Hagen. Elisabeth Jürgens aus Hagen lässt ihre Patienten tief ins Unterbewusstsein abtauchen. Sie ist Hypnose-Therapeutin.
Elisabeth Jürgens aus Hagen nutzt kein Pendel, um ihre Patienten in Hypnose zu versetzen. Sie gebraucht einen Stein oder einen Stift, den sie ihrem Gegenüber hoch vor die Augen hält, so das er (oder sie) gezwungen ist, den Blick nach oben zu richten.
Das wiederum ermüdet, und so sinkt der Patient in einen Dämmerzustand, eine Art künstlichen Schlaf, in dem sich das Unterbewusstsein öffnet und den Blick frei gibt auf die Ursachen ungelöster Konflikte, Ängste und Bedrängnisse. „Es ist ein Zustand, der einem die Möglichkeit bietet, an Sachen heranzukommen, an die man normalerweise nicht herankommt“, sagt Elisabeth Jürgens (60).
Die examinierte Krankenschwester und Dialysefachschwester, die viele Menschen mit chronischen Erkrankungen, mit Existenzängsten, Depressionen und sozialen sowie familiären Problemen begleitet hat, ist heute als Heilpraktikerin für Psychotherapie tätig und versucht den Nöten ihrer Patienten u.a. mit einer Hypnosetherapie auf den Grund zu kommen.
Keine Trancezustände wie in Hollywoodfilmen
„Ich bin keine Zauberin“, betont Elisabeth Jürgens. Und Hypnose habe auch nichts mit jenen Trancezuständen aus Hollywoodfilmen zu tun, in denen willenlos gemachte Patienten zu Werkzeugen ihrer Therapeuten werden: „Hypnose ist einfach eine bewährte, anerkannte Methode, um an unser Unterbewusstsein heranzukommen. Denn das Unterbewusstsein ist der Spiegel unserer Seele.“
So sieht es auch Dr. Christian Dürich, Leiter der Klinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Psychoanalyse am St.-Johannes-Hospital in Hagen-Boele: „Ich mache derzeit selbst eine vertiefende Fortbildung. Die Hypnosetherapie bietet viel Potenzial und ist auch wissenschaftlich anerkannt. Man darf nur nicht mit überspitzten Erwartungen und Wunschvorstellungen an die Behandlung herangehen.“
Man könne den Zustand, in den ein hypnotisierter Patient versinkt, vergleichen mit jenen Momenten kurz vor dem Einschlafen, in denen wir zwischen Wachsein und Schlaf lavieren, sagt Elisabeth Jürgens und betont, dass man sich einlassen müsse auf die Hypnose und dass Menschen, deren Kopf ständig arbeitet, schwerer zu hypnotisieren seien als solche, die sie mutig begleiten: „Ich muss wissen, dass der Patient mitgehen will.“
Die Emotionen im Unterbewusstsein
Ziel der Hypnose sei es, an die Emotionen des Patienten heranzukommen: „Denn Emotionen sind es, die unsere Gedanken steuern. Und wenn die Gedanken immer traurig sind, dann verhindern sie womöglich unser Lebensglück.“ Sich hypnotisieren zu lassen bedeute, eine Tür zu öffnen, hinter der vielleicht jene Konflikte und Blockaden lauern, die den Menschen so negativ belasten und von denen es sich zu befreien gelte. Sonst drohe womöglich eine emotionale Schieflage, die schließlich in eine Depression münden könne.
Die Augen des Hypnotisierten sind geschlossen, Elisabeth Jürgens spricht ihn stets von der linken Seite an, denn in der linken Gehirnhälfte befinde sich unser emotionales Zentrum, sagt sie. Am Beginn der Therapie sei ein aufklärendes Gespräch wichtig, um auszuloten, wohin die Reise gehen solle: „Ich kann niemanden in Hypnose versetzen und alle Probleme sind verschwunden.“
Vorgänge visualisieren und beschreiben
Wer beispielsweise seinen Reizdarm behandeln lassen wolle, der müsse zunächst beim Arzt abklären lassen, ob seinem Leiden keine organische Ursache zugrunde liege. Wem sie helfen solle, das Rauchen aufzugeben, der brauche mit einem Konsum von 60 Zigaretten pro Tag erst gar nicht zur Behandlung zu erscheinen, sondern müsse schon Vorarbeit geleistet haben. Wer traumatischen Erlebnissen aus der Kindheit auf die Spur kommen wolle, der müsse wissen, dass das mit Schweiß und Tränen bis hin zu Atemstörungen verbunden sein könne.
Denn unter der Hypnose lässt der Mensch los und gibt sich in gewisser Weise hin. Elisabeth Jürgens verlangt von ihren Patienten, dass sie die Vorgänge in ihrem Unterbewusstsein visualisieren und beschreiben, was sie sehen.
Eine unbedachte Äußerung kann so viel kaputt machen
Eine Frau, die Angst vor Schnee hatte, konfrontierte sie mit einem weit zurückliegenden Unfall auf schneeglatter Straße, der die Ursache ihrer Phobie war. Mit schweißnassen Händen und Herzrasen habe die Patientin auf die hervorgeholte Erinnerung reagiert. Bevor sie sie „aufwachen“ ließ, lenkte Elisabeth Jürgens das Gespräch auf Tiere, weil sie wusste, dass die Frau gerne darüber sprach. Auf diese Weise wurden die negativen Emotionen „überschrieben“, so dass die Patienten später nicht mehr an das traumatische Ereignis des Unfalls herangekommen sei: „Die Angst vor Schnee war verflogen.“
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Bisweilen sind die Ursachen von Angst und Grauen viel komplexer und schwer zu ergründen. Bei sensiblen Menschen könne eine unbedachte Äußerung aus der Kindheit – etwa wenn ein Elternteil sage: „Du bist ja wirklich zu nichts imstande“ – verheerende Folgen nach sich ziehen: „Die Betroffenen werden zeitlebens von diesem Satz getriggert und versagen immer wieder vor Herausforderungen.“
Die Hypnose macht es möglich, weit in die Vergangenheit hinabzusteigen und jene Wunde zu lokalisieren, die nie verheilt ist.