Hagen. Jürgen Breuer hört nach fast 30 Jahren im Kulturzentrum Pelmke in Hagen auf. Von echten Diven auf der Bühne, Kino im Freien und Fördertöpfen.

25 Jahre war Jürgen Breuer Geschäftsführer im Kulturzentrum Pelmke in Wehringhausen, davor war er in der sozio-kulturellen Einrichtung in Hagen aber auch schon im Vorstand tätig. Im Februar hat der 65-Jährige den Leitungsposten an seine Nachfolgerin Katharina Müller übergeben, bis Ende März macht er die 32-Jährige noch mit den Arbeitsabläufen in der Pelmke vertraut und stellt ihr Kollegen aus dem Kulturbereich vor.

Herr Breuer, am Donnerstag ist für Sie - zumindest offiziell – endgültig Schluss in Wehringhausen. Wie fühlt sich das für das ,Urgestein der Pelmke’ an?

Jürgen Breuer: Ich schließe die Tür hinter mir ja nicht ganz. Ich bin nicht aus der Welt, werde vorerst noch alle zwei Wochen eine Art ,offene Stunde’ anbieten. Außerdem tummel ich mich doch auch weiterhin auf Veranstaltungen in Hagen und bringe mich im Stadtteil Wehringhausen ein.

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Wenn Sie an die letzten fast 30 Jahre zurück denken - was fällt Ihnen da spontan ein?

Die Plakatwand im großen Saal. Dort hängen etliche Plakate und Poster von Bands, die bei uns aufgetreten sind. Da werden jede Menge Erinnerungen wach.

Welche Geschichten von Musikern, die in der Pelmke gastiert haben, sind Ihnen noch besonders präsent?

Zum Beispiel der Auftritt der damals – also im Dezember 2001 – schon sehr bekannten Punkband ,Marky Ramone’. Der Sänger war eine echte Diva, brauchte eine eigene Garderobe für sich, und er verlangte ein riesiges Catering. Als die Fans Pogo tanzten und dabei Bier auf die Bühne spritzte, wollte Marky Ramone das Konzert abbrechen. Wir haben die Diva dann aber irgendwie doch beruhigen können.

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Aber es traten vor 20 Jahren nicht nur Punk-Bands in der Pelmke auf.

Nein, vor allem waren wir in ganz NRW eine Top-Adresse für Ska-Bands. Etwa bis 2012, dann flachte die Welle ab.

Welche Auftritte sind Ihnen noch besonders im Gedächtnis?

Die der französischen Ska-Band ,Le Cameleons’. Anfangs war die Gruppe noch unbekannt, die Musiker traten vier oder fünf Mal bei uns auf, das war immer eine große Party. Im Laufe der Zeit zogen die Franzosen mehr und mehr Publikum an. Ja, darauf kann die Pelmke stolz sein – hier bei uns wurden internationale Bands, die nachher weltweit Erfolge feierten, entdeckt. Ein weiteres Beispiel hierfür ist die mexikanische Latin-Ska-Band Panteón Rococó, die bei uns im Saal auftrat und später in ihrer Heimat große Hallen füllte.

Ein Blick auf ihre Anfangsjahre - mit Anfang 40 wurden Sie in der Pelmke Geschäftsführer.

Richtig, damals bestand das Team aus zwei Festangestellten und drei ABM-Kräften. Auch früher gab’s schon den Kinobereich, und die Bühne wurde nicht nur von Musikern, sondern auch von freien Theatergruppen genutzt.

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Ihre ersten Aktionen oder Maßnahmen?

Im großen Saal stand damals direkt vor der Bühne ein großer Pfeiler, der vielen Gästen die Sicht versperrte. Das Monstrum hab’ ich entfernen lassen. Im Jahr 2000 hab’ ich neue Toiletten einrichten und den Hof neu gestalten lassen. Das war durch eine Förderung in Höhe von 130.000 Mark möglich.

In welcher Rolle haben Sie sich in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich gesehen?

Ich war Projekt-Initiator und habe Fördertöpfe aufgetan und Fördergelder eingetrieben. Ich hab mich weniger als Programmgestalter gesehen und auch wenig Einfluss aufs Programm genommen. Fürs Booking gab es immer andere Kollegen - gute Leute, denen ich immer freie Hand gelassen habe. Sarah Jung zum Beispiel ist seit mittlerweile sieben Jahren für die Programmgestaltung zuständig und macht das toll und sehr professionell.

Und das zweite Pelmke-Standbein – das Kino Babylon?

Auch das Kino gibt es ja schon eine Ewigkeit. Der Saal hat 64 Plätze. Vor etlichen Jahren hab’ ich angeregt, auch Filme draußen – damals noch vor dem Gebäude – zu zeigen. Anfangs kamen vielleicht 30 Leute, damit war der Vorplatz gefüllt. Seit etwa 15 Jahren bieten wir im Sommer ,Kino unterm Sternenhimmel’ auf dem Hinterhof an. Kinoleiter Alex Thiele kann in Nicht-Corona-Zeiten und bei gutem Wetter 200 bis 300 Besucher begrüßen. Das ist ein Klasse-Erfolg.

Doch bei Ihnen im sozio-kulturellen Zentrum herrscht ja nicht nur eitel Sonnenschein.

Nein, unser großes Manko liegt darin – und das wird sich auch künftig nicht ändern –, dass wir Gastkünstler nur relativ schlecht bezahlen können. Große Gagen sind bei uns einfach nicht drin. Trotzdem bleiben uns einige Künstler treu. Wie die Poetry-Slammer Sebastian 23 und Patrick Salmen. Bei den beiden wollten ihre Agenturen preislich ordentlich anziehen, dann hätten wir uns ihre Auftritte aber nicht mehr leisten können. Doch beide Slammer haben sich entschieden, für eine recht niedrige Gage bei uns aufzutreten, da sie die Atmosphäre und das Publikum hier zu schätzen wissen.

Die leidige Frage nach den Finanzen – wie kommt die Pelmke über die Runden?

Der jährliche städtische Zuschuss lag 2004 bei 74.000 Euro. Dann folgten Kürzungsrunden und Status-quo-Verhandlungen. 2021 betrug unsere institutionelle Förderung nur noch 66.000 Euro. Allerdings brauchen wir an die Stadt für unser Gebäude – eine ehemalige Schule – keine Miete zahlen. Trotzdem müssen wir selbst viel Geld dazu erwirtschaften. Wir müssen zusehen, dass durch Eintrittsgelder, Gastronomie, Spenden und Projektförderung die Finanzlücke geschlossen wird.

Apropos Gastronomie: Corona mal außer Acht gelassen – wie läuft die Pelmke-Kneipe?

Wir haben täglich geöffnet, wobei die Kneipe nur wirklich gut an Veranstaltungsabenden läuft. Aber zumindest kommen wochentags einige von jenen, die an Kursen bei uns im Haus teilgenommen haben, nachher noch für ein Getränk in die Kneipe. Das Schöne im Gastrobereich wie im ganzen Haus ist der Mix der Gäste – da kommen Punks, Cineasten, Maler und Schachspieler.

Zum Schluss noch die Frage nach einem Tipp fürs Team...

Die Leute kommen gut zurecht, da mache ich mir keine Sorgen. Sie sollten den Standort Wehringhausen auf jeden Fall weiter zu schätzen wissen, aber auch mit der Kultur in den Stadtteil gehen. Ich glaube, die Mischung macht’s.