Haspe. Eine neue Vorfahrtsregelung zugunsten der Radfahrer sorgt in Hagen-Haspe für Gesprächsstoff. Ist das Risiko an der Kohlenbahn bald viel zu hoch?
Einem durchaus spannenden, vielleicht sogar riskanten Feldversuch dürften sich die Radfahrer künftig in Hagen-Haspe an der Kohlenbahn ausgesetzt sehen. Die Verwaltung möchte jetzt doch die dortige Querung des Radweges zwischen Martin- und Stephanstraße so ausbauen, dass entgegen der bisherigen Gewohnheit die Auto- und Lkw-Fahrer den Zweirad-Nutzern die Vorfahrt gewähren müssen. Ein Vorstoß, der im Frühjahr 2021 von den Hasper Bezirkspolitikern ursprünglich abgeschmettert worden war. Doch bei einem zweiten Anlauf haben sich jetzt urplötzlich die Mehrheiten ebenso wie die politischen Zuständigkeiten verschoben.
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Kurze Rückschau: Im Mai vergangenen Jahres brachte die Hasper Politik – allen Bekenntnissen zur Verkehrswende zum Trotz – noch nicht den Mut auf, auf dem Kohlenbahn-Abschnitt zwischen Hochofen- und Enneper Straße im Rahmen eines Modellprojektes den Radfahrern den absoluten Vorrang einzuräumen. Tenor der Mehrheit: Der Standort sei angesichts des angrenzenden Gewerbegebietes mit zahlreich passierenden auswärtigen Fahrzeugen ohne entsprechende Ortskenntnis viel zu riskant gewählt. Denn die ambitionierte Idee des damaligen städtischen Verkehrsplaners Jörg Winkler lautete: Will dort ein Fahrrad kreuzen, müssen Autos, Lastzüge und sogar Fußgänger anhalten, um in einem sicherlich symbolträchtigen Akt der bislang oft stiefmütterlich vernachlässigten Zweirad-Fraktion den Vorrang einzuräumen.
Eingefärbtes Pflaster-Plateau
Um für die notwendige Sicherheit zu sorgen, soll neben einem Tempo-30-Limit ein auf Bürgersteigniveau aufgepflastertes, rot eingefärbtes Plateau auf die Fahrbahn gesetzt werden, um an dieser entstehenden Bodenschwelle sämtliche Straßennutzer grundsätzlich einzubremsen. Obendrein ist angedacht, warnende Piktogramme und Markierungen auf der Fahrbahn aufzutragen, Haifischzähne auf den Asphalt zu pinseln, entsprechende Beschilderungen zu platzieren und – falls der Kämmerer generös mitspielt – sogar noch dauerblinkende, gelbe Warnleuchten aufzustellen, um für die gebotene Sicherheit der Radler zu sorgen.
Während die Grünen seinerzeit diese symbolträchtige Initiative ausdrücklich begrüßten, befürchtete das Gros der Bezirksvertretung Haspe beim ersten Abstimmungsversuch ein Hasardeur-Spiel. Allgemeiner Tenor bei CDU, SPD und AfD: Hier entstehe eine Gefahrenlage, die nicht zu verantworten wäre – selbst die Hasper Polizei formulierte erhebliche Bedenken. Ratsherr Günter Stricker befürchtete angesichts eines erhöhten Unfallrisikos gar, dass neben dem Kreuzungspunkt künftig gleich eine Station für den Rettungswagen platziert werden könne.
Doch inzwischen haben die Grünen, die schon damals dafür plädierten, den Radfahrern in Hagen ein faires Existenzrecht und nicht bloß eine Duldung einzuräumen, offenkundig genügend Mitstreiter gefunden. Entsprechend fand sich in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Haspe plötzlich eine denkbar knappe 7:6-Mehrheit für die Radfahrer-Querung mit Vorfahrtsrecht, weil die Allianz aus CDU, Grünen und Hagen Aktiv geschlossen für den Umbau stimmte.
Streit um die Zuständigkeit
Zudem gab es von Rechtsdezernent Sebastian Arlt den Hinweis, dass die Bezirksvertretung für derartige Voten grundsätzlich gar nicht zuständig, sondern das Thema ausschließlich im Ausschuss für Umwelt-, Klimaschutz und Mobilität fachlich zu entscheiden sei. Eine juristische Einschätzung, die Bezirksbürgermeister Horst Wisotzki (SPD) gerne noch einmal von dritter Seite überprüfen lassen möchte. In seinen Augen ist es klassische Aufgabe einer Bezirksvertretung, über die lokalen Radwege zu befinden, zumal wenn es dabei auch noch um die Schulwegsicherung in diesem Bereich gehe. Ob beziehungsweise wann es zu dem etwa 40.000 Euro teuren Umbau des Kreuzungspunktes tatsächlich kommt, steht also weiterhin in den Sternen.