Hagen. Anbau an die Bäckerei: Kamp will mit seiner Produktion in Hagen flexibler werden und mehr Raum für die Kühlung haben. Das sind die Pläne.

Er ist quasi hinter der Ladentheke aufgewachsen. Wie das damals so war: hinten der Vater in der Backstube, vorne die Mutter im Geschäft. Und irgendwie mittendrin der kleine Martin. Der ist längst selbst Bäcker, leitet die größte Bäckerei der Stadt Hagen, die einst ihre Keimzelle in der Berghofstraße hatte, dann eine Filiale am Hauptbahnhof und Mitte der 90er die Produktion an die Schwerter Straße verlagert hat, um von dort all die Filialen in der Umgebung zu beliefern. Jetzt erweitert die Bäckerei Kamp noch einmal.

Eine weiterer Komplex – rund 700 Quadratmeter groß – wird von hinten an die bestehende Halle angedockt. Teile des Hangs hinter der Halle müssen deshalb abgetragen und gesichert werden. Ein durchaus aufwendiger Prozess, der künftig für mehr Raum sorgen soll. „Wir müssen reichlich Erde bewegen“, sagt Martin Kamp und blickt auf L-förmige Betonelemente, die den Hang sichern und das neue Gebäude schützen sollen.

Teig entwickelt über Nacht Geschmacksstoffe

„All das machen wir nicht, weil wir die Produktion erhöhen wollen“, sagt Martin Kamp, „wir wollen die Abläufe noch einmal verbessern und die Qualität erhöhen.“ Das soll über eine Ausweitung der Kühlkapazitäten gelingen. „Der Teig wird dann über Nacht ,geführt’, entwickelt Geschmacksstoffe“, erklärt Bäcker-Meister Kamp einen Prozess, „durch mehr Kühlfläche werden wir flexibler und können den Produkten die Zeit geben, die sie verdienen. Sie werden so letztlich bekömmlicher. “

Schon jetzt werden Produkte über Nacht gekühlt, damit sich der Teig entfalten kann. Diesen Prozess will Martin Kamp optimieren.
Schon jetzt werden Produkte über Nacht gekühlt, damit sich der Teig entfalten kann. Diesen Prozess will Martin Kamp optimieren. © WP | Michael Kleinrensing

Dabei war zu Zeiten des Neubaus an der Schwerter Straße nicht absehbar, dass man einmal noch mehr Platz bräuchte. „Bis dahin waren wir im Grunde ein kleiner Familienbetrieb“, sagt Martin Kamp, „wir haben ja dann quasi auf der grünen Wiese gebaut, reichlich Parkplätze direkt vor der Tür. Das würde man heute anders, wohl nachhaltiger lösen.“

300 Mitarbeiter bei Bäckerei Kamp

Letztlich ist die jetzige Erweiterung für das Unternehmen mit seinen rund 300 Mitarbeitern in Backstube, Zentrale und Verkauf, ein Schritt in die Zukunft. Und das in einer Zeit, in der unterschiedliche Krisen die Branche treffen. „Natürlich brauchen wir Energie, und natürlich treffen uns die steigenden Preise auf dem Markt“, sagt Stefanie Kamp und verweist darauf, dass erste Bäckereien darüber nachdenken, auf Wasserstoff umzustellen. Kamp wiederum hängt am Gasnetz.

Die Preise für Mehl sind explodiert, In diesen Silos lagert der Rohstoff bei der Bäckerei Kamp in Hagen.
Die Preise für Mehl sind explodiert, In diesen Silos lagert der Rohstoff bei der Bäckerei Kamp in Hagen. © WP | Michael Kleinrensing

Hinzu kommen die steigenden Spritpreise, die das Unternehmen, das seine Filialen in Hagen und der nahen Umgebung täglich auf jeweils drei Touren anfährt, belasten. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, einen Radius von 20 Kilometern um die Zentrale herum nicht zu verlassen“, sagt Stefanie Kamp. Man wolle die „Kunden kennen. Und die Kunden kennen uns“. Daher habe man auf einen Ausbau des Netzes in Dortmund oder Wuppertal in der Vergangenheit verzichtet. Gleichwohl kämen täglich hunderte Kilometer zusammen.

Solaranlage soll Strom für Kühlung liefern

Stefanie Kamp und Martin Kamp an der Baustelle im Norden von Hagen.
Stefanie Kamp und Martin Kamp an der Baustelle im Norden von Hagen. © WP | Michael Kleinrensing

Immerhin: Eine Photovoltaikanlage auf dem neuen Anbau soll helfen, einen Teil der Stromkosten zu sparen. Die werden vor allem durch die Kühlanlagen verursacht. In einem nächsten Schritt wolle man die Fahrzeugflotte auf Elektro-Wagen umstellen. „Derzeit gibt es allerdings Modelle, wie wir sie brauchen, noch nicht auf dem Markt“, sagt Martin Kamp und verweist auf ein geringe Ladehöhe, damit über eine ausklappbare Rampe die mit den Produkten beladenen Wagen aus der Produktion direkt in die Klein-Lkw geschoben werden können. Auch das Nutzen von Abwärme sei ein Thema.

Aus Teig werden in an der Schwerter Straße Brote. Die Bäckerei Kamp will jetzt erweitern.
Aus Teig werden in an der Schwerter Straße Brote. Die Bäckerei Kamp will jetzt erweitern. © WP | Michael Kleinrensing

Letztlich sind auch die Preise für Rohstoffe explodiert. „Mehl und Öl waren ja lange knapp“, sagt Stefanie Kampf, „was das bedeutet, merken die Verbraucher in den Geschäften. Bei uns sind die Dimensionen ganz andere.“

Und so sucht das Ehepaar Kamp nach einem gangbaren Mittelweg. „Wir tragen Verantwortung für das Unternehmen und unsere Mitarbeiter“, sagt Stefanie Kamp, „auf der anderen Seite ist es unmöglich, die steigenden Kosten eins zu eins an die Kunden weiterzugeben.“