Hagen-Mitte. Die Politik in Hagen könnte sich einen Schul- und Discounter-Bau auf der Bettermann-Insel vorstellen. Doch der Teufel lauert in den Details.

„Geben Sie Gas und sehen Sie zu, dass wir schnell eine neue Schule bekommen“, rief SPD-Ratsherr Jörg Meier den Vorständen Willi und Simon Michels vom Kölner Thesauros-Planungsbüros im Stadtentwicklungsausschuss zu. Diese hatten gerade den Fachpolitikern ihre ambitionierten Planungen für einen Bildungskomplex auf dem Dach eines Discounters auf dem Bettermann-Gelände präsentiert. „Dieses Projekt wird gebraucht und ist gewünscht – aus meiner Sicht können Sie an dem Projekt weiterarbeiten“, zeigte der Daumen des Genossen-Sprechers nach oben. Eine Euphorie, die von den übrigen Vertretern des Gremiums nicht uneingeschränkt geteilt wurde. Aber im Rahmen der ersten Diskussionen zu dem Millionen-Projekt wurde – trotz aller noch offenen Fragen – zumindest deutlich, dass die Weiterentwicklung dieses schulpolitischen Befreiungsschlags direkt am Innenstadtring in Hagen mehrheitsfähig sein könnte. Allerdings sahen sich die meisten Fraktionen mangels vertiefender Beratungen in den eigenen Reihen noch zu keinem Grundsatzbeschluss in der Lage.

300 Schulplätze in der City

Tempo entscheidend

Auch der Schulausschuss der Stadt Hagen diskutierte am Donnerstag über den Bau eines Discounters samt Grundschule auf dem Bettermann-Parkplatz, ohne jedoch einen Beschluss zu fassen. Vielmehr forderten die Bildungspolitiker die Stadtverwaltung auf, bis zur nächsten Sitzung im März Fragen zur Verkehrsführung und zur Luftqualität an dem potenziellen Standort zu beantworten.

Die Stadtverwaltung verdeutlichte, dass für sie der zeitliche Aspekt eines der entscheidenden Argumente sei. Denn wenn die Politik dem Projekt zustimmt und Lidl eine Filiale mit der darüber liegenden Schule bauen darf, könnte Hagen möglicherweise schon 2025 über eine weitere Grundschule verfügen.

Und das würde helfen, die ausufernden Kapazitätsprobleme abzumildern und wieder mehr Kindern aus der Innenstadt einen wohnortnahen Schulplatz anbieten zu können.

„In der CDU-Fraktion gibt es noch keine abschließende Meinungsbildung“, unterstrich Stephan Ramrath (CDU), bezeichnete jedoch im gleichen Atemzug die Gestaltung als „städtebaulich attraktiv“. Das Konzept sieht vor, auf dem Bettermann-Areal, auf dem in den 70er-Jahren die gleichnamige Brauerei ihren Betrieb einstellte, einen aufgeständerten Lidl-Discounter mit knapp 1500 Quadratmetern Verkaufsfläche zu errichten. Ebenerdig soll darunter neben den Eingangszonen für Discounter und Schule Raum für etwa 70 Parkplätze reserviert bleiben. Obwohl die Erschließung des Areals auch eine zweigeschossige Tiefgarage zuließe, möchte der Investor angesichts des Hochwasserrisikos auf eine solche Variante verzichten. Über dem Lebensmittelhändler sollen in dem bis zu fünfstöckigen (19 Meter Höhe), terrassierten Komplex 300 Grundschüler beschult werden. Das Projekt sieht für die dreizügige Bildungseinrichtung neben den erforderlichen Klassenräumen auch Platz für eine Aula, eine Mensa, mehrere Aufzüge, eine eigene Turnhalle, einen Pausenhof auf dem Dach sowie einen OGS-Bereich vor.

Die Politik beschäftigt vor allem die Frage, ob die hochfrequentierte Kreuzung am Innenstadt-Ring für Grundschüler sicher genug ist.
Die Politik beschäftigt vor allem die Frage, ob die hochfrequentierte Kreuzung am Innenstadt-Ring für Grundschüler sicher genug ist. © Thesauros AG | Thesauros AG

Grünen-Vertreter Hans-Georg Panzer meldete jedoch Zweifel an, ob jahrzehntealtes Baurecht (1991), wie es nach Lesart der Stadtverwaltung an diesem Standort bereits besteht, die geeignete Basis für diese Investition bilden könne, zumal sich seitdem die verkehrliche Situation erheblich verändert habe. Zudem mahnte er für Regentage die fehlende Pausenhalle an, hinterfragte die Flächen für Lehrerparkplätze sowie die unvermeidlichen Elterntaxis und äußerte Bedenken in Bezug auf die Schulwegsicherheit an einer der größten Kreuzungen der Stadt. Hier auf die bestehende Beampelung zu verwiesen, sei zu dünn: „Das alles sind Aspekte, die einen Grundsatzbeschluss noch nicht möglich machen.“

Droht wieder dicke Luft am Ring?

BfHo/Die Partei-Vertreter Frank Schmidt meldete zudem Zweifel an, ob der Komplex nicht wieder die Deutsche Umwelthilfe (DUH) auf den Plan rufen könne, zumal ein Discounter ja auch reichlich Zusatzverkehre anziehe. An dieser Stelle versicherte Baudezernent Henning Keune, dass die lufthygienischen Belange alle eingehalten würden. Durch den gesperrten Linksabbieger am Emilienplatz, das Lkw-Fahrverbot sowie die Tempo-30-Limitierung auf dem Ring würde der mit der DUH vereinbarte Rahmen inzwischen deutlich unterschritten. Zudem gab der Stadtbaurat den Hinweis, dass eine mit Pflanzungen umsäumte Schule mit Dachgrün und nur noch 70 Stellplätzen womöglich ökologisch günstiger sei als der aktuell komplett versiegelte Parkplatz mit bis zu 290 Fahrzeugen: „Der Investor wird all diese Fragen vertiefend abarbeiten – auf dem Weg zu einer Baugenehmigung sind hier noch klärende Gutachten erforderlich.“ Zurzeit steht eine Eröffnung zum Schuljahr 2026/27 im Raum.

Ähnlich wie der parallel beratende Schulausschuss (siehe Beitext) verständige sich der Stadtentwicklungsausschuss einstimmig darauf, eine abschließende Grundsatzentscheidung erst nach den Beratungen in den Fraktionen in der nächsten Sitzung treffen zu wollen. Zugleich wurde die Verwaltung beauftragt, mit den Investoren schon einmal ein Mietvertragsmodell anzudiskutieren. Letztlich ist angedacht, nach dem Vorbild der Block-1-Schule in Wehringhausen einen langfristigen Kontrakt zu unterzeichnen. Die exakten Konditionen sind derzeit noch offen.