Hohenlimburg. Über ein Jahr haben Förderschüler einen Film über Spuren jüdischen Lebens in Hohenlimburg produziert. Zu Wort kommen auch namhafte Experten

Jüdisches Leben in der Umgebung – ein Thema, mit dem sich Jugendliche in der Regel nicht auseinandersetzen, könnte man meinen. Doch genau das haben die Schüler der 7. und 8. Klasse der Wilhelm-Busch-Förderschule in der Nahmer gemacht. Als einzige Schule im Hagener Stadtgebiet haben sie an dem Projekt „jüdisch hier – auf medialer Spurensuche in Westfalen“ teilgenommen.

Namhafte Experten

Entstanden ist ein 33-minütiger Film, der über Spuren jüdischen Lebens in Hohenlimburg aufklärt. Zu Wort kommen dabei ebenso namhafte Experten wie der Hagener Chefhistoriker Ralf Blank und der israelische Politologe und Schriftsteller Arye Sharuz Shalicar sowie etwa die US-Amerikanierinnen Sheri und Gail Stern, die aus einer Familie von Holocaust-Opfern aus Hohenlimburg stammen.

Ein Jahr Arbeit

Ein Jahr haben die Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Busch-Schule an dem Film gearbeitet und recherchiert. „Natürlich ist es nicht ganz einfach Jugendlichen dieses Thema nahezulegen“, erklärt Lutz Debus, Sozialpädagoge an der Wilhelm-Busch-Schule und Begleiter des Projekts. Bewegte Bilder schaffen dies meist besser als der Lehrer vor der Tafel. Aus diesem Grund besuchten sie das Kino in der Pelmke, in dem ein Film die Kindheit und Jugend eines jüdischen Jungen aus Berlin in zeigt. Die Projektarbeit wurde zunächst theoretisch im Unterricht vorbereitet. Im Religionsunterricht lernten die Schüler das Judentum kennen, im Politikunterricht die Geschichte, die damit verbunden ist. Im Englischunterricht wurde das Gespräch mit Sheri und Gail Stern aus den USA vorbereitet, die den Jugendlichen über die Geschichte ihrer jüdischen Vorfahren erzählten.

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Überschattet von Anschlagsversuch

Einmal die Woche nahm sich die Gruppe Zeit, um an ihrem Video-Projekt „Jüdisch hier?“ zu arbeiten. „Die Schüler haben das Projekt ganz unterschiedlich angenommen“ erzählt Lutz Debus. „Einige waren sehr interessiert, andere haben einfach mitgemacht“, führt er weiter aus. Die Gruppe besuchte Synagogen in der Umgebung. Überschattet wurden ihrer Recherchen von dem vereitelten Bombenanschlag auf die Hagener Synagoge im September letzten Jahres. Die Schüler schickten dem Vorsitzenden, Hagay Feldheim, Briefe, in denen sie ihr Mitgefühl ausdrückten. Daraufhin lud der Vorsitzende die Klasse in die Synagoge ein und beantwortet den Schülern ihre Fragen.

Jüdischer Friedhof

Zur Recherche gehörte auch ein Besuch des jüdischen Friedhofs in Elsey, wo sich auch eine Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus befindet. Unterstützt wurde das Projekt auch vom Hagener Stadtarchiv, das Fotos bereitstellte, und dessen Leiter Dr. Ralf Blank den Schülern mehr über die Vergangenheit der Juden in Hohenlimburg erzählte. Um mehr über das jüdische Leben unter dem Nationalsozialismus zu erfahren, sprachen die Schüler mit Sheri und Gail Stern aus Baltimore (USA) und mit dem Protagonisten des Films „Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude“, den sie zu Beginn ihrer Recherchen gesehen hatten: Arye Sharuz Shalicar ist der Autor und Protagonist des Buches, dem der Film zugrunde liegt. Er lebt in Tel Aviv. Für das Interview brauchte es keinen Flug. „Dank Videokonferenzen ist das ja heute möglich“, sagt Sozialpädagoge Lutz Debus.

Bilder aus Auschwitz

Mit in das Video flossen auch Bilder und Eindrücke einer ehemaligen Klasse der Schule. Sie hatten die Gedenkstätte Auschwitz besucht und erzählten den Jugendlichen von dem Ort und den Eindrücken, die sie von dort mitnahmen. „Das war schon sehr berührend“ erinnert sich Debus.

Finanziell wurde das Filmprojekt durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ unterstützt. Im Frühjahr war das Video dann fertig. „Die Schüler haben darauf ganz unterschiedlich reagiert“, berichtet Lutz Debus. „Einige waren Stolz auf ihre Arbeit, andere waren froh, dass es nun vorbei ist.“ Ihm selbst hat die Arbeit an dem Projekt sehr gefallen. „Mit Jugendlichen die deutsche Geschichte aufzuarbeiten ist sehr wichtig“, erklärt der Sozialpädagoge. „Was der Film zeigt ist, dass wir tolerant miteinander sein müssen.“

Projekte an 25 Schulen

Die Wilhelm-Busch-Förderschule war eine von 25 Schulen und Bildungseinrichtungen, die sich im Rahmen des LWL-Projektes auf Spurensuche nach jüdischem Leben in Westfalen begeben haben.

Unter den Bewerben bestand eine große Vielfalt der Schulformen, von Real- und Grundschulen über Gymnasien und Förderschulen bis hin zu Berufskollegs war alles dabei. Außerdem nahmen auch außerschulische Bildungseinrichtungen an dem Projekt teil.

Interessierte können sich das Video der Wilhelm-Busch-Förderschule im Internet kostenlos anschauen. Verfügbar ist es auf dem Videoportal YouTube auf dem Kanal der Wilhelm-Busch-Schule oder unter dem Titel „Jüdisch hier – in Hagen. Spurensuche der Wilhelm-Busch-Schule“ auf dem Kanal des LWL Medienzentrums.