Hagen. Während eines Seminars am Paketzentrum in Hagen wurden Zusteller-Azubis auf mögliche Begegnungen mit aggressiven Hunden vorbereitet.

Die Feindschaft zwischen Hunden und Briefträgern ist fast sprichwörtlich geworden. Glaubt man dem Volksmund, dann handelt es sich um geradezu natürliche Antipoden, denen die Gegnerschaft schon in die Wiege gelegt worden ist. Und tatsächlich: „Pro Jahr werden in Deutschland 1800 Zusteller während der Arbeit von Hunden gebissen“, berichtet Ingo Gottschalk, Ausbildungsleiter bei der Post in Hagen.

Das ist natürlich, ins Verhältnis gesetzt zu den Millionen von Zustellungen, eine geringe Zahl. Und dennoch existiert der Konflikt, Begegnungen mit Hunden, auch wenn sie zumeist problemlos verlaufen, gehören für Postboten zum Tagesgeschäft.

Ein unvermeidliches Aufeinandertreffen

Um sich als künftige Zusteller für das unvermeidliche Aufeinandertreffen mit den Vierbeinern zu wappnen, absolvierten 15 Post-Azubis am Mittwoch am Paketzentrum an der Buschmühlenstraße in Hagen wirksame Strategien im Umgang mit aggressiven Vierbeinern. Denn auch in Hagen sehen sich die Männer und Frauen in ihrer gelben Dienstkleidung tagtäglich an Haustüren und Gartenpforten bellenden, Zähne fletschenden Hunden gegenüber. „Ich möchte natürlich nicht gebissen werden, andererseits habe ich aber auch keine Angst vor Hunden“, bleibt Azubi Jonas Bellstedt (21) dennoch gelassen.

Dennis Mojic hält das beißkussen fest, das der Belgsiche Schäferhund ihm mit Macht zu entreißen versucht. 
Dennis Mojic hält das beißkussen fest, das der Belgsiche Schäferhund ihm mit Macht zu entreißen versucht.  © WP | Michael Kleinrensing

Die Hundetrainer Michael Pfaff (55) und Uwe Graute (60) mit ihren belgischen Schäferhunden Demi und Clip verwickelten die Auszubildenden in alltägliche Situationen. Die jungen Leute mussten auf engstem Raum an den Vierbeinern vorbeigehen oder ein Paket „abgeben“, auf das sich die Hündin wie ein gespannter Flitzebogen begierig stürzte. „Der Zusteller soll die Übergabe der Sendung bestimmen, nicht der Hundebesitzer“, gab Pfaff den Auszubildenden mit auf den Weg, brenzlige Situationen möglichst zu meiden und das Paket im Zweifelsfall wieder mitzunehmen.

Konfrontation möglichst umgehen

Manchmal ist es aber zu spät wegzulaufen bzw. die Konfrontation mit dem Hund zu umgehen. Im Falle eines Angriffs müsse sich der Zusteller auf jeden Fall verteidigen, so Pfaff, wobei die Heftigkeit der Gegenwehr davon abhänge, ob es sich bei dem aggressiven Vierbeiner um einen Chihuahua oder einen Rottweiler handele: „Einen kleinen Hund darf ich nicht so wegtreten wie einen großen.“

Damit es so weit möglichst gar nicht erst kommt, spielt die Körpersprache des Postboten eine entscheidende Rolle. Hunde kommunizieren in erster Linie nonverbal und beobachten ganz genau, ob der Fremde, der da das Grundstück betritt, unsicher oder gar ängstlich ist.

Die Uniform beeindruckt den Hund nicht

Und da sie sich gern auf ein Opfer stürzen, das einen unterlegenen Eindruck macht, sei es wichtig, selbstbewusst und energisch nach vorn gerichtet aufzutreten, so Pfaff: „Am besten ist es, die Hunde, so weit das möglich ist, zu ignorieren.“ Zusteller, denen das gelänge, würden seltener gebissen als ängstliche Kollegen oder solche, die den wütenden Hund zu beschwichtigen versuchten.

Dass Hunde Briefträgern grollen, weil sie Briefträger sind, gehört allerdings ins Reich der Legende. Die Aggressionen rühren ausschließlich daher, dass der Zusteller ein Fremder ist, der sich dem Haus täglich nähert – beim Eismann oder Elektriker, wenn sie denn öfter kämen, würden die Vierbeiner ähnlich militant auftreten.

Training mit dem Beißkissen

Es ist auch keineswegs die Uniform des Postboten, die den Hund bis auf Blut reizt: „Es ist ausschließlich die Person, die immer wieder im Territorium des Hundes auftaucht. Käme der Zusteller ohne Uniform, würde der Hund genauso reagieren“, so Pfaff.

Höhepunkt des Ausbildungsseminars war zweifellos das Training mit einem Beißkissen, das die Azubis mit beiden Händen festhalten sollten, während Rüde Clip sie ansprang und es ihnen zu entreißen versuchte. Davon waren selbst diejenigen beeindruckt, die, wie Dennis Mojic (18), selbst Hundebesitzer sind. Auf seine Arbeit freut sich der angehende Zusteller aus Hagen trotzdem: „Kann sein, dass ich nervös werde, wenn ich dabei mal einem aggressiven Hund begegne, aber Angst habe ich nicht.“