Hagen. Während die Holzpreise auf den Baustellen permanent steigen, wird das meiste Schadholz verschifft. Dabei sind die Stämme besser als ihr Ruf.
Entlang der Wanderwege im heimischen Forst türmen sich die Stämme der abgestorbenen Fichten. Die meisten Hölzer – gleich auf Maß zurechtgesägt – wandern in großen Überseecontainern aus Hagen vorzugsweise in den asiatischen Raum, aber auch nach Nordamerika.
Parallel dazu steigen die Preise für Bauholz auf dem deutschen Markt in ungeahnte Höhen, der Materialmangel auf den heimischen Baustellen ist längst ein Dauerthema. Die Preise für Vollkonstruktionsholz haben sich im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht, für Dachlatten gar vervierfacht.
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„Die Sägewerke in der Region sind voll bis unters Dach, aber das Handwerk steht oft mit leeren Händen da“, kann auch Martin Holl, Leiter des Fachbereichs Forst beim städtischen Wirtschaftsbetrieb (WBH), diese Entwicklung kaum nachvollziehen und würde sich ein steuerndes Eingreifen der Politik wünschen.
Holzeinschlag wächst rasant
Denn auch in den nächsten Monaten wird sich an dem Phänomen kaum etwas ändern, dass die heimische Forstwirtschaft nicht weiß, wohin die vom Borkenkäfer getöteten Fichtenbestände halbwegs wirtschaftlich vermarktet werden können.
Nachdem der Orkan „Kyrill“ im Januar 2007 den Hagener Wald 55.000 Festmeter Schadholz gekostet hatte, war im Anschluss der Jahreseinschlag mit 3000 Festmetern auf einen Bruchteil gesunken. Bis zum Jahr 2018 hatte sich die Quote wieder auf 5800 Festmeter erhöht, 2020 lag sie aufgrund des Vormarschs des Borkenkäfers bereits bei 9500 Festmetern und in diesem Jahr wird sogar die 10.000er-Marke gerissen.
„Das ist der höchste Wert seit Kyrill“, geht Holl davon aus, dass damit der Zenit des Einschlags zumindest in Hagen überschritten sei. Entsprechend kämen auf die Sägewerke in der Region perspektivisch sicherlich erst einmal dürrere Jahre zu, weil die Waldwirtschaft in den nächsten Jahr allerorten vorzugsweise mit der Wiederaufforstung beschäftigt sei.
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„Wenn frisches Käferholz sofort getrocknet wird, dann ist es auch als Bauholz noch verwertbar“, stellt Holl die aktuellen Zertifizierungsrichtlinien in Frage. Die Fichtenstämme seien letztlich für Paletten viel zu schade. Grundsätzlich hat das Schadholz ein Image-Problem, weil es oft schlichtweg anders aussieht als Frischholz und ihm daher ein Qualitätsmakel anhaftet.
Einschlag hat sich verfünffacht
Die Menge des aufgrund von Waldschäden eingeschlagenen Holzes, so die jüngsten Daten des statistischen Bundesamtes, ist bundesweit besonders deutlich gestiegen: Der bereits sehr hohe Vorjahreswert von 46,2 Millionen Kubikmetern Schadholz stieg im Jahr 2020 um 30,0 Prozent auf 60,1 Millionen Kubikmeter.
Damit hat sich der Schadholzeinschlag seit dem Jahr 2017 fast verfünffacht (2017: 12,3 Millionen Kubikmeter).
Sowohl die Menge des Schadholzeinschlags als auch sein Anteil am Gesamtholzeinschlag in Höhe von fast drei Vierteln (74,8 Prozent) waren noch nie so hoch wie im Jahr 2020. Schäden durch Insekten (Borkenkäfer) waren 2020 für den Einschlag von 43,3 Millionen Kubikmetern und damit 72,0 Prozent des Schadholzeinschlages verantwortlich, weitere 16,9 Prozent entstanden durch Wind- und Sturmschäden.
Der Schadholzeinschlag durch Insekten überstieg damit bundesweit deutlich die Mengen der bisherigen Rekordjahre 2018 mit 11,3 Millionen Kubikmetern und 2019 mit 31,7 Millionen Kubikmetern.
Im Vergleich zu 2017 hat sich die Menge sogar mehr als versiebenfacht: So lag der jährlich durch Insekten verursachte Schadholzeinschlag in den Jahren 2010 bis 2017, so die Statistiker, lediglich zwischen 0,9 und 6,0 Millionen Kubikmetern.
Natürlich gilt, dass ein Baum abstirbt und dünn wird, wenn er vom Borkenkäfer befallen wird. Wird er rechtzeitig gefällt, lässt er sich noch leidlich vermarkten.
Qualität bleibt hoch
Sobald sich jedoch ein Pilz in einem toten Baum ansiedelt, droht das Holz sich bläulich zu verfärben. Diese Bläue ist zwar technisch unproblematisch, wird allerdings von Architekten und Bauherren nicht gerne gesehen. Natürlich erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass der Kunde blaues Holz in einem Möbelstück vielleicht nicht ganz so prickelnd empfindet.
Doch für einen Dachstuhl oder andere verdeckte Konstruktionen eignen sich diese Stämme durchaus, sind weite Teile der Forstbranche überzeugt, dass viele der aktuellen Materialengpässe durchaus hausgemacht seien.