Hagen. Die Gesamtschule Eilpe in Hagen ist erste Kooperationsschule des Fußballmuseums in Dortmund. Viele Schüler haben das Museum bereits besucht.
Julius Hirsch war einer von nur zwei jüdischen Fußballspielern, die jemals für die deutsche Nationalmannschaft aufliefen. Von 1911 bis 1913 bestritt er sieben Länderspiele. Mit dem Karlsruher FV und der Spielvereinigung Fürth gewann er zweimal die Deutsche Meisterschaft. Dann kam der Erste Weltkrieg, Hirsch wurde eingezogen und mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet.
Doch obwohl er für Deutschland spielte und für Deutschland kämpfte, wurde er nach Hitlers Machtantritt 1933 entrechtet und ausgegrenzt, zehn Jahre später schließlich in Auschwitz ermordet. „Sein Lebenslauf macht für uns greifbar und konkret, was Antisemitismus und Rassismus für einen einzelnen Menschen bedeuten“, sagt Silvia Bergmann, Geschichtslehrerin an der Gesamtschule Eilpe in Hagen.
Erinnerungsort deutscher Fußballgeschichte
Neben dem Schicksal von Hirsch können die Schüler auf 13 Stellwänden das Leben von zwölf weiteren deutschen Fußballern nachempfinden, denen ihr jüdischer Glaube unter den Nazis zum Verhängnis wurde. Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fußballmuseum aus Dortmund konzipiert, zu dem die Hagener Lehranstalt beste Beziehungen unterhält. „Die Gesamtschule Eilpe ist die erste Kooperationsschule, mit der wir im Rahmen unserer Bildungsoffensive zusammenarbeiten“, sagt ein Sprecher des Fußballmuseums.
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Den Kontakt zu dem Museum des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) knüpfte Geschichtspädagogin Bergmann schon vor der Pandemie, doch die erste Exkursion zum Erinnerungsort deutscher Fußballgeschichte fiel dem Corona-Lockdown im März 2020 zum Opfer. Dennoch vertieften sich die Kontakte zwischen Schule und Museum, inzwischen sind mehrere Klassen aus Eilpe vor Ort gewesen. „Selbst wenn man kein Fußballfan ist, spricht einen die Ausstellung im Museum an“, berichtet Schülerin Magdalena Granek (16). Denn dort würden auch Themen von gesellschaftlicher Relevanz behandelt.
Verlogener Umgang mit der Vergangenheit
Wie die Lebensgeschichten jüdischer Fußballer, deren Karrieren vom Nationalsozialismus jäh zerstört wurden. Gottfried Fuchs war der zweite jüdische Nationalkicker und als solcher am „ewigen Rekord“ des 16:0 über Russland bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm beteiligt. Auch er war Deutscher Meister mit dem Karlsruher FV und erhielt für seine Tapferkeit als Soldat im Krieg hohe Verdienstorden, musste jedoch 1937 vor den Nazis fliehen. Im Gegensatz zu Julius Hirsch gelang es ihm immerhin, sich in Kanada eine neue Existenz aufzubauen.
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Doch – und auch das macht die Ausstellung in der Gesamtschule deutlich – Fuchs wurde nach dem Untergang des Dritten Reichs keineswegs in einer Weise rehabilitiert, wie man sich das vielleicht gewünscht hätte. Obwohl sich der frühere Bundestrainer Sepp Herberger, dessen Jugendidol Fuchs gewesen war, dafür einsetzte, den ins Exil getriebenen Fußballer 1972 ins neue Münchener Olympiastadion einzuladen, lehnte der DFB das ab mit der Begründung, man wolle keinen „Präzedenzfall“ schaffen. „Man wollte sich beim DFB lange Zeit nicht dazu bekennen, wie man mit jüdischen Fußballern umgegangen ist“, sagt Silvia Bergmann. Über die Vergangenheit habe der Verband lieber den Deckmantel des Schweigens gebreitet: „Heute bekennt sich der DFB endlich zu den schwarzen Flecken auf der weißen Weste.“
Und so erfahren die Schüler in der Ausstellung nicht nur, was jüdischen Fußballern unter den Nazis widerfahren war und was Antisemitismus für den Einzelnen bedeutet, sondern sie lernen auch etwas über den verlogenen Umgang mit der Vergangenheit in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik. „Die Ausstellung geht weit über das hinaus, was wir als Lehrer bieten oder ein Geschichtsbuch darstellen kann“, hebt Lehrerin Bergmann hervor.
Karlsruhe aber ehrt seine einstigen Fußballstars heute mit einem Gottfried-Fuchs-Platz und einer Julius-Hirsch-Straße.