Hagen. Nach den Kindergärten werden die Grundschulen in Hagen zu Familienzentren, zu Anlaufpunkten nicht nur für Kinder, sondern für Erwachsene.
Die Grundschulen Janusz Korczak und Emil Schumacher in Hagen nehmen immer stärker die Rolle von zentralen Gestirnen im Kosmos Wehringhausen wahr. Beide sind inzwischen Familienzentren und erfüllen neben ihrem eigentlichen Bildungsauftrag zunehmend eine integrative Funktion im gesellschaftlichen Leben des von zahlreichen Nationalitäten und Kulturen geprägten Stadtteils.
„Es mag ein irrsinniger Anspruch sein, aber eine Grundschule muss heute anders denken, sie muss sich als Teil des Quartiers verstehen“, fasst Margarita Kaufmann, die Ende April verabschiedete Schuldezernentin der Stadt Hagen, das Selbstverständnis von Schulen, die in sozialen Brennpunkten liegen, zusammen.
Gesellschaftliche Umbrüche in Hagen
An der Janusz-Korczak-Schule spiegeln sich die gesellschaftlichen Umbrüche, die die nicht abreißende Zuwanderung nach Hagen mit sich bringt, wie in einem Brennglas. Als Britta Dierkes 2018 die Schulleitung übernahm, gab es 210 Schüler, heute sind es 285.
Doch die passionierte Rektorin, ausgebildete Sonderpädagogin, sieht in ihrem stetig wachsenden Aufgabenfeld eine geradezu willkommene Herausforderung: „Ich habe mich bewusst für eine Schule wie diese entschieden, weil ich gern mit Kindern und Familien zusammenarbeite, die es nicht so leicht haben.“
Die Sprache ist die erste und größte Barriere
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Dass nach den Kindertagesstätten jetzt auch die Grundschulen zu Familienzentren weiterentwickelt werden, erscheint angesichts des Vielvölkergemischs in Hagen nur folgerichtig. Ziel dieses vom Landesschulministerium vorangetriebenen Programms ist es, an die Eltern heranzukommen und vor allem Vätern und Müttern aus bildungsfernen Schichten klar zu machen, welche Chancen sich ihnen und ihren Kindern durch Bildung bieten. „Die Sprache ist doch immer die erste und eine große Barriere“, berichtet Shamim Azhar: „Viele Eltern haben schlichtweg Angst, diese Barriere zu überwinden.“
Die Sozialarbeiterin ist seit Januar als Leiterin des Familiengrundschulzentrums Janusz Korczak tätig und arbeitet derzeit an der Eröffnung eines Elterncafé, das als sozialer Anlaufpunkt für Väter und Mütter eine Schlüsselrolle einnehmen soll. Die oft überforderten Zuwanderer können hier schnelle Hilfestellungen und kompetente Informationen erhalten – sei es mit Sprachförderung oder bürokratischen Angelegenheiten.
Angebote und Möglichkeiten für Familien
Shamim Azhar möchte mit maßgeblichen Akteuren in Wehringhausen kooperieren und sich in ihrer Arbeit an den Bedarfen der Einwohner orientieren. Letztlich geht es nicht nur um ein chancengerechtes Aufwachsen der Kinder, sondern um Angebote und Möglichkeiten für deren Familien. „Wir wollen Angebote aus dem Stadtteil in die Schule integrieren und im Gegenzug Familien über die Schulen zu Angeboten im Stadtteil vermitteln“, sagt Anna Dreyer, Fachgebietsleiterin für Jugendhilfe und Schule bei der Stadt Hagen.
Wenn Schulleiterin Dierkes träumt, dann träumt sie von einer offenen Schule über 16 Uhr hinaus, die sogar samstags und sonntags ein Anlaufpunkt für Familien sein könnte. Doch die Realität ist eine andere, erst kürzlich musste sie aufgrund der stetig wachsenden Schülerzahl einen Differenzierungsraum aufgeben.
Doch je mehr Zuwanderer sich in Hagen niederlassen, desto wichtiger erscheint es, die neuen Familien in ihrer Erziehungs- und Lebenskompetenz zu stärken und Beratungs- und Bildungsangebote zu vermitteln – und genau das sind die Aufgaben eines Familienzentrums.
Weitere Grundschulen
Neben den Grundschulen Janusz Korczak und Emil Schumacher in Wehringhausen sind auch die Grundschulen Meinolf und Funckepark Familienzentren.
Im Jahr 2023 kommen möglicherweise weitere Grundschulen, beispielsweise in Haspe, hinzu.