Breckerfeld. Das Ehepaar Staats aus Schwelm testet an ungewöhnlichem Ort auf Corona: Die Teststation in der Jakobuskirche Breckerfeld ist wohl einmalig.
Sie sind oft dick eingepackt. Kleine Wölkchen steigen bei jedem Atemzug in die Höhe. Ein frischer Wind weht durch St. Jakobus Breckerfeld. Die Kirchentür ist geöffnet, hinten ein Fenster in der Sakristei. Die Luft soll zirkulieren. Maureen Staats hat einen Heizlüfter unter den Tisch gestellt. Sie reibt die Hände aneinander, tippt Daten in den Laptop und lächelt. „Haben Sie einen Termin?“
Termin? Den haben wir. In einer der ungewöhnlichsten Corona-Teststationen der Region. Dem Himmel ist man hier besonders nah. Maureen Staats und ihr Mann Gregory, einst Polizist und nun Inhaber der Sicherheitsfirma Staats und Niggemann in Schwelm, arbeiten im Angesicht des Herrn. In der katholischen Kirche St. Jakobus Breckerfeld.
Test neben Taufbecken und Beichtstuhl
Die ohne Termin nehmen auf den Kirchenbänken Platz. Die mit stehen mit Abstand aufgereiht, wie jene, die sich des sonntags die Heilige Kommunion abholen. Der Herr Jesus, der auf den Bildern schwere Kreuze tragen muss, hängt neben ihnen an der Wand.
Die Teststelle ist im kleinen Querschiff des Kirchenbaus eingerichtet. Ein Tisch mit Plexiglasscheibe zur Anmeldung, die Kabine hinter eigens aufgestellten Messewänden. Die wenigen Kirchenbänke, die hier sonst stehen, sind abgebaut. Wenn der Priester sonntags einzieht, passiert er Beichtstuhl, Taufbecken, Tabernakel – und die Teststation der Familie Staats.
Mehr Besucher als in der Christmette
„So gut besucht war die Kirche lange nicht“, sagt Gregory Staats, lächelt und blickt auf jene, die anstehen und -sitzen. Und: „So oft wie in den letzten Monaten waren auch wir noch nicht in der Kirche.“
Was nichts damit zu tun hat, dass das Ehepaar Staats, beide evangelisch, nicht an den lieben Gott glauben würde. „Aber wir zählen auch nicht zu jenen, die sich jeden Sonntag auf den Weg machen“, sagt Maureen Staats.
Kerzen für einen Corona-Kranken
Nun kommen nicht nur die Gläubigen, die mit Blick auf den Altar die Wartezeit für ein kleines Stoßgebet zum Allmächtigen nutzen könnten. Es kommen alle Breckerfelder – gleich welcher Konfession, gleich welchen Glaubens. Sie kommen, um sich testen zu lassen. Und sie nutzen – wenn man so will – auch die Kirche in ihrem ursprünglichen Sinn. „Eine Familie mit Coronafall ist über Tage häufig gekommen“, erzählt Maureen Staats, „die Kinder sind jedes mal in den Altarraum und haben eine Kerze angezündet.“
Die letzten Coronaschutzverordnungen mit ihren Verschärfungen haben zu einem Aufblühen der Teststationen gesorgt. Dann brauchten jene, die zum Sport wollten und geboostert sind, plötzlich doch keine aktuellen Tests mehr. „Das ist ein Hin-und-Her“, sagt Gregory Staats, „das kriegen wir auch zu spüren. Wir versuchen, unsere Testzeiten flexibel anzupassen.“ Für die nächste Woche kündigen Staats noch einmal eine Ausweitung und Anpassung an.
Schnelltest seit März in Breckerfeld
Im März 2021 hatten die Staats eröffnet. Auch schon im kirchlichen Umfeld. Allerdings bei den Glaubensgeschwistern der anderen Konfession – im Martin-Luther-Haus der evangelischen Gemeinde. Die brauchte dann allerdings ihre Räume selbst. Und so entstand die Idee, im Seitenflügel des katholischen Gotteshauses zu testen. „Das sind schon besondere Räume“, sagt Gregory Staats. „Da hatten wir schon Respekt, haben extra noch mal mit dem Pfarrer gesprochen. Aber im Grunde hat das, was wir hier tun, ja auch mit der Bewahrung von Leben zu tun.“
Staats zählten zu den ersten Anbietern auf dem Coronatest-Markt. Und sie blieben selbst in Breckerfeld, als Anfang Oktober die Corona-Schnelltests plötzlich kostenpflichtig wurden. Sie boten Mengenrabatt, eine Art Flatrate – die Zehnerkarte für 125 Euro. „Die Nachfrage in Breckerfeld war auch damals schon groß“, sagt Staats. „Außer uns gibt es ja vor Ort keinen Anbieter. Also sind wir geblieben.“
Spenden für die gute Sache
Testzentrum Breckerfeld an sieben Tage geöffnet
Das Corona-Testzentrum Breckerfeld in der katholischen Kirche, Wehrgraben 7, hat an sieben Tagen die Woche geöffnet.Montags wird von 8 bis 10 und 17.30 bis 19.30 Uhr getestet, dienstags von 17 bis 19.30 Uhr, mittwochs von 9 bis 11 und 18 bis 20 Uhr, donnerstags von 8 bis 10 und 18 bis 20 Uhr, freitags von 17 bis 20 Uhr, samstags von 11 bis 13 Uhr und sonntags von 12 bis 14 Uhr. Pro Woche werden bis zu 4000 Test abgenommen. Trauriger Rekord: Sechs positive Tests an einem Tag.
Sie blieben, sie testeten und sie taten Gutes. Als sich einst der Donnerstagabend als zusätzliche Testzeit etablierte, versprach Staats, die Hälfte der Einnahmen für gute Zwecke zu spenden. Der Verein Kitzretter profitierte, ebenso die Initiative „Steffi-hilft.org“. Je 1000 Euro flossen – plus die Einnahmen aus Spendendosen, die jene füllten, die sich testen ließen. Aktuell sammeln Staats für einen Verein, der sich in Thailand um Straßenhunde kümmert. „Wir waren selbst vor Ort“, sagt Maureen Staats, „wir wollen von dem Geld, was unsere Gäste spenden, zwei Patenschaften übernehmen.“
Wer Gutes tut, kommt dem Himmel vielleicht noch ein Stück näher. So wie das Ehepaar Staats, das zusammen mit Mitarbeiterinnen wie Marleen Kasprzik, Ehrenamtliche beim DRK und Messdienerin, einen Dienst leistet, der im gewissen Sinne die Schöpfung bewahrt.
Der liebe Gott hat wohl ein Auge auf diese besondere Teststelle – in der katholischen Kirche in Breckerfeld.