Breckerfeld. Hexen, Ritter und Gaukler an der Epscheider Mühle in Breckerfeld: 48 Schauspieler reisen bei einem Rollenspiel zurück ins Mittelalter.

Wer ich wohl gewesen wäre vor 1000 Jahren? An Reportern herrschte Mangel im tiefen Mittelalter. Also wohl ein Minnesänger. Einer, der durch die Gegend zieht und die neuesten Nachrichten vom Hofe verkündet. Ein Klatschreporter also. Wobei da noch dieses Problem mit dem Gesang bliebe. Treffe keinen Ton. Hätte die Marktplätze in Sekundenschnelle leergesungen. Liefe Gefahr, auf einem Scheiterhaufen zu landen. Gar nicht auszudenken.

Zeitreise in Breckerfeld: Gewand übergeschmissen, Ledergürtel um den Leib gezogen, langes Schwert dahinter geklemmt. Wäre da nicht dieses unpassende Schuhwerk (weiße Turnschuhe), würde ich hier an der Epscheider Mühle nicht auffallen. „Hi“, sage ich kurz, als mir eine Handvoll edler Herren begegnet. „Seid gegrüßt“ wäre die bessere Floskel gewesen.

Ein Rollenspiel rund um eine Mühle

Also mitten hinein in eine Rollenspiel, das sich rund um eine Mühle dreht, die der Adelige Herr von Auweiler erworben hat. Seine Untergebenen sind nun angerückt, um das Gehöft am Epscheider Bach zu einem Wirtschaftsposten zu machen. Womit sie nicht gerechnet haben: Das einfache Volk hat das über Jahre hinweg leerstehende Gebäude besiedelt. Dazu kommt: Eine geradezu dämonische Kraft hat sich über das gesamte Tal gelegt. Über die Mühle, über das freie Feld dahinter, auf dem die Zelte stehen, über den Friedhof dahinter, über die Wälder drumherum.

Mittelalter Fans spielen im Epscheider Tal in Breckerfeld ein Rollenspiel: Für Thea und Merle ist es das erste Mal, dass sie abtauchen in die Welt des Mittelalters.
Mittelalter Fans spielen im Epscheider Tal in Breckerfeld ein Rollenspiel: Für Thea und Merle ist es das erste Mal, dass sie abtauchen in die Welt des Mittelalters. © WP | Jens Stubbe

Breckerfeld: Epscheider Mühle rund 200 Jahre alt

Die Epscheider Mühle unterhalb des Dörfchens Epscheid in einem Tal gelegen ist rund 200 Jahre alt.

Das Ensemble in Breckerfeld besteht aus einem Müllershaus, einem Gesindehaus und aus der Alten Mühle nebst Wintergarten.

Seit Ende der 90er Jahre ist dort ein Gästehaus untergebracht, das vom Verein „Epscheider Mühle e.V. - Zentrum zur Förderung der Jugend und Erwachsenenbildung“ betrieben wird.

Das ist das grobe Szenario, das sich Fabian Wecker und Max Hoffmann überlegt haben. Sie gehören zum engen Organisationsteam des Rollenspiels. LARP (Live Action Roleplay) heißt das, was hier 48 Beteiligte über Tage machen. Sie schlüpfen tief in verschiedene Charaktere, gehen in ihren Rollen auf, reisen ins Mittelalter. Und zwar so weit, dass ein Reporter ohne Kostümierung eher wie ein Fremdkörper wahrgenommen wird.

Aus dem Kerker zum Krieger

Torben Trifft heißt der Schmied, der im Lager auf der Wiese hinter der Mühle gerade versucht, das Feuer zu entfachen. „Ich bin mit meiner Frau, unseren beiden Kindern und unserem Haushuhn hier“, sagt jener Mann, der ein Messer für eine Hobbit-Frau, Lampenständer und eine Gürtelschnalle hergestellt hat, „wir sind eine Handwerkerfamilie auf der Durchreise.“

Hinter der Epscheider Mühle haben einige Teilnehmer ihre mittelalterlichen Zelte aufgeschlagen.
Hinter der Epscheider Mühle haben einige Teilnehmer ihre mittelalterlichen Zelte aufgeschlagen. © WP | Jens Stubbe

Für Merle Hintze und Thea Karbowski ist es das erste Rollenspiel. „Es ist einfach schön, die Geschichten der anderen zu hören“, sagt Merle, die auf sechs DIN-A-4-Seiten die Geschichte ihrer Rolle festgeschrieben hat. „Ich komme aus einem Dorf im Bergischen. Ein Unwetter hat dort zu einer Missernte geführt. Ich musste stehlen, um zu überleben, habe im Kerker gesessen. Nun hat mich der König hierher geschickt, damit ich zu einem Krieger ausgebildet werde.“

Geschützter Rahmen für Jugendliche

Es geht aber um mehr als darum, in eine Rolle einzutauchen. „Gerade für Jugendliche bieten wir einen abgeschotteten und geschützten Rahmen“, sagt Max Hoffmann. „Das hat etwas mit der Identitätsbildung zu tun, die viele gerade beschäftigt. Wer bin ich? Wer kann ich sein? Das sind Fragen, die junge Menschen auch im wirklichen Leben beschäftigen.“

Fabian Wecker, Organisator des Rollenspiels, versucht, ein Feuer zu entfachen.
Fabian Wecker, Organisator des Rollenspiels, versucht, ein Feuer zu entfachen. © WP | Jens Stubbe

Wer ich wohl gewesen wäre im Mittelalter? Offenbar der Dorftrottel. Falle auf eine junge Händlerin mit süßen Kulleraugen herein, die mir für eine Kupfermünze selbst gebastelte Steine verspricht. Zahle brav. Erhalte aber keine Ware. Als ich zu einer Beschwerde ansetze, gebietet man mir Einhalt. Es handele sich in Wahrheit um eine junge Prinzessin. Und mit der könne ich nicht so umspringen.

Reporter zahlt Lehrgeld

Ich hätte sie an der selbst gebastelten Pappkrone erkennen können. Schweige demütig. Habe Lehrgeld bezahlt. Werde mich doch besser dem Minnegesang widmen. Irgendwann in der Vergangenheit zumindest. Ziehe das Gewand aus. Gebe das Schwert wieder ab.