Hagen. Untersuchungen könnten Aufschluss bringen, ob tatsächlich Kampfmittel im Boden liegen. Oft bestätigt sich der Verdacht nicht. Die Hintergründe
Auch mehr als 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges werden deutschlandweit beinahe täglich bei Erdarbeiten Kampfmittel aller Art gefunden. Bomben, Granaten, Munition und Munitionsteile, aber auch Waffen und Waffenteile, die durch die Wehrmacht oder die ehemaligen Alliierten im Zuge der Kampfhandlungen hinterlassen wurden.
„Sobald die Stadt Hagen Kenntnis vom tatsächlichen Vorliegen eines Kampfmittels hat, wird dieses mit Unterstützung des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KBD) Westfalen-Lippe unmittelbar beseitigt. Solche Erkenntnisse liegen hier derzeit nicht vor. Der Stadt liegen lediglich Hinweise zu Verdachtspunkten vor. Davon existieren aktuell rund 100 im gesamten Stadtgebiet“, sagt Sprecherin Clara Treude.
In diesen Verdachtsfällen würden erst nähere Untersuchungen Aufschluss darüber bringen, ob es sich tatsächlich um ein Kampfmittel handelt. „Aufgrund der gemachten Erfahrungen bei der Untersuchung von Blindgängerverdachtspunkten in Hagen ist in 90 Prozent der Fälle kein Kampfmittel gefunden worden. Das deutet darauf hin, dass in Hagen nach dem Zweiten Weltkrieg Kampfmittel zwar gut geräumt, die Räumungen aber schlecht bis gar nicht dokumentiert worden sind“, so Treude.
Blindgänger-Verdacht an Tennisanlage
Oft handelt es sich um Zufallsfunde. Wie zuletzt in Hohenlimburg. Mitarbeiter des Ordnungsamtes fanden nach dem Hinweis eines aufmerksamen Bürgers zwei Panzerfäuste sowie mehrere Granaten im Bereich des Königssees. Der Kampfmittelbereitschaftsdienst sprengte den Panzerfaustkopf am 9. November 2021 kontrolliert.
Oder der Fund vor der Eröffnung der Bahnhofshinterfahrung: Dort mussten nach einem Bombenfund 2200 Hagener evakuiert werden. Ein Baggerfahrer hatte eine 250-Kilo-Bombe unbemerkt ausgegraben, sie auf einen Lkw geworfen und in diesem Moment bemerkt, was gerade passiert war. Er informierte die Polizei. Und löste damit einen Großeinsatz nebst Evakuierung mehrerer Viertel aus.
Die Redaktion hatte jetzt bei der Stadt Hagen angefragt, weil es Hinweise auf einen Blindgänger an einer Tennisanlage gab. Die Stadt bestätigt: „Im Rahmen einer Luftbildauswertung ist ein Blindgängerverdachtspunkt ermittelt worden. Ob dort tatsächlich ein Kampfmittel im Erdreich liegt, kann nur durch nähere Untersuchung des Verdachtspunktes durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst Westfalen-Lippe geklärt werden.“
Blindgänger-Verdachtspunkte: Nähere Untersuchung ohne Erdeingriffe nicht erforderlich
Wichtig sei, zu unterscheiden zwischen Blindgängerverdachtspunkt und Blindgänger. „Wie beschrieben, braucht es zunächst nähere Untersuchungen im Zusammenhang mit Verdachtspunkten, um das Vorliegen eines Blindgängers überhaupt bestätigen zu können.“
Solange keine erheblichen Erdeingriffe in dem vorgegebenen Sicherheitsabstand erfolgen, sei eine nähere Untersuchung eines Verdachtspunktes zunächst nicht unmittelbar erforderlich. „Eine jetzige Untersuchung hätte die Zerstörung großer Teile der Anlage zur Folge.“ In Absprache mit dem KBD sei entschieden worden, dass eine Untersuchung zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet, wenn beispielsweise Sanierungsarbeiten oder Umbauarbeiten stattfinden.
Blindgänger in Hagen: Luftbildauswertung über das Ordnungsamt vor Baumaßnahme
„Solche Untersuchungen erfolgen regelmäßig aber erst im Zusammenhang mit Maßnahmen, bei denen konkrete Eingriffe in den Boden geplant sind“, gibt Treude Einblicke. Daher seien auch Bauherren aufgefordert, vor jeder Baumaßnahme eine Luftbildauswertung über das Ordnungsamt durchführen zu lassen. Treude erklärt: „Oftmals ist aufgrund der örtlichen Begebenheiten eine sofortige Untersuchung nicht möglich, da die Stellen beispielsweise nach dem Zweiten Weltkrieg überbaut wurden und komplette Bauwerke abgerissen werden müssten.“
>>> Hintergrund: Suchen und Sammeln von Kampfmitteln steht unter Strafe
Ein wichtiger Hinweis der Stadt Hagen: „Das Suchen und Sammeln von Kampfmitteln steht im Übrigen unter Strafe. Wer ein Kampfmittel vorfindet, sollte die Fundstelle möglichst absichern, Abstand halten und unmittelbar das Ordnungsamt oder die Polizei informieren“, so Clara Treude.
Wer konkrete Auskünfte zu Flächen haben möchte und berechtigt ist, Auskünfte einzuholen, sollte sich mit dem Ordnungsamt unmittelbar in Verbindung setzen.