Hohenlimburg/Euskirchen. Die Starkregen-Flut hat Haus und Hochzeitskleid von Jessica Brock schwer getroffen. Vom Brautmodeatelier in Hagen gab es das neue Kleid geschenkt
Sie kann wieder lachen: Jessica Brock steht im Brautmodengeschäft „Kurvenschön“ in Hohenlimburg und zeigt stolz ihr neues Hochzeitskleid. Ein Geschenk an die junge Frau aus Euskirchen, die das gleiche Kleid im vergangenen Frühjahr bereits bei „Kurvenschön“ gekauft hatte – kurz bevor eine Jahrhundertflut die Hochzeitspläne vorerst auf Eis legte.
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Von der Flut getroffen
Der braune Schmutz an dem Kleid von damals ist nicht zu übersehen. Er zieht sich quer über den weißen Stoff und erinnert an eine Naturkatastrophe, die auch Hohenlimburg im vergangenen Juli hart traf. Jessica Brock wohnt in Euskirchen und erlebte dort, wie nach dem Starkregen die Flüsse anschwollen. Das Wasser überflutete ihr Haus. Noch härter traf es jedoch den Bungalow, in dem ihre Oma wohnt. Die hatte auch das kostbare Hochzeitskleid ihrer Enkelin verwahrt. Das Haus liegt direkt an der Erft, die in diesen Tagen im Juli zum reißenden Strom wurde und den Bungalow schwer beschädigte. Der Schmutz am Kleid erzählt bis heute von dieser schweren Zeit für die Familie.
„Nach der Flut wollten wir die Hochzeit erst absagen“, erzählt die junge Mutter, wie es weiterging. Die Prioritäten hatten sich verschoben, statt für eine große Hochzeitsfeier wurden nun Kraft und Geld für den Wiederaufbau gebraucht.
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Im rund 130 Kilometer entfernten Hohenlimburg konnte Antje Linxweiler nur allzu gut nachvollziehen, was ihre Kundin und deren Familie erleiden musste. Denn „Kurvenschön“ liegt in der Fußgängerzone, nicht weit entfernt vom Bahnhof Hohenlimburg. Auch dort bahnte sich nach dem Starkregen die Flut ihren Weg. „Im Geschäft hatten wir Glück, die Bahnschienen haben viel Wasser aufgehalten“, sagt Linxweiler. „Aber auch wir haben Sandsäcke gestapelt.“
Näherin unterstützt
Als sie von dem Schicksal ihrer Kundin in Euskirchen erfuhr, war schnell klar: Sie soll ein neues Kleid bekommen – und zwar kostenlos. Die hiesige Näherin Silke Hank, die schon das ursprüngliche Kleid angepasst hatte, war direkt mit im Boot. „Ich hätte heulen können, als ich das verschmutzte Kleid sah“, sagt Hank, die ihre Näherei „Stoffträume“ in der ebenfalls von der Flut betroffenen Nahmer hat. „Wir haben so viel Glück gehabt, dass wir verschont geblieben sind. Da wollten wir auf jeden Fall helfen.“
Braut ist sprachlos
Und so entstand ein neues Kleid. Dazu eine Krone, der passende Schleier und ein Strauß, den eine Floristin ebenfalls kostenlos fertigte. Alles für die Braut Jessica Brock, die sich von der Geste der Händlerinnen sehr berührt zeigt. „Da sind Menschen, die mich ein paar Mal gesehen haben und kaum kennen, aber mir so eine Freude machen“, sagt die 29-Jährige. „In solchen Momenten ist man einfach sprachlos.“
Hochzeit kann stattfinden
Weitere Unterstützung erfuhren sie auch von Familie und Freunden, die sich dafür einsetzten, dass in diesem Sommer doch eine Hochzeit stattfindet. „Ohne diese Hilfe hätten wir das nicht stemmen können“, sagt Brock. Die Flutschäden in der eigenen Wohnung sind inzwischen fast beseitigt, der schwer betroffene Bungalow der Oma (rund 800.000 Euro Schaden) befindet sich noch im Rohbau. Mit der Hochzeit im Sommer hat die Familie jedoch einen Hoffnungsschimmer, auf den sich alle freuen.
Zweites Leben für erstes Kleid
Und was passiert mit dem vom Flutwasser beschädigten Kleid? „Der Stoff ist nicht komplett zerstört“, sagt Brock. „Wir wollen aus den gut erhaltenen Stücken ein Kleid für unsere kleine Tochter nähen.“
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„Zwischen Tüll und Tränen“
Das Schicksal von Jessica Brock und ihrem Hochzeitskleid wurde zuletzt auch in der Doku-Soap „Zwischen Tüll und Tränen“ auf dem Fernsehsender Vox erzählt. Die Dreharbeiten fanden im November 2021 in Hohenlimburg statt.
Die kirchliche Hochzeit von Jessica Brock und ihrem Mann Markus ist für diesen Juni angesetzt. Wegen der Pandemie hatte sich der Termin zunächst auf 2021 verzögert – und dann kam die Flut.