Hagen. In Hagen kursierte eine Falschmeldung zu einem Erdbeben. Aus Angst verließen 300 Leute in der Nacht ihre Häuser und flüchteten sich in ihre Autos

Ab 23 Uhr gingen am Dienstagabend plötzlich zahlreiche Anrufe bei der Leitstelle von verängstigten Bürgern ein. Sie fürchteten sich vor einem drohenden Erdbeben, waren regelrecht panisch: „Zwischen 250 und 300 Menschen hatten ihre Häuser aus Angst vor einem drohenden Beben verlassen und wollten in ihren Autos übernachten. In den sozialen Medien hatte vorher eine Erdbeben-Falschmeldung die Runde gemacht“, erklärt Polizei-Sprecherin Ramona Arnhold die Lage in Hagen.

Vor allem die rumänische und bulgarische Community in Wehringhausen sei betroffen gewesen. In diesen Kreisen hatte sich die Nachricht schnell verbreitet. Angeblich hätte es schon Erdbeben mit der Stärke von 2,1 in der Region gegeben. Weitere könnten drohen, hieß es da. Diese Nachricht sowie die verheerenden Bilder aus der Türkei und Syrien hatten dann offenbar zu einer Kurzschluss-Panik-Reaktion geführt.

Unruhe nach Erdbeben in Heimat

Betroffen waren vorwiegend die Bereiche rund um den Bodelschwinghplatz/Wehringhauser Straße und Wilhelmsplatz – dort war es zu größeren Menschenansammlungen gekommen. „Zudem gab es in Haspe und am Graf-von-Galen-Ring kleinere Ansammlungen, allerdings nicht zu vergleichen mit der Zahl der verängstigten Menschen in Wehringhausen“, so Arnhold.

Die Meldung aber, die die Menschen aufgeschreckt hatte, war eine Falschmeldung. Sie hatte in vielen Ruhrgebietsstädten die Runde gemacht, aber die Polizeistationen in Köln und Hagen hätten besonders viele besorgte Anrufe erhalten, hieß es dazu von der Landesleitstelle der Polizei. „Es gab weder ein Erdbeben noch eine entsprechende Warnung dazu“, betont Ramona Arnhold.

Georgi Stefanov, der aus Bulgarien stammt und mit seinen Eltern den Kiosk „Bismarcks Kiosk“ am Wilhelmsplatz betreibt, vermutet, dass die schweren Erdbeben, die erst am Dienstagnachmittag Rumänien erschütterten, ein Auslöser für die nur wenige Stunden später aufkommende Angst bei den Menschen im Quartier sein könnten. „Ich war selbst nur bis 11 Uhr abends hier, habe dementsprechend nicht mehr viel davon mitbekommen. Nachbarn haben mir aber erzählt, dass sich hier am Platz so um die 50 Leute draußen versammelt hatten“, so Stefanov. „Da kann man die Angst der Leute natürlich irgendwo verstehen.“ Er selbst hat die Nachricht nicht gesehen, „ich habe nur einige Videos in den sozialen Medien gesehen.“

Eine Grafik zeigt die Erdbebengefahr in Europa. Für Deutschland liegt die Wahrscheinlichkeit in weiten Teilen sehr gering.
Eine Grafik zeigt die Erdbebengefahr in Europa. Für Deutschland liegt die Wahrscheinlichkeit in weiten Teilen sehr gering. © dpa | dpa-infografik GmbH

Die Polizei sei dann, nachdem bereits eine hohe zweistellige Zahl von Anrufen eingegangen sei, nach Wehringhausen gefahren, um die Menschen dort zu beruhigen. „Wir haben ihnen erklärt, dass keine akute Gefahr besteht und sie unbesorgt zurück in ihre Häuser gehen können“, so Arnhold. Gegen 3 Uhr nachts sei der ungewöhnliche Einsatz beendet gewesen.

Auf offizielle Seiten vertrauen

Auch bei der Feuerwehr sind Anrufe eingegangen, wenngleich relativ wenige: „Wir hatten in der Nacht ungefähr acht Anrufer, die sehr verängstigt waren“, sagt Peter Thiele, Sprecher der Hagener Feuerwehr, die in der Nacht mit Blick auf die Erdbeben-Falschmeldung und ihre Folgen nicht im Einsatz gewesen ist.

Die Polizei appelliert in diesem Zug: „Man sollte auf die offiziellen Warnapps, die Seiten der Stadt, Feuerwehr und Polizei vertrauen und nicht etwaige Meldungen in den sozialen Medien“, so Arnhold weiter.

Dass es überhaupt mal ein Erdbeben in Hagen gegeben hat, liegt übrigens schon viele Jahre zurück – um genau zu sein war das am 13. April 1992. Das „stärkste Erdbeben seit mehr als 200 Jahren im Rheingebiet“ hatte an jenem Tag Tausende Menschen in Panik versetzt.

In Hagen gab es damals keine Verletzten. Das Beben hatte aber auch in der Volmestadt die Wände wackeln lassen. Damals waren bis 7 Uhr morgens bei der Feuerwehr 700 Anrufe eingegangen.