Hagen. Zum Tode von Benedikt XVI. läutet in jeder Kirche die Totenglocke. Hier erinnern sich Menschen aus Hagen an Begegnungen mit dem Papst.
In Hagen läuten am Donnerstag um 11 Uhr die Totenglocken aller 17 katholischen Gotteshäuser. Grund: der Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI., der am 31. Dezember im Alter von 95 Jahren im Vatikan verstorben ist. „Ich lade alle Menschen guten Willens ein, zu diesem Zeitpunkt für den verstorbenen Papst zu beten – an dem Ort, an dem sie sich gerade befinden“, so Dieter Aufenanger, Dechant in Hagen.
Die Glocken werden just zu jenem Zeitpunkt läuten, zu dem der ehemalige Papst im ehemaligen Grab seines Vorgängers Johannes Paul II. im Petersdom beigesetzt wird. Dass nur die Totenglocke – in der Regel die Glocke mit dem tiefsten Ton im Geläut – läutet, habe damit zu tun, dass der ehemalige Kardinal Joseph Ratzinger kein amtierender Papst mehr gewesen sei, erläutert Aufenanger das kirchliche Protokoll: „Als Johannes Paul II. im Jahre 2005 verstarb, haben alle Glocken geläutet.“
Benedikt XVI. war 2013 nach acht Jahren Amtszeit als Papst zurückgetreten, zu seinem Nachfolger wurde der Argentinier Jorge Mario Bergoglio gewählt, der seitdem als Papst Franziskus amtiert.
Das sagt der Dechant in Hagen
Dechant Aufenanger rechnet es Benedikt noch heute hoch an, dass er sich damals dazu durchgerungen habe, sein Amt niederzulegen: „Bisweilen fällt es älteren Leuten ja schwer – und das gilt auch außerhalb der Kirche –, sich von einer Aufgabe zu trennen, obwohl das vielleicht besser wäre.“ Benedikt habe anderen Mut gemacht und gezeigt, dass ein solcher Schritt der richtige sein könne.
Ihn habe der Rücktritt damals zwar überrascht, so Aufenanger: „Aber ich fand diese Entscheidung ganz klasse.“ Der Papst habe neben gesundheitlichen Gründen sicherlich gespürt, dass er aus einem anderen Zeitalter stamme und den gegenwärtigen Problemen nicht mehr gewachsen war.
Der Hagener Dechant hat den ehemaligen Papst nie persönlich kennengelernt, aber als Zelebrant im Paderborner Dom während der Beisetzung von Kardinal Degenhardt erlebt. Schon als Student habe er Ratzingers Buch „Einführung in das Christentum“ gelesen, erinnert sich Aufenanger: „Ein theologisch einwandfreies Werk. Er war ein messerscharfer Denker.“
Das sagt eine Katholikin aus Hagen
Bei Christel Hackenberg aus Vorhalle hinterließ eine Begegnung mit Papst Benedikt im Jahre 2007 bleibenden Eindruck: „Wir haben damals eine Pilgerreise nach Rom unternommen, die Audienz hat mich in ihren Bann gezogen.“ Auf das einfache Kirchenvolk habe Benedikt allerdings bisweilen etwas unnahbar gewirkt: „Er war manchmal zu sehr Theologe – und dann konnte man seine Sprache nicht so richtig verstehen.“
Das sagt der ehemalige Dechant in Hagen
Das theologische Wirken von Joseph Ratzinger hebt auch der ehemalige Hagener Dechant Dr. Joseph Bathen hervor, der den verstorbenen Papst des Öfteren bei Besuchen in Rom getroffen hat: „Da war er allerdings noch nicht Papst. Aber er hat sich sehr dafür interessiert, dass ich neben Theologie auch Philosophie studiert hatte.“
Sie hätten darüber diskutiert, dass Glauben und Vernunft keine Gegensätze seien, erinnert sich Bathen, denn beide hatten sowohl Theologie als auch Philosophie studiert: „In diesem Punkt waren wir Seelenverwandte.“ Er habe des Öfteren Anregungen von Joseph Ratzinger in seinen Predigten aufgegriffen, so Bathen: „Weil das, was er gesagt hat, so klar und einleuchtend war.“ Im privaten Umgang sei der aus Bayern stammende Geistliche ein „ausgesprochen liebenswürdiger“ Mensch gewesen.
Das sagt der stellvertretende Dechant
Das kann Christoph Schneider, stellvertretender Dechant in Hagen und lange Jahre Pfarrer in Boele, nur bestätigen. Er traf zweimal mit Joseph Ratzinger zusammen: „Er war sehr bescheiden und freundlich.“ Obwohl damals schon Chef der Glaubenskongregation im Vatikan, habe Joseph Ratzinger breites Bayerisch gesprochen: „Wie ein bayerischer Dorfpfarrer. Das stand so im Gegensatz zu der Macht, die er besaß.“
Als Person habe er den verschiedenen Papst sehr geschätzt, so Schneider, aber viele von dessen Entscheidungen als Kardinal und Papst bewerte er kritisch: „Er war kein Scharfmacher und nie provokant, aber in der Gesamtheit war doch vieles, was er gemacht hat, unglücklich für die Kirche.“
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Dass die Meinungen über einen Papst und dessen Wirken auseinandergingen, sei typisch für die Kirche und müsse auch so sein, sagt Dechant Dieter Aufenanger: „Bei uns gibt es sowohl die Pius-Bruderschaft als auch Maria 2.0. Das ist katholisch. Es gibt nicht nur eine Richtung, katholisch bedeutet allgemein. Schon die Apostel waren ganz unterschiedliche Typen, die miteinander Streit hatten.“
Für den verstorbenen Papst werden in Hagen nicht nur die Glocken geläutet, seiner wird auch während der Fürbitten in den Gottesdiensten gedacht.