Hagen. Seit Jahren bereits zählt die Polizeiwache am Hauptbahnhof in Hagen zu den schlimmsten in NRW. Trotzdem ändert sich nichts. Ein Mängel-Protokoll.
Wenn es einen Award gäbe, für die heruntergekommenste Polizeiwache in ganz Nordrhein-Westfalen: Dieser Preis würde auch im Jahr 2022 wieder nach Hagen gehen. Und wenn man unterstellt, dass man – so man mehrmals in Folge ganz oben auf dem Treppchen steht – die Trophäe auch behalten dürfte: Sie hätte einen Stammplatz in einer Vitrine der Bundespolizei.
Das mag vielleicht lustig klingen: Für Hauke Reetz von der Deutschen Polizeigewerkschaft aber ist die Sache bitter ernst, nachdem er sich auf eine Art Zeitreise in die 70er Jahre begeben hat, die Tür der Wache öffnet und heraustritt. Deshalb lässt der die Alarmglocken schrillen: „Die Zustände in Hagen sind für die Kollegen, die dort täglich ihren Dienst verrichten müssen, aber auch für Besucher eine Zumutung.“ Und weil bereits die Gewerkschaft der Polizei vor zweieinhalb Jahren die Zustände öffentlich angeprangert hatte. Seither hat sich (fast) nichts getan.
Feuchte Wände in der Wache
Immerhin – das kann man von außen sehen (rein dürfen wir nämlich nicht) – das Dach und Fenster sind neu und heben sich auch optisch vom Rest des Gebäudes ab. Dann aber ist auch schon Schluss mit all der Herrlichkeit um eine Bahnhofswache, die sich im Seitenflügel des Bahnhofsgebäudes befindet und nach Angaben der Gewerkschaft so gar nicht den Ansprüchen genügt.
„Die Wände sind trotzdem noch feucht“, sagt Hauke Reetz. „Schimmelsporen befinden sich in der Luft. Trockner sorgen dafür, dass die Grenzwerte eingehalten werden.“ Man habe – so der Gewerkschafter – versucht, von hinten die Wand freizulegen, um die Ursache für die anhaltende Feuchtigkeit zu finden, sei aber gescheitert.
Platzprobleme der Bundespolizei
Auch interessant
Das aber ist längst nicht der einzige Mangel, der der Gewerkschaft aufstößt. Eklatant sind die Platzprobleme. Angesichts von immer mehr Kollegen, die in Hagen Dienst versehen und der steigenden Anforderungen, ist die Hagener Wache schlicht zu klein. „Rund 230 Quadratmeter umfassen die Räume – das doppelte an Platz wäre hier eigentlich nötig“, sagt Hauke Reetz. Was Folgen hat: „Es gibt keine getrennte Dusche für Frauen und Männer, von getrennten Umkleiden ganz zu schweigen.“ Hinzu käme: Die Spinde, vor denen sich die Polizisten umziehen, stehen in den Raum, in dem sie auch ihre Pausen verbringen.
Eine Schleuse in der Wache fehle, so dass Besucher quasi direkt im Wachraum landen. Auch eine Zelle für die Ingewahrsamnahme gebe es in der Hagener Bahnhofswache nicht, moniert Reetz. Eine vernünftige Erkennungsdienstliche Behandlung sei ebenfalls nicht möglich. Moderne Geräte, die dafür erforderlich sind, fänden in den Räumen keinen Platz.
Lösung zeichnet sich für Hagen nicht ab
„Das ist längst keine Wache mehr, wie sie die Kollegen und die Bürger verdient haben“, sagt Reetz. Was die nach unten offene Niveauskala in NRW angehe, konkurriere Hagen mit der Wache in Bonn: „Allerdings zeichnet sich hier eine Lösung ab.“
Das wiederum kann man für Hagen nicht sagen: „Die Bahn ist grundsätzlich verpflichtet, zum Selbkostenpreis der Bundespolizei Räume zur Verfügung zu stellen“, sagt Reetz, der erklärt, dass es Raumprobleme mittlerweile an vielen Bahnhöfen gebe. „Es gibt Überlegungen, die leerstehende Wache der Landespolizei ebenfalls der Bundespolizei zur Verfügung zu stellen. Aber aus unserer Sicht würde selbst das nicht reichen. Dazu sollen Räume im Bereich des Bahnhofsmanagements in der Straße Am Hauptbahnhof als Umkleiden bereit gestellt werden.
Gewerkschaft für Neubau der Polizeiwache
„Diese Lösung allerdings ist aus unserer Sicht nicht tragbar“, sagt Reetz, „Umkleide und Waffenkammer wären getrennt. Die Kollegen müssten auch bei Dunkelheit unbewaffnet aber in Uniform durch die Straße Am Hauptbahnhof gehen. Das ist durchaus ein Risiko für die persönliche Sicherheit.“
Eine Lösung aus Sicht der Gewerkschaft: ein Abriss und ein moderner Neubau an gleicher Stelle. „Der Teil des Seitenflügel, in dem sich die Wache befindet, ist im Gegensatz zum Hauptgebäude nicht denkmalgeschützt“, sagt Reetz. „Der Standort, an dem sich die Wache befindet, ist ja optimal.“
Auch Bundespolizei sieht Verbesserungsbedarf
Immerhin: Auch die Bundespolizei unterstreicht, dass die räumliche Situation in Hagen verbessert werden müsse. „Darin besteht unter den Beteiligten von Bundespolizei und Deutsche Bahn AG Einigkeit“, so Sprecher Jens Flören. Vieles sei in der Vergangenheit bereits geschehen, vieles stehe noch an. „Wir stehen als Mieter in einem intensiven Austausch mit dem Vermieter Deutsche Bahn AG und sind sehr zuversichtlich, dass die aktuelle Raumsituation in absehbarer Zeit der Vergangenheit angehören wird. Alles was wir von Seiten des Mieters veranlassen konnten, haben wir veranlasst und wir erkennen auch das Bemühen des Vermieters, hier Abhilfe zu schaffen.“
Gegenwärtig liefen konkrete Gespräche mit Blick auf eine umfassende Sanierung der gesamten Liegenschaft. Dabei werde auch eine temporäre Unterbringung bzw. Einrichtung einer Containerwache in Erwägung gezogen. „Ein konkretes und vor allem verlässliches Zeitfenster für die Umsetzung kann ich als Mieter nicht nennen“, so Flören, „im Raum steht das Kalenderjahr 2023. Schlussendlich müssen wir im Kontext der Planungen auch berücksichtigen, dass sich unser Raumbedarf aufgrund einer personellen Verstärkung das Bundespolizeireviers Hagen erhöht hat.“
>>>> Hintergrund: Das sagt die Deutsche Bahn zur Wache
Ein Sprecher der Deutschen Bahn teilt mit: „Wir wollen für bestmögliche Arbeitsbedingungen der Bundespolizei in und an Bahnhöfen sorgen.“ In den vergangenen Monaten seien bereits Verbesserungen erreicht worden. So ist das Dach des Hauptbahnhofs erneuert worden. „Außerdem hat die DB bereits die Außenfassade an der Wache zum Gleisbereich hin abgedichtet.“
Hier seien weitere Arbeiten im Innenbereich notwendig. Aktuell liefen entsprechende Planungen sowie Planungen zur Erneuerung der Wache. „Nach aktuellem Stand ist für den Umbau ein temporärer Umzug der Wache in provisorische Räumlichkeiten notwendig. Da wir in einem sehr frühen Planungsstadium sind, können wir noch keine konkreten Bauzeiträume nennen“.