Wehringhausen. Die Polizei schenkt Tee am Bodelschwingh-Platz aus. Es kommen nur Kinder. eine persönliche Beobachtung in einem isolierten Viertel.
Es ist eine persönliche Beobachtung. Und ich möchte betonen, dass meine Achtung und mein Respekt vor den vielen rumänischen Familien, die sich im unteren Wehringhausen niedergelassen haben, groß ist. Seine Heimat zu verlassen und in einer fremden Kultur, einem fremden Wertesystem anzukommen und weiterzuleben, ist etwas, was ich bislang nicht erleben musste. Ich würde mir in diesem Fall aber wünschen, dass es nicht so läuft wie hier. Das Format „Tea with Cops“ hat mir das auf dem Bodelschwinghplatz gestern noch mal vor Augen geführt. (Lesen Sie auch: So lief „Tea with Cops“ vor der Al Seddiq Moschee in Altenhagen)
Der Bodelschwingh-Platz als „Versuch“
„Tea with Cops“ ist ein Begegnungsformat, bei dem die Polizei ganz bewusst den Gang in fremde, im Hagener Fall in muslimische Kulturkreise sucht. Zweimal hat das Format bereits mit großer Resonanz vor zwei Moscheen in Hagen stattgefunden. Zuletzt vor der syrischen Moschee am Bergischen Ring, davor vor der Al-Sieddiq-Moschee in Altenhagen. Nun auf den Bodelschwingh-Platz zu gehen, war ein Versuch, wie mir der Kontaktbeamte Michael Siemes erklärt.
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Der für über 1,2 Millionen Euro sanierte Platz, das Häuserensemble drumherum und die ganze mittlerweile vom Verkehr abgeklemmte Wehringhauser Straße ist für mich Sinnbild fehlender Steuerungspolitik auf dem Hagener Wohnungsmarkt und dazu jahrelanger Blindheit der Verwaltungsoberen. Was man hier leider beobachten kann, ist Ghettoisierung im Sinne ihrer Definition. Eine ganz bestimmte Bevölkerungsgruppe lebt abgesondert und isoliert vom Rest der Stadtgesellschaft in einem kleinen Bereich, in dem Mieten schwindelig niedrig und die Augen der Vermieter Hunderte Kilometer weit weg sind. Die Ratten kriechen in manchem verlebten Haus wilhelminischer Bauart ohne Scheu auch in den oberen Etagen herum.
Rumänen kriegen keine Wohnung
Für Lajos Gabor ist das im Prinzip kein Wunder, wie sich alles entwickelt. Er ist selbst Rumäne, seit 2012 in Hagen. In der Heimat war er Kupferschmied, hier arbeitet er im Quartiersmanagement und ist Vorsitzender des Vereins Romanodrom, eine Selbstorganisation von Roma aus unterschiedlichen Herkunftsländern. Er beschreibt, dass das Ausbrechen aus dem Isolationsbereich unteres Wehringhausen so gut wie unmöglich ist. „Als Rumäne kriegst du nirgends eine Wohnung. Auch nicht bei den großen Wohnungsvereinen.“ Ja, das ist die Kehrseite. Ignorante Abzock-Vermieter einerseits, aber auch ein heimischer Wohnungsmarkt, der Zutritt für diese Personengruppen nicht will.
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Es kommen eigentlich nur Kinder
Aus dieser Personengruppe kommen zur Aktion „Tea with Cops“ am Bodelschwinghplatz nur Kinder. Die Erwachsenen, die zu sehen sind, sind Polizisten, Ordnungsamtsmitarbeiter oder Mitglieder vom „Romanodrom“. „Ich hätte gedacht, dass mehr Erwachsene kommen“, sagt Kontaktbeamter Siemes. „Im besten Fall haben wir bei den Kindern einen positiven Eindruck hinterlassen.“ Das stärke das Verhältnis zur Polizei. Dabei, so mein Eindruck, ist die Polizei in diesem Viertel weiter die Einheit, die am wenigsten gefragt ist. Sie kann sich hier zeigen und hier und da Symptome behandeln. An die wirkliche strukturelle Arbeit müssen Politik, Verwaltung und Streetworker. Die Sommertour des OB müsste hier halten, nicht auf dem Wilhelmsplatz. Die aus den Augen verlorene Welt liegt unterhalb der Augustastraße.