Wehringhausen. Ein subjektiver Blick auf 36 Orte in Hagen: Für unsere Sommerserie „Neulich in Hagen“ schwärmen die Reporter aus. Heute: der Wilhelmsplatz.

Okay, Berlin hat seinen Ku´damm, München den Stachus und Köln die Domplatte. Mit solchen berühmten Örtlichkeiten wagt sich der Wilhelmsplatz natürlich nicht zu messen. Er macht eher in Understatement. Kein veritabler Brunnen, keine berühmte Kirche, kein wahnsinnig interessantes Museum – nichts, was einem vom Sitz zu reißen vermag.

Aber einfach schön. Von hoher Aufenthaltsqualität. Und für die Menschen in Hagen-Wehringhausen ein Ort zum Sehen und Gesehenwerden.

Kritiker bemängeln, dass dem Wilhelmsplatz ein wenig das Grün fehlt. Aber die vorhandenen Bäume brauchen auch noch Zeit, ums sich zu entwickeln.
Kritiker bemängeln, dass dem Wilhelmsplatz ein wenig das Grün fehlt. Aber die vorhandenen Bäume brauchen auch noch Zeit, ums sich zu entwickeln. © WP | Michael Kleinrensing

Die Neugestaltung vor zwei Jahren hat dem „Willi“ ein im wahrsten Sinne des Wortes bürgerfreundliches Antlitz verpasst. Er wurde ja auch von Bürgern erdacht, Delegierte aus dem Lenkungskreis Wehringhausen sowie Anwohner und Geschäftsleute hatten sich als „Baupaten“ in die Modernisierung eingebracht. Die Hagener Industrie- und Gewerbeflächen GmbH (HIG) hat hier an der Bismarckstraße 28 ihr erstes Haus überhaupt in Wehringhausen erworben, derzeit ist es eingerüstet, die Fassade wird saniert.

Ein Logenplatz im Café Europa

Früher glich der Wilhelmsplatz eher einem schrägen, verstellten Podest. Schräg ist er immer noch; wer einen Fenster- oder Terrassenplatz im Café Europa ergattert, der hat einen Logenplatz mit Blick auf die Platzkulisse. Drei kleine Springbrunnen plätschern vor sich hin, Kinder jagen die unvermeidlichen Stadttauben über die große Freifläche, die sich geradezu ideal für Stadtteilfeste oder ähnliche Events anbietet, nur die Boccia-Bahn wird an diesem sonnigen Juninachmittag (noch) nicht genutzt.

Der Blick von oben macht deutlich, dass die Platz-Flache des Wilhelmsplatzes ein Karree bildet.
Der Blick von oben macht deutlich, dass die Platz-Flache des Wilhelmsplatzes ein Karree bildet. © Alex Talash

Boccia und Bänke – der Willi mit seiner Draußen-Qualität ist vor allem für die vielen ausländischen Familien, die die hellen Tage im Freien lieben, ein Anziehungspunkt. Den alteingesessenen Wehringhausern müsse man schon Angebote machen, um sie an die frische Luft zu locken, sagt Maik Schumacher, Quartiersmanager in Wehringhausen: „Auf dem Willi kommen die unterschiedlichsten Gruppen zusammen. Eigentlich müssten die Vereine bzw. die Stadtgesellschaft noch viel aktiver werden, der Platz gibt es einfach her, dass man mit relativ wenig Aufwand etwas organisieren kann.“

Ein beeindruckender Vierbeiner

Oder man lässt den lieben Gott einen guten Mann sein und setzt sich auf einer Bank in die Sonne. Man hat seinen Berner-Sennenhund-Labrador-Mischling an der Leine, ein beeindruckendes, vielleicht etwas übergewichtiges Tier, dem die Kinder immer an den Ohren zupfen wollen. Neben sich eine Flasche Bier und im Kopf das Bewusstsein, dass das Leben doch in solchen Stunden am schönsten ist. „Ich komme öfter her und genieße den Tag, genieße die Sonne und beobachte die Leute“, sagt der Berner-Sennenhund-Labrador-Mischling-Besitzer und krault sein Tier hinter den Ohren: „Der beißt nicht, aber ich sage den Kinder immer, er beißt, damit sie ihn nicht anfassen. Man weiß ja nie, wie er reagiert, wenn ihm die Kinder die Ohren langziehen. Das ist kein Dackel, man weiß ja nie. Deshalb sage ich von vornherein, er beißt, obwohl er noch nie jemanden gebissen hat.“

In den Abendstunden wird der Wilhelmsplatz vorzugsweise von Migranten genutzt. Die alteingesessenen Wehringhauser kommen erst zu Veranstaltungen.
In den Abendstunden wird der Wilhelmsplatz vorzugsweise von Migranten genutzt. Die alteingesessenen Wehringhauser kommen erst zu Veranstaltungen. © WP | Michael Kleinrensing

Der Wilhelmsplatz sei, wie sein Bruder, der Bodelschwinghplatz, ein typisches Kind des ausgehenden 19. Jahrhunderts, erzählt Stadtheimatpfleger Michael Eckhoff. Das sei an der karreeartigen Bebauung und den Baustilen gut zu erkennen: „Historismus gepaart mit Jugendstil. Solche Plätze gehörten um 1900 zu jedem Viertel.“

Eine besondere Bedeutung besitzt in diesen Tagen die Skulptur „Junge mit der Tröte“ des russischen Bildhauers Alexander Parfeonov, die 2005 auf Initiative des Freundeskreises Hagen-Smolensk auf dem Wilhelmsplatz aufgestellt wurde. „Der Künstler verbindet damit den Gedanken, dass Musik Menschen verbindet, auch wenn sie nicht die gleiche Sprache sprechen“, heißt es in der Inschrift des Kunstwerkes.

Es gibt Präsidenten im Land des Künstlers, die nicht dieser Meinung sind, sondern eher das Trennende zwischen den Menschen hervorheben.

Die Folgen unserer diesjährigen Sommerserie „Neulich in Hagen“ finden Sie auch auf unserem Internetauftritt www.wp.de/neulich-in-hagen.de