Hagen. Nur drei Mitglieder kamen am Dienstag zur Sitzung des Naturschutzbeirates Hagen. Der Streit zwischen Umweltschützern und Stadt spitzt sich zu.

Mit einem neuerlichen Eklat begann und endete am späten Dienstagnachmittag die Sitzung des Naturschutzbeirates Hagen. Weil nur drei von 23 Mitgliedern anwesend waren, beendete der kommissarische Vorsitzende Olaf Rubelt die Sitzung, kaum dass sie begonnen hatte: „Unter diesen Umständen macht es keinen Sinn, hier irgendetwas zu beraten oder zu beschließen.“

Offenbar steckte hinter dem versammelten Fernbleiben der ehrenamtlichen Umwelt- und Naturschützer ein abgesprochener Boykott. Nach Informationen unserer Zeitung sehen sich die Mitglieder von der Stadtverwaltung abgekanzelt und in ihren Kompetenzen beschnitten. „So lange nicht klar ist, unter welchen Bedingungen der Naturschutzbeirat in Hagen zukünftig arbeiten kann, werden die NABU-Mitglieder nicht an den Sitzungen des Naturschutzbeirates teilnehmen“, erklärte am Abend auf Anfrage Fabian Gärtner vom Hagener Naturschutzbund: „Ich würde gerne weiter beratend der Stadt zur Seite stehen, aber nur, wenn das auch etwas bringt. Sonst ist es auch für mich leider nur Zeitverschwendung.“

Stadt bringt gesamtes Gremium gegen sich auf

Zur Erinnerung: Nach dem Kahlschlag am Hohenhof hatten bereits acht Mitglieder des Naturschutzbeirates, darunter der gesamte Vorstand um die Vorsitzende Antje Selter, ihre Ämter niedergelegt. Sie fühlten sich von Baudezernent Henning Keune ausgebootet, auf dessen Initiative hin der Naturschutzbeirat aus der Beratungsfolge der politischen Gremien gestrichen wurde. Auch die Bürgersprechstunde, in der Einwohner dieser Stadt ihre Anliegen vortragen können, sollte aus den Sitzungen des Beirates getilgt werden. Bürger sollten dort keine Möglichkeit mehr bekommen vorzusprechen.

Doch mit ihrem Vorgehen hat die Stadtspitze offenbar nahezu den gesamten Naturschutzbeirat gegen sich aufgebracht, wie der Sitzungsboykott zeigte. Umweltamtsleiter Thomas Köhler war sichtlich betroffen von der Abwesenheit der Mitglieder: „Das macht unsere Arbeit nicht leichter. Wir brauchen den Naturschutzbeirat doch.“

Die Rechte des Gremiums müssten nun klar herausgearbeitet werden. Aber wie es nun weitergehen solle und wo der Schlüssel zu einer Verständigung liege, wisse er nicht: „Ich kann nur hoffen, dass wir die Mitglieder zurückgewinnen. Das sind gute Leute, deren Sachverstand wir benötigen.“

Nun ist unklar, wie es weitergeht

Auch Rüdiger Ludwig (Grüne), Vorsitzender des Umweltausschusses, der die denkwürdige Nicht-Sitzung von der Tribüne des Ratssaales aus mitverfolgt hatte, war konsterniert: „Das Wegbleiben all der Leute zeigt doch, dass die Entscheidungen der Stadtspitze auf Unverständnis stoßen.“ 30 Jahre lang sei der Naturschutzbeirat in Hagen in die politische Beratungsfolge eingebunden gewesen, immer habe das gut funktioniert: „Und jetzt soll es auf einmal nicht mehr möglich sein?“

Ludwig, der bekannt dafür ist, dass er seine Worte besonnen setzt, sieht in Baudezernent Keune den Verantwortlichen für das politische Desaster: „Ich glaube, er ist derjenige, der das betrieben hat.“ Aber auch Oberbürgermeister Schulz scheine einen ähnlichen Kurs zu verfolgen: „Ich vermisse, dass er sich eindeutig hinter den Naturschutzbeirat stellt.“ Es könne ja nicht sein, dass man ein Gremium einfach beiseite schiebe, weil es der Verwaltung Arbeit mache.

Drei bleiben übrig

Die drei Mitglieder, die am Dienstag zur Sitzung erschienen, waren Olaf Rubert (Fischereiverband), Olaf Riegel (Landesjagdverband) und Sebastian Lietz (Waldbauernverband). Dem Naturschutzbeirat gehören eigentlich 16 Mitglieder und 16 stellvertretende Mitglieder an. Einer dieser 32 trat 2021 aus persönlichen Gründen zurück, acht folgten im März infolge der Auseinandersetzung mit der Hagener Stadtverwaltung.

Wie es nun weitergeht, ist unklar. Umweltamtsleiter Köhler wollte sich am Dienstagabend noch nicht dazu äußern, ob die Beteiligung des Naturschutzbeirates in bestimmten Bereichen zwingend erforderlich ist oder ob alle Beschlüsse auch ohne das Gremium getroffen werden können. Dies wird sicherlich ebenso zu klären sein wie die grundlegende Frage, ob der Streit zwischen Stadtspitze und Naturschutzbeirat überhaupt beigelegt werden kann.