Hagen. Ein Weltstar betritt Hagener Boden. Was die Stadt erwartet und was sein Besuch mit dem Osthaus-Museum macht.
Er kommt nicht mit dem Linienflieger. Dafür ist er zum einen zu weltbekannt und zum anderen reduziert er so sein Risiko, dass „Omikron“ seinem Besuch in jener Stadt einen Strich durch die Rechnung macht, die ihn als dritte in Europa und erste in Deutschland mit einer eigenen Ausstellung würdigt. Der Künstler und Schauspieler Sylvester Stallone (75) kommt am Freitag nach Hagen. Zur Verwunderung vieler, die den 1946 als Sohn italienischer Einwanderer in den USA geborenen Mann nie mit einem Hagen-Besuch in Verbindung gebracht hätten.
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Stallone eröffnet im Osthaus-Museum eine Werkschau mit 50 seiner meist großformatigen Ölgemälden. Dabei zeigt sich genau in diesem Besuch die eigentliche und öffentlich weithin unerzählte Persönlichkeit des Künstlers Stallone und die kulturelle und museale Bedeutung der Arbeiterstadt Hagen, in der einst das erste Museum weltweit eröffnet wurde, das zeitgenössische und moderne Kunst präsentierte.
Für die Mitarbeiter des Osthaus-Museums ist es nicht leicht in diesen Tagen. Ein Fan nach dem anderen ruft an. Jeder will Stallones größter Anhänger sein. Sie hätten alle Filme von ihm gesehen, sie hätten seinen Namen und die seiner Kinohelden und Filme auf den Arm tätowiert. Rocky, Rambo, Cliffhanger, Expendables. Die meistgestellte Frage: „Wie können wir ihn treffen?“ Die nüchterne Antwort ist: Gar nicht.
Tayfun Belgin: „Wir werden nicht die Rocky-Fanfare spielen
Dazu muss man sich klar machen, dass die Person Stallone zwar untrennbar mit den Action-Helden verbunden ist, er aber nicht als Action-Held nach Hagen kommt. Und vielleicht noch viel ursprünglicher: Bevor Stallone ein Action-Held war, war er ein Künstler und Maler. Oder mit den Worten von Osthaus-Museumsdirektor Dr. Tayfun Belgin: „Wir werden nicht die Rocky-Fanfare spielen, wenn er das Museum betritt.“
Knapp 80 Presseteams haben sich laut Belgin für den Medienrundgang am Freitagvormittag angemeldet. Das sprengt nicht nur alle Rekorde bei Hagener Pressekonferenzen, sondern ist auch im deutschen Kunstzirkus eine beeindruckende Zahl. Es ist erst die dritte Museumsausstellung von Sylvester Stallone in Europa und die erste überhaupt in Deutschland.
Gute Kontakte genutzt
Kunstausstellungen entstehen über internationale Netzwerke zwischen Museumsdirektoren und Galeristen. Sylvester Stallone wird durch die Zürcher Galerie Gmurzynska vertreten. Als das Russische Museum St. Petersburg im Jahr 2013 Bilder von Stallone erstmals in Europa in einem Museum ausstellte, begegnete der Hagener Museumsdirektor Belgin dem Miteigentümer der Galerie. „Da ich mit dem Museum in St. Petersburg schon seit längerem zusammenarbeite, ergab sich der Kontakt zur Galerie und ich konnte diese Ausstellung sehen“, schildert Belgin die Hintergründe, wie er Stallone nach Hagen geholt hat. Damals keimte die Idee: Das wäre doch etwas für Hagen.
Die Idee hatte noch keiner
„Die Idee, Stallone zu zeigen, hatte bisher keiner, nicht Düsseldorf, nicht Köln“, reflektiert der Museumsdirektor nicht ohne Stolz das riesige Echo, das seine Ausstellung hervorruft. Eine Besucherprognose mag Belgin dennoch nicht wagen. „Vor Corona hätte ich gesagt, dass 25.000 Gäste kommen, aber heute kann ich wegen der unberechenbaren Pandemie-Lage keine Einschätzungen abgeben.“
Stadtredaktion beleuchtet Punkte, an denen Stallone sich aufhält
Am Freitagabend wird Sylvester Stallone zur Eröffnung der Ausstellung zum zweiten Mal nach dem morgendlichen Presserundgang im Museum sein. In welchem Hotel der weltberühmte Maler, Schriftsteller, Schauspieler, Regisseur und Produzent nächtigt, wo er speist, wen er trifft, all das sind Themen, die aktuell einem strengen Sicherheitsprotokoll unterliegen. Aller Voraussicht nach wird Stallone zweimal in Hagen übernachten. Unklar ist noch, wer neben seinen PR-Leuten zum Reisetross gehören wird. Im Nachgang des Besuchs wird die Hagener Stadtredaktion jene Punkte beleuchten, wo Stallone die Zeit verbrachte und welchen Menschen er dort begegnete. Im Zentrum seines Besuches steht auch ein öffentliches Gespräch mit Museumsdirektor Tayfun Belgin, bei dem die Redaktion zuhören wird.
Kommt er wirklich? Oder wird das Coronavirus in letzter Minute doch den glanzvollen, sorgfältig geplanten Besuch verhindern? Das Museum zeigte sich gestern zuversichtlich. Herr Stallone wolle unbedingt persönlich anwesend sein.
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Stallones berühmteste Filmfigur „Rocky“ entstand übrigens lange vor dem Film-Script zuerst auf der Leinwand und ist als „Finding Rocky“ von 1975 in der Ausstellung zu sehen. Derzeit prägen die Klimakisten aus Holz das Bild im Osthaus-Museum, in denen die Bilder geschützt angereist sind. Das Hagener Haus zeigt mit 50 Gemälden bewusst nur eine Auswahl von Stallones großformatigen und häufig farbintensiven Arbeiten. Darunter sind eine Reihe von frühen Werken, die bisher noch nie öffentlich zu sehen waren.
Ein bedeutender Kunstsammler
Sylvester Stallone ist nicht nur Maler, er ist auch ein bedeutender Kunstsammler und schätzt neben Francis Bacon unter anderem zeitgenössische deutsche Künstler wie Gerhard Richter und Anselm Kiefer. Für die Besucher dürften unter anderem seine Selbstporträts interessant sein.
1902 öffnete in Hagen das Folkwang Museum seine Pforten als weltweit erstes Museum für zeitgenössische Kunst. Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus machte es möglich. Dr. Tayfun Belgin: „Das Osthaus Museum existiert, um anhand seiner ganz besonderen Geschichte sowie seiner heutigen Ausstellungspraxis zu zeigen, dass leidenschaftliches Engagement für Kunst und Kultur Freude bereitet, Lebensqualität erzeugt und Menschen zusammenbringt.“
Im besten Sinne bleibt es mit dem Stallone-Besuch bei diesem Credo. Reporter unserer Zeitung werden Stallone bei seinem Besuch im Osthaus-Museum begleiten. In dieser Zeitung, aber auch am Freitag schon auf www.wp.de/hagen wird man viele Eindrücke und auch Videos davon sehen können.