Hagen. In den Kitas fehlt bald massiv Personal: „Die Situation ist bedrohlich, aber nicht ausweglos“, so Dirk Hannusch von der Stadt. Die Hintergründe.

Die Stadt kommt mit dem Bau von Kindergärten in Hagen angesichts steigendender Kinderzahlen nicht hinterher. Es fehlen Grundstücke. Doch die Zahl der Kinder wächst unaufhörlich. In den nächsten Jahren fehlen im Kita-Bereich hochgerechnet zudem gut 270 Fachkräfte.

„Und da sind hohe Geburtenzahlen oder beispielsweise der Zuzug und die Aufnahme von Flüchtlingen noch nicht mit eingerechnet“, spielt Dirk Hannusch, Abteilungsleiter für Kindertagesbetreuung im Rathaus, auf die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine an, bei denen nicht feststeht, wie lange sie in Hagen bleiben werden. Er beschreibt die Situation als „bedrohlich, aber nicht ausweglos.“

Zahl der Kinder ist massiv gestiegen

105 Kitas gibt es derzeit in der Stadt, zusätzlich noch zwölf Großtagespflegestellen. „120 Tagespflegepersonen betreuen aktuell rund 7400 Kinder“, gibt Hannusch Einblicke in den Ist-Zustand.

Mit Blick auf die vom Rat vor Jahren beschlossene Versorgungsquote (38 Prozent im U3-Bereich und 98 Prozent im Ü-3-Bereich) betont er: „Wir waren auf einem guten Weg. 2015 kamen dann im Zuge der Flüchtlingsbewegung zahlreiche neue Menschen in die Stadt.“

In Zahlen heißt das: 2014 wurden in Hagen 9240 Kinder unter sechs Jahren betreut. 2021 waren es 11.534. „Wir gehen davon aus, dass schon bald die 12.000er-Marke geknackt wird.“

In den vergangenen Jahren hat die Stadt 15 neue Einrichtungen gebaut und die zwölf Großtagespflegen sind an den Start gegangen. „Aktuell sind 13 weitere Einrichtungen bzw. Ausbauprojekte geplant. So langsam gehen uns die Flächen aus“, macht Hannusch die Bemühungen der Stadt deutlich.

Steigender Bedarf an Fachkräften

Mit den steigenden Kinderzahlen und der steigenden Zahl an Kitas geht logischerweise ein steigender Fachkräftebedarf einher. „Allein mit Blick auf die Ausbaumaßnahmen werden wir rund 120 weitere Fachkräfte benötigen. Und das sind nur die Vollzeit-Stellen. In den Jahren 2023 bis 2028 werden zudem rund 100 weitere Kräfte altersbedingt ausscheiden“, so Hannusch. Und da sind die Erzieher und Erzieherinnen nicht eingerechnet, die vielleicht früher aus dem Berufsleben ausscheiden. Ein Dilemma.

Zur Wahrheit dazu gehört auch, dass sich die Arbeit in den Kitas verändert hat: „Es gibt ganz neue Anforderungen, die es so vor 2015 nicht gab – beispielsweise mit Blick auf die Sprache und soziale Kompetenzen“, betont der städtische Experte.

Neue Bildungsmaßnahme soll für Führungsaufgaben qualifizieren

Als eine der ersten Berufsschulen in Nordrhein-Westfalen bietet das Käthe-Kollwitz-Kolleg in Hagen den Ausbildungsgang Sozialmanagement an (wir berichteten).

Die neue Bildungsmaßnahme richtet sich an Erzieherinnen, die sich für Führungsaufgaben qualifizieren wollen.

„In den nächsten Jahren steigt der Personalbedarf in den Tagesstätten enorm an, auch und gerade auf Führungsebene“, berichtete Carolin Schwibbe, Bereichsleiterin der Fachschule für Sozialpädagogik am Kollwitz-Kolleg, zuletzt bereits im Gespräch mit dieser Zeitung.

Die Weiterbildung unterscheidet sich gravierend von den klassischen Kompetenzen einer Erzieherin. Nicht mehr pädagogische Aspekte stehen im Vordergrund, sondern vor allem betriebswirtschaftliche Aufgaben wie Controlling, Rechnungswesen, Personalführung oder Organisation. Der berufsbegleitende Lehrgang ist auf anderthalb Jahre angelegt und umfasst etwa 600 Stunden.

Näheres am Kollwitz-Kolleg: 39570.

Dennoch sei er optimistisch, der Lage noch Herr werden zu können: „Wir müssen mehr ausbilden. Schon vor vier Jahren ist das Pilotprojekt ,PIA’ in Hagen gestartet – also die praxisintegrierte Ausbildung“, so Hannusch weiter. Im Rahmen dieser Ausbildung würden die „Neulinge“ direkt in die Arbeit der Kitas eingebunden: „Die Zusammenarbeit mit dem Käthe-Kollwitz-Berufskolleg ist sehr eng, dort gibt es neben einer konsekutiven Klasse drei PIA-Klassen.“

Werbekampagne geplant

Außerdem entwerfe die Stadt aktuell eine Werbekampagne. „Man muss die Leute wieder mehr für den Job begeistern. Wir wollen den Beruf transparent und ehrlich verkaufen und für die Vorteile der Arbeit in Hagen werben“, so Hannusch.

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Zusätzlich sei die Stadt dabei, alle befristeten Verträge zu entfristen. denn wie gesagt: „Die Situation ist bedrohlich, aber nicht ausweglos.“