Wehringhausen. Marius Schmahl, Architekt und Künstler, begeistert als „Pottpinsel“ mit seinen Zeichnungen Menschen in der Region. Wir haben ihn begleitet.

Hier auf der Treppe an der Borsigstraße vergisst Marius Schmahl den Alltagsstress um sich herum. Zumindest für 45 Minuten. Die Autos rauschen vorbei, ein Mann, der sagt, dass er selbst Künstler ist, schaut ihm interessiert über die Schulter, als der Pinsel mit blauer Farbe über den Skizzen block streicht. Mit der Farbe haucht Marius Schmahl seiner Skizze von einer zunächst unscheinbaren Häuser-Ecke in Wehringhausen Leben ein. Er mischt sie mit einem kleinen Pinsel in einem Aquarell-Kasten, den er immer in seinem Rucksack bei sich trägt.

Ja, zwischen all den Millionen von Bildern, die Menschen in den sozialen Netzwerken teilen, stechen seine Bilder durchaus heraus. Sind etwas besonderes. Ein Blickfang. Ebenso wie die Gebäude, die er zeichnet. „Erst wenn man sie malt, erkennt man die ungewöhnlichen Details, die beim Vorbeigehen in der heute schnelllebigen Welt häufig verborgen bleiben“, sagt der 33-Jährige.

Wie hier die historischen Bleiverglasungen an den Fenstern der Eckkneipe „Sticht“. Marius Schmahl ist in Wehringhausen aufgewachsen, fühlt sich der Heimat – und vor allem seinem Stadtteil – verbunden. Unter dem Künstlernamen „Pottpinsel“ hat er sich aber auch über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen gemacht.

Den Aquarell-Kasten hat Marius Schmahl immer dabei,
Den Aquarell-Kasten hat Marius Schmahl immer dabei, © WP | Michael Kleinrensing

Frei Hand auf den Skizzenblock

„Zeichnen war immer mein Hobby. Meine Noten in Kunst damals waren immer schon ganz gut“, sagt Marius Schmahl, der als Architekt für die Hagener Entwicklungsgesellschaft (HEG) in Hagen arbeitet, und grinst. Er fand als Architekt einen Job in der Heimat. Und zeichnete weiter, „als Architekt gehört das irgendwie dazu“. Nach der Arbeit, in der Freizeit, im Urlaub. Vor allem Häuser in Wehringhausen. Und viele markante Gebäude aus dem Pott. „Ich male das alles frei Hand“, sagt der Hagener. Ohne wegzuradieren. Um aus Fehlern zu lernen. Oder noch einmal von vorne anzufangen, wenn etwas daneben geht. „Wichtig ist, dass die Maßstäbe stimmen und man ein Gefühl für die Proportionen und Farben hat“, gibt der Künstler Einblicke in seine Arbeit.

Viele seiner Hagener Zeichnungen sind in Wehringhausen entstanden. „Für mich ist das hier der authentischste Stadtteil“, sagt Schmahl überzeugt. Wegen der Menschen, die hier leben. Wegen der historischen, markanten Fassaden. Den Geschäften. Den Nationalitäten. Der besonderen Atmosphäre, die es aus seiner Sicht so in keinem anderen Stadtteil gibt. „Und ich finde es gut, dass die Stadt versucht, hier etwas zu verändern“, spielt er unter anderem auf die Sanierung des Wilhelmsplatzes oder den Kauf und die Sanierung von Problemimmobilien an, die von der HEG vorangetrieben werden.

Ausstellung im Café „Gegenüber“

Marius Schmahl tunkt seinen Pinsel in ein kleines Wasserglas, das er aus seinem Rucksack hervorzaubert. „Ich zeichne alles grob mit Tinte vor, dann verwende ich Aquarellfarben“, erklärt der 33-Jährige, der vor allem zwar Architektur auf den Skizzenblock bringt, in der Freizeit aber auch gerne Möbel, Pflanzen oder Familienbilder zeichnet. „Dass meine Arbeit so gut ankommt, habe ich zwar gehofft, aber nicht damit gerechnet“, sagt er und lacht. Aktuell werden einige seiner Werke im neuen Café und Bistro „Gegenüber“ in der Lange Straße ausgestellt. Es ist auch eine Ausstellung in Herne geplant. „Ich nehme es, wie es kommt, wenn jemand meine Zeichnungen ausstellen möchte, freut mich das natürlich. Vor allem aber schätze ich die tolle Vernetzung durch mein Hobby. Und den Austausch mit anderen Künstlern“, sagt Schmahl.

Die Kneipe „Sticht“ in Wehringhausen - gezeichnet hat sie Marius Schmahl.
Die Kneipe „Sticht“ in Wehringhausen - gezeichnet hat sie Marius Schmahl. © Pottpinsel | Marius Schmahl

Wenn er Ecken, oder Gebäude aus anderen Städten zeichnet, orientiert er sich teilweise auch an Fotografien. „Ich fahre nicht jedes Mal hin und setze mich dann dort auf die Straße, das würde ich auch zeitlich gar nicht schaffen“, erklärt der Hagener, während seine Skizze von der Gaststätte „Sticht“ Linie um Linie weiter an Gestalt annimmt, die Konturen klarer werden, selbst die kleinsten Details sich auf dem Papier in Farbe wiederfinden.

Ganze Ordner voll mit Skizzen

Zuhause wird der 33-Jährige die fertige Skizze dann noch einscannen, freistellen, digitalisieren. „Ich habe ganze Ordner von Skizzen voll zuhause“, sagt Schmahl und lacht. Einige hat er schon verkauft, andere wiederum zieren Postkarten, und wieder andere hat er auf Anfrage gemalt und nie veröffentlicht.

Und irgendwann wird Marius Schmahl wieder an einer anderen Ecke in Wehringhausen oder in der Stadt sitzen. Mit seinem Skizzenblock, seinem Pinsel und dem kleinen Aquarellkasten. Und er wird ein anderes Haus zeichnen. „Irgendwo in der Stadt zu sitzen, zu zeichnen – dadurch kriege ich einfach den Kopf frei.“

Marius Schmahl ist unter „pottpinsel“ auf Instagram zu finden.

Ein Schnuckerlädchen in Hagen.
Ein Schnuckerlädchen in Hagen. © Pottpinsel | Marius Schmahl