Boele. Sein Tod bewegte Tausende Herzen im Hagener Norden. Wie kaum jemand stand Michael Kleefeld für das, was wahre Gemeinschaft wirklich ausmacht.
Wer sind die wichtigen Menschen in dieser Stadt? Die Anzugträger? Die Redenschwinger? Die Großverdiener? Es mag Leute geben, die solche Mitmenschen als wichtig erachten. Es ist aber genau so richtig, dass es in jedem Teil dieser Stadt Menschen gibt, die aus nur einem einzigen Grund wichtig sind. Weil sie sie selbst sind. Original. Echt. Und über alle Maßen hilfsbereit. Meistens sind diese Menschen nicht in der ersten Reihe zu finden. Der Boeler Michael Kleefeld war so ein Mensch. Mit diesem Text aus dem Jahr 2016 erinnern wir an einen Mann, der nie in der ersten Reihe war, aber in Boele zu den Herzensmenschen gehörte, für die Gemeinschaft alles war. Wenn der Boeler Karnevalszug am Sonntag rollt, dann ist Michael Kleefeld in vielen Herzen weiterhin dabei.
Er lebte allein
Anfang April 2016 verstarb Michael Kleefeld mit 64 Jahren. Ein Nervenleiden zwang ihn dazu, sein Leben bis dahin im Rollstuhl zu verbringen. Nachdem ihn ein Autofahrer in Bathey angefahren hatte, mussten zudem noch weitere Wirbel versteift werden. Anfang 2016 sorgte ein Schlaganfall dafür, dass man ihn beim Sprechen kaum noch verstehen konnte. Er lebte allein, verbrachte die letzten Tage in einem Pflegeheim.
„Ja, es wäre leicht zu sagen, dass der Michael ein armer Kerl gewesen ist“, sagte Hans Stücker, damaliger Chef des Boeler Brauchtumvereins Loßröcke, damals. „Aber das war er nicht. Denn er hatte die Vereine und er war im Stadtteil in gewisser Weise Kult.“ Denn Kleefeld war nicht nur ein intelligenter und herzensguter Mann. Er war auch mutig.
Da, wenn er gebraucht wurde
Er hatte vor über 20 Jahren schon erkannt, dass sein Rollstuhl keine Fessel war, sondern eine Möglichkeit, trotz seiner Krankheit an die pulsierenden Orte des Stadtteils zu kommen. Er ging in die Vereine. „Das war das Beste, was er jemals machen konnte. Denn bei uns war er kein behinderter Mann, mit dem keiner ins Gespräch kommen wollte. Bei uns erhielt er die gleiche Chance, die alle erhalten.“ Die Vereine im Stadtteil lernten wiederum Michael Kleefeld zu schätzen. Als einen Mann, der da war, wenn Hilfe gebraucht wurde. Als einen, für den es eine Frage der Ehre war, das Brauchtum zu pflegen und es öffentlich zu repräsentieren.
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Michael Kleefeld in seinem Rollstuhl ist für Tausende Boeler und Freunde des Straßenkarnevals eines der Bilder, die sie mit dem Rosensonntagszug verbinden. Er fuhr stolz darin mit, winkte den Menschen. Sie winkten zurück. Wenn Kleefeld vorbeirollte, wusste man, dass alles so ist wie es immer ist. Und das ist genau die Sehnsucht, die viele Menschen haben, die sich in einem der Hagener Stadtteile verwurzelt sehen.
Eine Dorf-Ikone
Dorf-Ikone, das klingt so groß, dass es irgendwie gar nicht nach Boele passt. Doch das war er. Ohne dickes Auftragen, ohne Anzug, ohne Schaumschlägerei. Er kam zu Festen mit seinem eigenen Bierkrug angerollt, gesellte sich zu den feiernden Menschen. Er mag allein gewesen sein – und doch war er es nicht. Das ist eine erstaunliche Botschaft in einer Zeit, die immer globaler wird und die so schnell geworden ist, dass der Heimatbegriff oft auf der Strecke geblieben zu sein scheint.
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Die letzte Reise
Als Michael Kleefeld an den Folgen einer Lungenentzündung starb, trauerte ein ganzer Stadtteil um ihn. Es gab keine Angehörigen, die sich um die Formalitäten kümmern konnten. Deswegen übernahmen die Loßröcke die Organisation. „Ehrensache“, sagt Hans Stücker. So normal, wie er das findet, ist es vielerorts aber nicht mehr. Als Kleefeld auf dem evangelischen Friedhof beigesetzt wurde, schickten ihn zahlreiche Boeler auf seine letzte Reise. Beim vergangenen Boeler Karnevalszug hatte er schon nicht mehr die Kraft gehabt, mitzufahren. In seinem Pflegeheim, in dem er zuletzt lebte und an dem der Zug vorbeirollte, schoben sie ihn an den Straßenrand. Michael Kleefeld lachte und hob seinen Arm zum Gruß, als „sein“ Zug vorbeifuhr. Ein letztes Mal. So wie immer.