Hagen. In den Apotheken in Hagen ist es zurzeit schwierig, bestimmte Medikamente zu erhalten, darunter Paracetamol- und Ibuprofen-haltige Fiebersäfte.

Die Lage sei Ernst, sagt Anja Beier, Sprecherin der Apothekerschaft in Hagen: „Bestimmte Medikamente sind derzeit knapp und nicht immer lieferbar. Es kann immer mal zu Engpässen kommen, aber in diesem Ausmaß hatten wir das noch nicht.“

Fiebersäfte für Kinder, Hustenmittel, Blutdrucksenker, Brustkrebsmedikamente oder Magensäureblocker: Die Apotheken in Hagen haben derzeit Schwierigkeiten, jedes gewünschte Medikament bereitzustellen. Lieferengpässe haben das Angebot dermaßen verknappt, dass manches Arzneimittel zeitweise überhaupt nicht mehr erhältlich ist.

Bundesinstitut: Ursachen nicht ermittelt

Vor allem die häufig nachgefragten Paracetamol- und Ibuprofen-haltigen Fiebersäfte für Kinder sind derzeit knapp. Die Gründe seien vielschichtig, sagt Apothekerin Beier: „So hat sich ein Hersteller vom Markt zurückgezogen. Und bis die anderen Produzenten diese Lücke kompensiert haben, dauert es seine Zeit.“

Dass nicht genügend Kinder-Fiebersaft aus den Hauptarzneimittelproduktionsländern China und Indien geliefert werden, ist nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nicht belegt. Die über den vollversorgenden Großhandel abgegebenen Warenmengen repräsentierten in Summe den bisherigen durchschnittlichen Bedarf, so ein Sprecher der Behörde: „2022 ist der Bedarf an den betroffenen Arzneimitteln überproportional angestiegen. Die Ursachen hierfür konnten bislang nicht befriedigend ermittelt werden.“

300 Meldungen zu Lieferengpässen

Das Bundesinstitut listet aktuell etwa 300 Meldungen zu Lieferengpässen auf, was angesichts von rund 100.000 zugelassenen Arzneimitteln in Deutschland eine eher geringe Menge darstellt. Für viele knappe Medikamente gibt es zudem Alternativen – für einige wenige, darunter Kinderfiebersaft, allerdings nicht.

Als Kompensationsmaßnahme schlägt das Bundesinstitut vor, die Fertigung von individuellen Rezepturarzneimitteln auf ärztliche Verschreibung hin in den Apotheken vor Ort vorzunehmen: „Diese Maßnahme soll ausschließlich im Einzelfall zur Anwendung kommen, wenn der Krankheitszustand des Kindes eine Behandlung mit den in Rede stehenden Wirkstoffen erfordert.“

Produktion nach Deutschland zurückholen

Diese Lösung stößt in der Hagener Apothekerschaft allerdings nur auf bedingte Gegenliebe. Natürlich sei es grundsätzlich möglich, dass die Apotheken ein nicht lieferbares Medikament vor Ort anmischten, so Anja Beier: „Aber das geht natürlich nicht mal eben nebenher, zumal wir ohnehin täglich bestimmte Arzneien für den individuellen Bedarf herstellen.“ Sicherlich hätten die Apotheken nicht die Kapazitäten, um die Lieferengpässe bei hochnachgefragten Medikamenten wie Kinderfiebersaft zu kompensieren.

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Auch wenn für Probleme nicht in jedem Fall Produktionsausfälle in Fernost verantwortlich zu machen seien, so sei es sicherlich überlegenswert, die Herstellung von Arzneimitteln wieder stärker nach Deutschland zurückzuholen, um unabhängiger vom Ausland zu werden und für Zeiten erhöhter Nachfrage gewappnet zu sein, betont Apothekerin Beier. An die Eltern in Hagen appelliert sie, angesichts der herrschenden Knappheit von Kinderfiebersaft das Medikament nicht auf Vorrat zu kaufen: „Damit es für die akut behandlungsbedürftigen Kinder verfügbar bleibt.“