Objektiv betrachtet hat sich die Sicherheitslage in Hagen nicht verschlimmert. Aber das von Bildern im Internet geprägte Bauchgefühl ist anders.

Die Macht der Bilder macht was mit uns. Nachdem die Szenen an Halloween in der Hagener City in den Sozialen Netzwerken sich wie ein Tsunami des Schreckens verbreitet haben, fühlte sich sogar der Rat bemüßigt, einen Blick auf die Ereignisse zu werfen. Spiegeln die verwackelten Handy-Filmchen tatsächlich eine Realität wider?

Brennende Einkaufswagen, grölende Menschen und Attacken auf Busse – die Polizei spricht von 250 Jugendlichen, darunter vermutlich fünf Straftäter. Dass die übrigen 245 umherstehenden Gaffer letztlich Feiglinge sind, die ohne Zivilcourage lieber filmen anstatt einzugreifen und durch Gleichgültigkeit glänzen, benennt niemand.

Beleidigungen sind üblich

Die Polizei, mit 18 eigenen Kollegen und acht Kräften des Ordnungsamtes vor Ort, versucht zu objektivieren, nicht zu relativieren: Es gab keine hohe kriminelle Energie, aber die üblichen Beleidigungen und Respektlosigkeiten. Nach 45 Minuten war der Spuk vorbei und der Platz geräumt. Die Statistik beweise nicht, dass es in Hagen immer schlimmer werde.

Handy-Videos zeigen lediglich Schlaglichter, aber keine umfassende Realität. Es gab weder marodierende Banden noch Straßenbarrikaden, wie im Netz kolportiert. Hier produzieren sich Geltungssüchtige, die in ihrer Clique als Helden gefeiert werden möchten und ihr Ego über „Likes“ definieren. Bei den Vernehmungen der Polizei, so die Beamten, stelle sich dann oft heraus, dass diese Leute kaum in der Lage seien, ein normales Gespräch zu führen, zudem erzieherische Defizite aufweisen und einen erschreckenden Mangel an Bildung ausleben. Dies sei auch ein Ausdruck mangelhafter gesellschaftlicher Integration, schreiben die Uniformierten dem Rat ins Stammbuch.

Unter Posern und Pöblern

Ohne die unendlichen Weiten der Online-Kanäle wäre der Abend des 31. Oktobers vermutlich niemals zum Stadtgespräch geworden. So verfestigt sich jedoch der Eindruck, dass die Innenstadt bei Dunkelheit zunehmend von Posern, Prahlmaxen und Pöblern mit Neigung zur Gewalt dominiert wird. Nichts für Polizeistatistiker, aber für die Seele.

Wenn Menschen wegen eines Bauchgefühls darüber nachdenken, ob sie zu „Blau unterm Baum“, zum Kino- und Theaterbesuch oder zum Gaststätten- und Weihnachtsmarkt-Bummel in den Abendstunden sich noch auf den Weg wagen, wird es kritisch. Da hilft weder Statistik noch Objektivierung.