Hagen. Emmanuel Afriyie soll Deutschland verlassen. In Hagen hat die Stadt dem gesellschaftlich anpackenden Ghanaer den Integrationspreis verliehen.

Das Schicksal des Hagener Integrationspreisträgers und Ghanaers Emanuel Afriyie bewegt aktuell viele Menschen in Hagen. Der 37-Jährige kam 2015 nach Hagen und gilt in Wehringhausen und darüber hinaus als Vorbild für Integrationswillen und als jemand, der stadtgesellschaftlich mit anpackt und hilft. Doch der freundliche Ghanaer, dem drei Unternehmen aus Hagen bereits einen Ausbildungsplatz anbieten, blickt mit Sorge in die Zukunft. Er soll Deutschland wieder verlassen. An seinem Beispiel zeigt sich, wie sehr menschliche Belange und Recht und Gesetz oft auseinanderdriften können.

In kürzester Zeit Wurzeln geschlagen

Der lange Weg nach Hagen für Emmanuel Afriyie führt über Lybien, Südeuropa, ein Heim im Ruhrgebiet und schließlich nach Hagen, wo er – und das muss Fügung gewesen sein – Kontakt zu dem Verein „Hagen United“ bekommt. Das Umfeld, die besondere Mannschaft, in der Kicker aus dutzenden Nationen mitspielen, die Menschen, die er dort trifft – all das wirkt ab 2016 wie ein Integrationsbeschleuniger für den Ghanaer. Er schlägt in kürzester Zeit Wurzeln. Er wird stellvertretender Vorsitzender von „United“, nimmt den Integrationspreis der Stadt Hagen entgegen, sammelt Spenden, geht zur Schule und sucht als in Ghana gelernter Maurer einen Arbeitsplatz.

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Doch die Geschichte von einem, den so viele Menschen in Hagen mit offenen Armen empfangen, hat einen schwierigen Anhang. Emmanuel Afriyie ist für die Behörden ohne Identität. „Im Rahmen des durchlaufenden Asylverfahrens wurde durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Es besteht eine vollziehbare Ausreisepflicht seit dem 24. April 2017“, heißt es aus der Pressestelle der Stadt Hagen, die auch für die hiesige Ausländerbehörde spricht.

„Ohne Emma wäre der Verein Hagen United beispielsweise nicht denkbar“, sagt Jana Bostellmann (links) über Emmanuel Afriyie (Mitte).
„Ohne Emma wäre der Verein Hagen United beispielsweise nicht denkbar“, sagt Jana Bostellmann (links) über Emmanuel Afriyie (Mitte). © WP | Michael Kleinrensing

Geburtsurkunde reicht nicht

Nach eigener Aussage hat es Emmanuel Afriyie über die Botschaft seines Herkunftslandes nun geschafft, eine Geburtsurkunde zu beschaffen. Doch das reicht nicht. „Zur Klärung der Identität und der Staatsangehörigkeit ist die Vorlage einer Geburtsurkunde nicht ausreichend“, erklärt die Stadt Hagen auf Anfrage. Ein Nachweis könne zunächst durch die Vorlage eines gültigen Nationalpasses erbracht werden. Doch auch das würde dem Ghanaer nicht helfen. Denn: Sollte sich im Verfahren der Identitätsklärung herausstellen, dass Afriyie ghanaischer Staatsangehöriger ist, „greift bezüglich einer Beschäftigungserlaubnis das generelle Beschäftigungsverbot für Personen aus sicheren Herkunftsstaaten“, erklärt die Stadt. Die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis sei hier per Gesetz ausgeschlossen.

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„Tatbestände“ seien nicht erfüllt

Emmanuel Afriyie hatte sich in seiner Not auch an den Petitionsausschuss des Landes gewendet. Die Antwort ist vorerst nur ein Zwischenbescheid. Der Petitionsausschuss macht in einem Antwortschreiben an ihn aber deutlich, dass er vollziehbar ausreisepflichtig sei. Wegen der verhältnismäßig kurzen Aufenthaltsdauer in Deutschland sehe sich der Ausschuss nicht veranlasst, der Landesregierung eine Aufenthaltserlaubnis zu empfehlen. Auch andere „Tatbestände“ seien da nicht erfüllt. Auch eine Ausbildungsduldung könne aktuell nicht erteilt werden.

Petitionsausschuss zweifelt an Herkunftsland

Der Petitionsausschuss gibt in seiner Antwort von vergangenem April zudem zu bedenken, dass Emmanuel Afriyie übrigens auch aus Burkina Faso stammen könnte – so wie seine Eltern es täten. Erst wenn die Identitätsfrage geklärt sei, könne zum Beispiel die „Erteilung einer Ausbildungsduldung“ ins Auge gefasst werden.

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Nach der Antwort des Petitionsausschusses ist es Emmanuel Afriyie gelungen, eine Geburtsurkunde zu bekommen. Das Dokument, das er der Stadtredaktion zeigt, stammt aus Ghana. Er konnte auch eine eidesstattliche Erklärung seiner Mutter beschaffen. Jana Bostelmann – Sozialarbeiterin, Hagen-United-Mitglied und in dieser Sache Begleiterin von Afriyie – sagt: „Damit steht einer Beantragung des Passes nichts im Wege.“

Die Katze beißt sich in den Schwanz

Die Stadt betont, dass es im Interesse des Betroffenen liege, der Ausländerbehörde einen Nationalpass vorzulegen, um anschließend freiwillig auszureisen und im Rahmen des Visaverfahrens zur Absolvierung einer Ausbildung legal ins Bundesgebiet einzureisen.

„Und da beißt sich die Katze in Schwanz“, sagt Christiane Vonnahme von der Caritas und Unterstützerin von Emmanuel Afriyie. „Das Angebot der Wiedereinreise nach freiwilliger Ausreise ist nicht wirklich ein gangbares Angebot. Die unkalkulierbaren Folgen, die gesellschaftliche Ächtung beinhalten würden, und die Wartezeit sind einfach zu lang.“