spielen bei der Genesung keine unerhebliche Rolle. Gummibärchen können ein wenig von den Schmerzen ablenken, die Zahra bei den häufigen Verbandswechseln oder bei der Physiotherapie empfinden muss. Das Strecken der Fingerglieder mag sie überhaupt nicht, aber sie muss üben, üben, um die Muskeln aufzubauen und das, was noch da ist, zu trainieren. In 5- bis 10-Minuten-Einheiten mit Jan Buttelmann, ihrem Therapeuten, wird der Bewegungsapparat konditioniert.

Für Zahra bedeutete die Reise aus der Abgeschiedenheit der afghanischen Provinz Ghazni nach Deutschland einen Kulturschock. Gegen die Vereinsamung und die Panik, in einer fremden Welt ganz allein zu sein, helfen die Krankenschwestern im St.-Josefs-Hospital, die das kleine Mädchen den ganzen Tag über begleiten darf. „Den Vakuumverband mag sie nicht so sehr, ansonsten ist sie ganz schön frech geworden“, lacht Gesundheits- und Krankenpflegerin Lara Kleipsties.

Rückkehr in eine ungewisse Zukunft

Niemand kann vorhersagen, wie es mit Zahra weitergeht. Im März fliegt sie zurück in ihre Heimat, ihre Eltern warten auf sie, sie hat zwei Schwestern und drei Brüder. Sie sollte die physiotherapeutischen Übungen fortsetzen in Afghanistan, denn je länger sie ihre Hände und Finger trainiert, desto besser wird sie sie gebrauchen können, aber wer weiß schon, ob ein achtjähriges Kind die Einsicht und die Motivation und die Kraft aufbringt, um zu tun, was für seine Genesung am besten wäre.

Aber vielleicht wird der Aufenthalt in Hagen mit all den Menschen, die etwas für sie getan haben, eine Erinnerung bleiben, die Zahra anspornt.